Bizarre Grablege eines Ruhmsüchtigen
Unter vielen bedeutenden Persönlichkeiten Österreichs befinden sich zwei große kriegerische: Prinz Eugen und Feldmarschall Radetzky. Der Türkenbezwinger wurde seiner Verdienste wegen standesgemäß in der Kreuzkapelle des Wiener Stephansdomes beigesetzt. Die sterbliche Hülle des kaiserlichen und königlichen Marschalls hingegen wurde zwar in der Wiener Kathedrale eingesegnet, dann aber auf dem 30 Kilometer entfernten, nördlich der Donau liegenden Heldenberg von Klein-Wetzdorf bestattet. Die Gedenkstätte Heldenberg ein Friedhof? Wohl nur für dessen Erbauer Josef Pargfrieder und zwei weitere Tote, deren Leichnam er schon zu Lebzeiten gekauft hatte. Schlitzohriger Armeelieferant. Wer war Josef Pargfrieder? 1787 als uneheliches Kind in Ungarn geboren (eine Geburts- oder Taufurkunde gibt es nicht), wird er von seinem Onkel als nutzloser Fresser bezeichnet. Er wächst in armen Verhältnissen auf und ist trotz seiner dubiosen Herkunft im Alter von 20 Jahren schon ein wohlhabender Geschäftsmann. Als solcher wird er k.u.k. Hoflieferant und verkauft Uniformen und Schuhe an die Armee. Er gehört zu den Inflationsgewinnern und hat aufgrund seiner Intelligenz und Schläue nach Überallhin Verbindungen, selbst zu hohen und höchsten Stellen, dies nicht zuletzt als Mitglied der Freimaurer. Nicht verwunderlich, daß er als illegitimer Sohn Kaiser Josefs II: angesehen wird, wenngleich er trotz persönlicher Wünsche zur hochadeligen Gesellschaft zu gehören, vom Kaiserhaus nicht anerkannt und bei Hof auch nicht empfangen wird. So schafft er sich sein eigenes Reich, und das mit Geld. Es gibt nichts, was man mit Geld nicht kaufen kann, sagt er und meint damit nicht nur die Güter, sondern auch die Menschen. Pargfrieders Reich. Klein-Wetzdorf, ein spätbarockes Schloß, ist der Mittelpunkt seines Reiches. Er kauft es 1832 für den Preis von 90.000 Gulden und läßt es renovieren. Dorthin lädt er prominente Gäste ein, vor allem Militärs wie Feldmarschall Maximilian Freiherr von Wimpffen und Feldmarschall Josef Wenzel Graf Radetzky. Da es beiden immer wieder an Geld mangelt und die (Spiel-) Schulden drücken, hilft Pargfrieder großzügig aus, freilich mit einem Hintergedanken. Die Schuldner müssen sich - um ihre Schulden loszuwerden - testamentarisch verpflichten, sich auf der oberhalb des Schlosses Klein-Wetzdorf von ihm auf einer Waldlichtung errichteten Anlage an seiner Seite begraben zu lassen. Beide Marschälle stimmen zu. Radetzky bekräftigt zusätzlich schriftlich: Ich, Wenzel Radetzky, bitte meinen alten Freund Pargfrieder, Testamentsvollstrecker zu sein. Pargfrieder ist es und löst das Versprechen beider für sich ein. Er verblüfft damit nicht nur die Armeeführung, sondern auch den sich dem Testament beugenden Kaiser Franz Josef, der Radetzky sogar in der Kaisergruft der Wiener Kapuziner beigesetzt haben wollte. Österreichische Walhalla. Die Gruft auf dem Heldenberg mit dem Text Erbauet anno 1849, also vor 150 Jahren, in der Wimpffen (1854), Radetzky (1858) und schließlich Pargfrieder (1863) ihre letzte Ruhe fanden, ist das Zentrum der Berganlage. Denn außer, daß der Heldenberg als Friedhof für die drei dort wirklich Bestatteten dient, ist die spätklassizistische Anlage eine Gedenkstätte des Soldatentums des alten Österreich und nach dem Willen des erfolgreichen Armeelieferanten eine Weihestätte für ehemalige Regierende und Mitglieder der k.u.k. Armee, eine Art kleine österreichische Walhalla, ähnlich der deutschen in der Nähe von Regensburg. Handel um Heldenberg. Die Republik Österreich ist heute Besitzer des Heldenberges. Pargfrieder hatte den Berg fünf Jahre vor seinem Tod Kaiser Franz Josef als patriotische Gabe geschenkt, nicht ohne dafür Geld und einen Orden zu verlangen. Der verliehene Orden war Pargfrieder zu gering, weswegen er sich erfolglos beschwerte. Der Kaiser schenkte den Heldenberg der Armee. 1918 ging er in den Besitz der neuentstandenen Republik über. 1945 wäre er beinahe zerstört worden, weil russische Soldaten die durch den Wald durchscheinenden Statuen als Feindsoldaten ansahen und einen Angriff starteten Da dieser jedoch keinen Widerstand fand, ließ ihn der russische Oberst einstellen. Man hatte auf Zinksoldaten geschossen. Sie stehen heute noch und werden jährlich von mehr als tausend Neugierigen und Interessierten bestaunt. |