800 Jahre Minderbrüder in Österreich

18. März 2024 | von

Seit 1224 wirken die Brüder des hl. Franziskus ununterbrochen in Wien. Wir schauen nach Österreich!

Einen echten Höhepunkt konnten die Franziskaner-Minoriten in Österreich gleich zu Beginn des Jahres feiern: Zunächst versammelten sich die Brüder vom 7.-12. Januar im Konvent Wien zur Feier des Kustodiekapitels. In Anwesenheit von Generalminister Br. Carlos A. Trovarelli, Generalassistent Br. Igor Salmicˇ und Provinzialminister Br. Andreas Murk nahmen die knapp 25 Kapitulare aus Österreich und der Schweiz, die zusammen die Provinzkustodie bilden, eine Auswertung der vergangenen vier Jahre vor. Eine wesentliche Rolle spielten dabei drei Visitationsberichte, die von General- und Provinzleitung sowie vom scheidenden Kustos Br. Dariusz Zaja˛c vorgelegt wurden. Die Brüder nahmen sich reichlich Zeit, die angesprochenen Themen zu diskutieren – und dabei schon erste Weichen für die Zukunft zu stellen. Bereits im 1. Wahlgang (wir berichteten auf der Pinnwand in der Februar-Ausgabe) wurde Br. Bernhard Lang, ein gebürtiger Wiener, zum neuen Kustos gewählt. Ende Februar, aber nach Redaktionsschluss der März-Ausgabe des Sendboten, wird nun in Wien der 2. Teil des Kustodiekapitels gefeiert. Dann stehen Sachentscheidungen zur Abstimmung. Außerdem werden die Hausoberen gewählt.

Dank des Kardinals

Vom Kapitel ging es nahtlos in eine große Jubiläumsfeier über. Am Samstag, 13. Januar, konnten die Brüder in ihrer Kirche in der Alserstraße den Wiener Kardinal Christoph Schönborn begrüßen. Er zeigte sich erfreut, mit den Brüdern auf ihre 800 Jahre Präsenz in Wien zurückblicken zu dürfen – und musste mit einem Augenzwinkern gestehen, dass seine Gemeinschaft, die Dominikaner, erst ein paar Jahre später in die Stadt kamen. Aber auch sie wurden wie die Minoriten von Herzog Leopold VI. nach Wien gerufen. Letztere bauten ab 1224 ihr Kloster bei der Wiener Hofburg samt der späteren Minoritenkirche. Die Religionspolitik Josephs II. führte zum Verlust dieses Standorts und zur Übersiedlung an die Alserkirche, wo sich der Orden nach wie vor befindet und in der Pfarrarbeit, sowie der Seelsorge für die italienische Gemeinde, tätig ist.

In seiner Predigt ging Kardinal Schönborn auf die bewegte Geschichte der Gemeinschaft in Wien ein und betonte seine Dankbarkeit für das Wirken der Minderen Brüder: „Als Erzbischof von Wien sind für mich die Ordensleute ein wichtiger Partner. 45 Prozent der Pfarren der Erzdiözese werden von Ordenspriestern geleitet. Gemeinsam führen wir die Seelsorge im Gebiet unserer Diözese fort. Danke dafür.“ Und er ermutigte die Brüder sowie die anwesenden Gläubigen, bei allem momentan Schweren in der Kirche nicht nur die Defizite zu sehen, sondern eben auch das Gute, das gewirkt wird – und das den Menschen letztlich von Gott geschenkt sei.

Beim anschließenden Empfang im Kreuzgang des Klosters, den viele zum Gespräch mit den Brüdern und dem Kardinal nutzten, konnten zwei Sonderbriefmarken erworben werden. Der Philatelistenverein St. Gabriel hatte diese anlässlich des großen Jubiläums herausgegeben.

Grußwort von Provinzialminister Br. Andreas Murk

Lieber Herr Kardinal, liebe Fest- und Ehrengäste,

liebe Mitbrüder,

liebe Schwestern und Brüder!

 

Wenn man mit der Gegenwart nicht zurechtkommt und auch keine rechte Zukunft sieht, dann feiert man Jubiläen. – Die franziskanische Familie feiert in diesen Jahren viele 800. Jahrestage. Heute blicken wir auf „800 Jahre Minderbrüder in Österreich“.

Als Provinzialminister freue ich mich, dass ihr für diesen Anlass einen so festlichen Rahmen gewählt habt – und so viele gekommen sind, die ich auch im Namen unseres Generalministers Br. Carlos Trovarelli herzlich grüßen darf.

Dass der etwas bösartige Einstiegsspruch für eure Kustodie nicht zutrifft, habt ihr, liebe Brüder, in der letzten Woche bewiesen: Wir haben unser Kustodiekapitel gefeiert. Ihr habt euch offen und ehrlich den letzten vier Jahren und eurer Gegenwart gestellt, ihr seid miteinander in einen guten Dialog getreten, wir haben um die Hilfe des Geistes gebetet – und uns für die nächsten vier Jahre neu aufgestellt. Die Zukunft kann kommen!

Blickt man auf die Geschichte unseres Ordens in Österreich, haben wir im Lauf der Jahrhunderte wohl mindestens 200 solche Kapitel gefeiert, vermutlich deutlich mehr. Momente, in denen wir unser Leben überprüfen und neu an Gott ausrichten.

„Ich habe das Meine getan, was euer ist, möge euch Christus lehren!“ Mit diesen Worten hat der sterbende Franziskus vor bald 800 Jahren seine Brüder in eine selbstverantwortete offene Zukunft entlassen.

Unsere Brüder in Österreich haben sich dieser Verantwortung immer wieder gestellt, in den Höhen und Tiefen des Lebens. Darauf dürfen wir dankbar zurückblicken – und darauf gründet auch unsere Zukunft: Denn wir partizipieren an dieser reichen Erfahrung unserer Gemeinschaft. Wir sind mehr als nur der Moment.

Die Zukunft erscheint uns heute offener und zugleich unsicherer als möglicherweise in früheren Jahrzehnten. Kirche und Gesellschaft sind von Erfahrungen rasanten Wandels geprägt. Auch wir Minoriten blicken so manches Mal sorgenvoll in die Zukunft.

Im sog. Kleinen Testament von Siena lässt Franziskus aufschreiben: „Schreibe, dass ich alle meine Brüder segne, die im Orden sind und die kommen werden bis zum Ende der Welt.“

Liebe Brüder, aus der Feier unserer Geschichte wünsche ich euch nicht nur die tiefe Gewissheit, dass Gott alle unsere Wege mitgeht, sondern auch die Zuversicht, dass unsere franziskanische Geschichte noch längst nicht am Ende ist. Ganz im Gegenteil. Wir sind die Autoren dieser Geschichte heute und morgen. Von Herzen wünsche euch den Mut, diese Geschichte weiterzuschreiben – engagiert und kreativ, für die Menschen dieser Welt und in Einheit mit der Kirche. Möge Gott auf die Fürsprache unseres Ordensgründers Franziskus euch dafür immer wieder ermutigen und segnen!

Zuletzt aktualisiert: 19. März 2024
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