Aufrecht unter dem Kreuz der Krankheit

22. Februar 2011 | von

Franziskus schonte seinen Körper nicht und wurde bald mit Krankheit vertraut. Schon als junger Mann wurde er durch eine Lungentuberkulose geschwächt. Dazu kamen ein entbehrungsreiches Leben und allgemeine Erschöpfung, die seiner Gesundheit zusetzten. Schließlich drohte Franziskus zu erblinden. Eine medizinische Behandlung in Rieti brachte keinen Erfolg und neue Komplikationen zermürbten seinen Körper so, dass kein Arzt mehr helfen konnte. Franziskus erwartete gelassen Bruder Tod.



Franziskus wurde 1181/1182 geboren. Es gibt keine Hinweise darauf, dass er schon als Kind oder Jugendlicher kränklich war. Er konnte im elterlichen Textilgeschäft mitarbeiten und an den Gastmahlen, Tänzen und nächtlichen Umzügen der Jugend teilnehmen. Gesundheitlich war er so stabil, dass die Jugend Assisis ihn zu ihrem Anführer wählte.

Während seiner Gefangenschaft in Perugia 1203 wurde Franziskus zum ersten Mal ernstlich krank. Es handelte sich um eine Lungentuberkulose. Da die Krankheit lang und schwer war, brachte man ihn in ein Lazarett. Franziskus hatte leichte Atemnot, war blass, hatte keinen Appetit und litt besonders am Nachmittag unter Fieber, das nachts zu Schweißausbrüchen führte.

Die Führer Perugias waren einverstanden, als Pietro Bernardone Anfang November 1203 seinen kranken Sohn freikaufen wollte. So hatten sie einen Patienten los. Franziskus musste zu Hause noch mehrere Monate das Bett hüten. Im April 1204 ging es wieder aufwärts. Die Ruhe und mütterliche Fürsorge, die gute Ernährung und das günstige Klima Assisis machten ihn wieder gesund.



Rückschläge

Im Frühjahr 1205, auf dem Weg nach Apulien, wo Franziskus sich Kriegsruhm erwerben und zum Ritter geschlagen werden sollte, hatte er in Spoleto einen neuen Ausbruch seiner Tuberkulose. Die Fieberanfälle am Nachmittag dauerten etwa 60 Tage.

Ähnlich erging es ihm im Sommer 2013, als er über Spanien (Santiago de Compostela) nach Marokko pilgern wollte. Wieder hatte er einen Ausbruch seiner Krankheit, so dass er nach Assisi zurückkehren musste. Diesmal streckte ihn die Krankheit länger als ein Jahr nieder. Er hatte allerdings nur am Anfang (zwei Monate) hohes Fieber; später belastete ihn an den späten Nachmittagen leichtes Fieber. Das hinderte ihn jedoch nicht, im Herbst im Piemont und in der Lombardei, in Mailand, in Cremona, Mantua und Pavia zu predigen. Im Januar 1214 kam er nach Portiunkula. Später predigte er in der Toskana, in Siena, Arezzo und Borgo San Sepolcro.



Ein neues Übel

Franziskus kehrte von seiner Reise nach Palästina und Ägypten (1219 – 1220) mit einer Augenkrankheit zurück, die als Trachom bekannt ist. Das ist eine bakterielle Entzündung am Auge, die durch mangelhafte Hygiene hervorgerufen wird und in den südlichen Ländern des Mittelmeerraumes sehr häufig vorkommt. Sie beschädigt die Hornhaut und führt im Endstadium zur Erblindung. Die Augenkrankheit schwächte Franziskus so, dass es zu einem neuen Ausbruch seiner Tuberkulose kam, begleitet von heftigem Fieber. Der Heilige musste bei seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land eine Zwischenstation auf einer Insel nahe Venedig einschieben, weil er völlig erschöpft war. Am 29. September 1220 endlich erreichte er  Portiunkula. Hier fand das Ordenskapitel statt, auf dem Franziskus vor allem aus Gesundheitsgründen die Ordensleitung an Petrus Catanei abgab. Das Fieber des Heiligen stieg in dieser Zeit gegen Abend immer so stark an, dass er ins Delirium fiel. Es verursachte auch Störungen bei der Verdauung; dies hatte Leber- und Milzschmerzen zur Folge.



Die Wundmale

Am 13. oder 14. September 1224 – nach einer Fastenperiode mit durchbeteten Nachtwachen – erlebte Franziskus auf dem Berg La Verna seine Passion. Er hatte das Leiden und Sterben Christi immer wieder betrachtet und in seiner Liebe darum gebetet, dass er am Schmerz Jesu teilhaben dürfe, und dass ihm Gott die Kraft gebe, dies auch auszuhalten. Der gekreuzigte Jesus prägte dem Franziskus Wunden an Händen und Füßen und an der Seite ein. Er war nun von Christus und mit Christus gekreuzigt. Die Wunden bluteten nur gering. Zur Pflege wurden sie gewaschen und verbunden.

Im Herbst dieses Jahres begann das Trachom, das Franziskus sich in Ägypten beziehungsweise in Palästina zugezogen hatte, sich zu verschlechtern. Er litt an übermäßigem Tränenfluss und starkem Brennen der Augenlider.

Im April 1225 – Franziskus hielt sich in San Damiano auf, um etwas Linderung zu finden – kam ein Glaukom (grüner Star) hinzu. Er hatte furchtbare Kopfschmerzen und konnte nicht mehr schlafen; er konnte sich lange Zeit nur im Dunkeln aufhalten. Bruder Elias, der Generalvikar des Ordens, und Kardinal Hugolin drängten den Patienten, sich nach Rieti zu begeben, wo sich Papst Honorius III. mit seinem Hof aufhielt.



Verlust des Augenlichts

Doch damals gab es noch keine eigentlichen Augenärzte – auch in Rieti nicht. Es waren Heilpraktiker oder Naturheilärzte. Ein solcher sengte die Schläfe des Franziskus mit einem glühenden Eisen, unterhalb der Ohren beginnend bis zu den Augen, um den Druck von den Augen zu nehmen. Doch das Leiden wurde noch schlimmer, so dass Franziskus lange Zeit Rieti nicht verlassen konnte. Erst Ende März 1226 konnte er nach Siena reisen, um einen richtigen Arzt zu treffen. In Siena ließen zwar die Schmerzen, die er infolge seiner Augenkrankheit hatte, nach, aber Franziskus wurde völlig blind. Grund dafür war der Schwund des Augenkörpers und die Durchlöcherung der Hornhaut. Nach kurzer Zeit folgten neue Komplikationen. Magenblutungen führten zur völligen Bewusstlosigkeit. Wahrscheinlich hatte sich ein Magengeschwür so verschlechtert, dass eine Arterie in der Magenwand geplatzt war. Kein Arzt konnte ihm helfen. Nur die Brüder suchten, ihm beizustehen. Nur im Liegen fühlte er sich noch einigermaßen wohl. 



Bruder Tod

Franziskus bekam keine Anwendungen, mit denen man den ungeheuren Blutverlust hätte ausgleichen können. Einen Monat später musste er sich auf dem Weg nach Assisi in der Einsiedelei Le Celle bei Cortona aufhalten, weil sein Bauch und seine Beine ungeheuer angeschwollen waren. Das Anschwellen großer Teile seines Körpers waren auf eine Wassersucht zurückzuführen.

Auf Haut und Knochen heruntergekommen, konnte er keinen Arm mehr heben. In diesem Zustand wurde der Schwerkranke im August 1226 nach Portiunkula transportiert. Die Brüder brachten ihn – in der Hoffnung auf Linderung – in den Konvent von Bad Bagnara, wo sich sein Zustand jedoch noch verschlechterte. Mitte September bat er, nach Assisi gebracht zu werden. Aus Sicherheitsgründen begleitete eine Reitertruppe den Ochsenkarren. Nach einem Aufenthalt im Bischofspalast von Assisi äußerte er den Wunsch, ihn zum Sterben nach Portiunkula zu bringen. Dort begrüßte er am 3. Oktober 1226 Bruder Tod. Die Ärzte konnten weder sein Leben retten, noch seine Leiden abmildern.

Wenn man an seine Pflege der Aussätzigen denkt, merkt man sofort, wie wenig sich Franziskus um Ansteckung gekümmert hat. Er dramatisierte nie seinen Schmerz und beklagte sich auch nie bei seinen Brüdern oder den Ordensoberen. Der Heilige schrieb: „Ich bitte jeden kranken Bruder, er möge dem Schöpfer für alles Dank sagen und so zu sein verlangen, wie Gott ihn will, sei es gesund, sei es krank. Denn alle, die der Herr zum ewigen Leben vorherbestimmt hat, die unterweist er durch die Stacheln von Schlägen und Krankheiten und durch den Geist der Zerknirschung, wie es heißt: ‚Die ich liebe...(Offb 3,19)’.“



Umgang mit Krankheit

Franziskus bittet auch alle seine kranken Brüder, „sie möchten doch in ihren Krankheiten nicht zornig und nicht aufgebracht werden gegen Gott oder gegen die Brüder und nicht sehr ungestüm Arzneien verlangen...“

Franziskus hat das vor allem vorgelebt. Er ließ sich nicht durch-einanderbringen von körperlichen Schmerzen, die ihn hartnäckig trafen, vom Fieber, infolge seiner verschiedenen Tuberkuloseausbrüche, von seiner Augenkrankheit und der folgenden Blindheit und auch nicht von den schrecklichen Magenschmerzen.

Nichts hinderte ihn an seinem Apostolat der Liebe. Er handelte immer in vollkommener Freude, weil er sich mit seinen Leiden ausgesöhnt und ihnen einen geistlichen Sinn gegeben hatte.



Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016