Alles steht und fällt mit den Frauen

01. Januar 1900 | von

Das am stärksten benachteiligte Volk der Welt lebt nicht in einem begrenzten Land und spricht nicht die gleiche Sprache. Es ist das Volk der Frauen und Kinder in den ärmsten Ländern der Welt.

Frauen unerwünscht. Schätzungen der Vereinten Nationen lassen ein beunruhigendes Bild entstehen: 70 Prozent der Armen und zwei Drittel der Analphabeten weltweit sind Frauen. Es gibt noch andere, erschreckende Zahlen, die an das Wort Genozid denken lassen.
Nach Schätzungen des indischen Ökonoms Amartya Sen, der 1998 den Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften erhielt, sind 100 Millionen Frauen in Indien und Afrika einfach nicht-existent. Es sind Frauen, die zwar in den Statistiken erscheinen, die es aber realiter nicht gibt. Sie starben vermutlich eines vorzeitigen Todes oder wurden ganz einfach abgetrieben, nur weil sie weiblichen Geschlechts waren. In weiten Regionen der Welt ist man verflucht, wenn man in sie als Frau hineingeboren wird.
Auf den Schultern der Frauen ruht viel: sie kümmern sich um Unterhalt und Pflege ihrer Kinder, der Kranken und Alten. Eine Frau ohne Geld und Ausbildung wird nie das Wissen und die geeigneten Mittel haben, ihre Kinder richtig zu erziehen, Krankheiten zu begegnen, eine gerecht bezahlte Arbeit zu finden...
Ausgrenzung und Armut sorgen dafür, dass die absurde Diskriminierung der Frau fortgesetzt wird und damit die Unterentwicklung großer Gebiete der Welt.
Dieses Wissen hat die Caritas Antoniana dazu bewogen, die diesjährigen Projekte zum Antoniusfest der Förderung der Frau zu widmen. Das Jubiläumsjahr 2000 lädt uns ein, Würde und Rechte des Menschen wiederherzustellen. Die Frau und das Mädchen können zum Dreh- und Angelpunkt für die Entwicklung der Menschenwürde werden, wenn sie ihre schwache Stellung und die Ausgrenzung, die sie in vielen Gesellschaften erdulden müssen, überwinden.

Diskriminierung in Indien. Allein in Madras (Chennai) gibt es rund 75.000 Straßenkinder. 55,7 Prozent davon sind Mädchen oder weibliche Jugendliche. Traditionell sind Mädchen in Indien weniger wert, deshalb ist es unwichtig, sich um Mädchen zu kümmern und sie zur Schule zu schicken. Selbst Zärtlichkeiten, die man Mädchen entgegenbringt, gelten als Verschwendung. An deren Stelle treten Gewalt und sexueller Missbrauch in Familien, gefördert durch den weit verbreiteten Alkoholismus.
Viele Mädchen sind als Dienstmädchen oder in der Fertigung angestellt, sie arbeiten in Werkstätten und in Fabriken, in denen Plastik oder elektronische Komponenten hergestellt werden. Oft sind sie Analphabeten und haben keine Perspektive. Sie wachsen auf ohne Selbstbewusstsein, immer mit dem Gefühl der Geringschätzung konfrontiert.

Wenn sie von zu Hause entkommen oder von der Familie ausgesetzt werden, sind sie der Diskriminierung noch stärker ausgeliefert: sie gehören zu den Mädchen, die am häufigsten Opfer von sexuellem Missbrauch werden.
Sie kommen in die Stadt, den Traum von einem besseren Leben im Gepäck. In ihrer Unerfahrenheit vertrauen sie sich oft dem Nächstbesten an, der ihnen Aufmerksamkeit entgegenbringt – eine Vertrauensseligkeit, die oft in Vergewaltigung und Prostitution endet.

Projekt Marialaya.Die Vereinigung Marialaya der Salesianerinnen, mit der die Caritas Antoniana zusammenarbeitet, kümmert sich seit 1990 um diese Mädchen. Es ist die einzige Institution der Stadt, die sich dieser Aufgabe stellt.
Die Organisationsstruktur ist sehr einfach, aber effektiv: die Ordensschwestern und ehrenamtlich arbeitende Frauen sind an 48 strategischen Punkten der Stadt, den so genannten Kontaktzentren präsent. Die Freiwilligen nehmen den ersten Kontakt mit den Mädchen auf.

Sie geben vor Ort informelle erste Lektionen über Hygiene und Selbstachtung, klären über Rechte auf, vermitteln Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben und führen in verschiedene Handwerke ein.
Sie bieten unter anderem medizinische Versorgung und entspannende Freizeitaktivitäten an. Später, wenn das Eis gebrochen ist, sprechen die Mitarbeiterinnen über die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen oder einen Beruf zu erlernen. Mehr als 2000 Mädchen und Jugendliche wenden sich regelmäßig an diese Kontaktzentren. Mädchen, die Schutz suchen, bekommen ihn in einem offenen Heim, das von der Organisation unterhalten wird.

Klima der Liebe. Hier können sie ohne Gegenverpflichtung eintreten, haben wenigstens einen sicheren Rückzugsort und erhalten ein Minimum an Bildung. Die Schwestern verstehen es, ein Klima der Liebe und des Verständnisses zu schaffen, wie ich es nie zuvor an anderen Orten erlebt habe, versichert Pater Luciano Massarotto, Sekretär der Caritas Antoniana. Keines der Mädchen wird verurteilt oder abgewiesen. Diese Schwestern sind indische Frauen unter indischen Frauen und sind bereit, die Last der Ausgrenzung, der Strapazen und des Leides zusammen mit den anderen zu tragen. In dem Haus können 50 bis 75 Mädchen aufgenommen werden. In den vergangenen vier Jahren haben 500 Inderinnen dieses Angebot wahrgenommen.
Die Schwestern planen, ihre Aktivitäten auszuweiten – Zehntausende Mädchen sind schutzbedürftig - und bitten die Caritas um Unterstützung. Sie wollen ein zweites Heim bauen und ein Berufbildungszentrum mit Werkstätten einrichten, um ihnen eine praktische Ausbildung und ein anständiges Gehalt für die Dauer der Lehre zahlen zu können. Das Grundstück haben die Schwestern bereits erworben. Die Finanzierung des Gesamtprojektes, es soll rund 400.000 Mark kosten, übernimmt die Caritas.

Leid in Osttimor. Die Scheinwerfer der Welt sind auf Osttimor nach dem Bürgerkrieg gerichtet. Die Bilanz des Grauens mit Toten, Verstümmelten, Plünderungen verhindert, dass die Wunden heilen. Eine besondere Beziehung der Solidarität entwickelte sich 1995 zwischen den Brüdern des Messaggero und Osttimor. Damals brachten die Franziskaner-Minoriten den Gläubigen der ehemaligen portugiesischen Kolonie eine Reliquie des heiligen Antonius. Unsere Ordensbrüder waren tief erschüttert, als sie mit dem Leid der Bevölkerung konfrontiert wurden, von Verfolgung und stillschweigend tolerierten Kämpfen erfahren mussten.
Ein kurzer Rückblick. Nachdem sich die Timoresen am 30. August 1999 in einem Referendum für die Unabhängigkeit von Indonesien ausgesprochen hatten, reagierten die indonesischen Milizen mit brutaler Gewalt – Tausende Tote (darunter sechs Ordensleute) und 350.000 Flüchtlinge bei einer Gesamtbevölkerung von 830.000 waren die erschütternden Folgen.
Unter den Opfern befanden sich zwei Canossianerinnen, die italienische Missionarin Erminia Cazzaniga und ihre timoresische Mitschwester Celeste Pinto. Schwester Erminia hatte sich in den Tagen der Gewaltherrschaft geweigert, Osttimor zu verlassen und ihrer Schwester, die aus Italien anrief, geantwortet: Du bist Mutter zweier Söhne. Wenn sie dich in einem Augenblick der Gefahr bräuchten, würdest du es übers Herz bringen, sie zu verlassen? Ihre Entscheidung zu bleiben, sollte ihr das Leben kosten.
 

Engagement in Ainaro. Ein Hauptziel der Canossianerinnen ist die Förderung der Frau und der Familie. Die eben erwähnte Schwester Erminia war die Gründerin von Mädcheninternaten und sorgte dort auch für die Unterhaltung der Mädchen. Sie steckte ihre ganze Energie in die Kinder, um sie zu bilden und sie auch menschlich voranzubringen.
Der Krieg zerstörte fast alle Internate der Canossianerinnen in Osttimor, konnte aber nicht den festen Willen der Kongregation vernichten und einen Neuanfang verhindern.

Die Caritas hat sich spontan dazu entschlossen, mit ihrer diesjährigen Aktion die Schwestern beim Wiederaufbau zu unterstützen.
Die Schwestern baten um Hilfe beim Wiederaufbau des Internates in Ainaro, einem Dorf im Landesinneren, hundert Kilometer südlich von Dili gelegen. Dort leben 3000 Menschen, Bauern, die überleben konnten, weil sie Landwirtschaft zur Grundversorgung betreiben. Vor dem Krieg beherbergte das Internat 70 extrem arme Mädchen, zum großen Teil Waise. Heute gibt es das Internat nicht mehr. Sein Wiederaufbau wird voraussichtlich 250.000 Mark kosten.

Masaka, Uganda. Seit einigen Jahren finanziert die Caritas Antoniana Projekte in der Diözese Masaka in Uganda. Es handelt sich um ein großes, ländlich geprägtes Gebiet im Südwesten der Hauptstadt Kampala. Im vergangenen Jahr kam die Initiative dem Bau und der Modernisierung von sieben Schulen zu Gute. Das war eine große Hilfe, versichert Pater Luciano, weil beispielsweise die Grundschulen der einzige Bezugspunkt für die unzähligen AIDS-Waisen sind. Hilfe, so Pater Luciano
In einem Land, das zu den ärmsten Staaten der Erde zählt, in dem einer von zehn Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter HIV-positiv ist und das von der Geißel des Bruderkrieges geschlagen wird, gibt es nicht nur das Schulproblem. Hunger, Krankheit und Gewalt drängen alles andere in den Hintergrund. Wenigstens gegen die drückende Armut lassen sich sofort Maßnahmen ergreifen: doch diese stehen und fallen mit den Frauen.

Frauen sichern Überleben. Die Bevölkerung der Diözese von Masaka (mehr als 1.200.000 Bewohner) lebt zu 90 Prozent im ländlichen Raum. Sie lebt von einer halb-subsistenten Landwirtschaft: nur der Kaffee bringt Geld ein - Bananen, Mais, Bohnen, Erdnüsse, Maniok und Süßkartoffeln hingegen dienen gerade mal dazu, satt zu werden. Andere Bereiche sind Viehzucht und Fischfang. Sowohl der Landbau, als auch die Viehzucht sind quasi ausschließlich Aufgabe der Frauen. Sie allein sind es schließlich, die as Überleben vieler Familien dsichern, zusätzlich zur Sorge um Kinder und Kranke. Die wirtschaftliche Situation der Frauen verbessern, heißt also einen großen Schritt für die Entwicklung der gesamten Region tun.
Bischof Kaggwa kennt die Leiden seines Volkes wie kein anderer. Ihn bat die Caritas, eine Versammlung von Frauen der Diözese einzuberufen und sie zu bitten, ein Projekt zu erarbeiten.

Ganz einfach: eine Kuh. Daraus erwuchs ein Vorschlag, der in seiner entwaffnenden Einfachheit äußerst effektiv scheint: 50 Frauen aus zehn Land-Pfarreien eine trächtige Kuh schenken.
Die Frauen hätten sofort ein Einkommen, indem sie einen Teil der Milch verkauften, ein Lebensmittel, das in der Region sehr gefragt ist, und könnten mit dem Rest die Ernährung ihrer Familie bereichern. Zusätzlich würde der Kuhmist die Ernteerträge verbessern. Das Projekt soll durch eine Grundausbildung über Landbautechniken und Viehzucht abgerundet werden. Als Gegenleistung sollten die Frauen anderen Frauen der Gemeinschaft das Kalb überlassen – eine Art Kleinkredit in Naturalien.
Das Projekt, das wir Ihnen empfehlen, hält sich streng an die Vorgaben der Frauen von Masaka. Es hat eine Laufzeit von fünf Jahren und wird in dieser Zeit mehr als 300 Frauen und Familien zu Gute kommen.
Die Caritas Antoniana wurde gebeten die Kosten zu übernehmen, die für den Kauf der Tiere sowie die landwirtschaftliche und administrative Ausbildung entstehen.
Insgesamt werden rund 100.000 Mark in dieses Projekt fließen.
Liebe Freunde des Sendboten, wie jedes Jahr möchten wir Ihnen diese Projekte ans Herz legen und vertrauen auf Ihre Solidarität. Sicher – unsere Hilfe kann nur der viel zitierte Tropfen auf dem heißen Stein sein, aber er ist ein konkretes Zeichen der Nächstenliebe, die unsere Antoniusfamilie lebendig erhält.

Spenden können Sie auf die folgenden Bankkontos überweisen:
Deutschland: HypoVereinsbank München, BLZ 700 202 70, Kontonummer 5803613852, Sendbote des hl. Antonius.
Wenn Sie eine Spendenbescheinigung benötigen dann: Provinz Franziskaner-Minoriten Konto 3.016.404 bei LIGA Würzburg, BLZ 750.903.00

Österreich: Creditanstalt-Bankverein, Schottengasse 6, 1011 Wien, PSK-Kto Nr. 0322-05932/00

Schweiz: Postscheckrechnung Nr. 69-7695-9, Prov. Pad. F.M.C. Messaggero di S. Antonio - Basilika del Santo.

Italien: Postkonto Nr. 1354, Messaggero Padova
Geben Sie bitte eines der folgenden Stichwörter an: Indien-Chennai; Mädchen-Osttimor; Kuh für Uganda.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016