Chancen und Gefahren
Diese Geschichte werde ich ihm wohl kaum glauben, meinte der Kioskbesitzer im Zentrum Roms. Doch ich glaube sie ihm. Ein junger Deutscher war kürzlich vor dem Zeitungsstand hin und her gelaufen. Verzweifelt hatte er auf seinem Handy herumgetippt, bis er sich schließlich dem Kiosk näherte und nach einem Stadtplan fragte. Der junge Mann, ein Student, erstand ihn – was ihm jedoch wenig half. Er tat sich schwer, mit dem notwendigsten Utensil aller Touristen zurecht zu kommen. Der Kioskbesitzer musste ihm weiterhelfen.
Was war geschehen? Der Besucher aus Deutschland hatte sich spontan zu einem Kurztrip nach Rom entschlossen. Ein Flug mit einer der Billig-Airlines und die Unterbringung in einer Pension machten den Ausflug erschwinglich. Vorbereitet auf die Stadt am Tiber hatte sich der Student nur wenig. Der Kauf eines Stadtplans und eines Romführers war von ihm verschmäht worden. Warum sich auch unnötig mit so etwas belasten. Im Internet hatte er für sein Handy einige „Apps“ erworben, die ihm einen sorgenfreien Aufenthalt auf fremdem Terrain ermöglichen sollten. Apps sind kleine Computerprogramme, die auf Mobilfunkgeräte heruntergeladen werden können und ihrem Nutzer den Alltag erleichtern sollen. Sie navigieren ihn durch fremde Städte, ohne sich mit einem Stadtplan belasten zu müssen, erlauben den Besuch einer Sehenswürdigkeit ohne eingehendes Studium der entsprechenden Literatur und verschaffen den Eindruck, bei einem Großereignis – sprich Event – live dabei zu sein. Viele der Apps sind nützliche Hilfen. Aber auch nicht mehr. Das eigenständige Denken können sie nicht ersetzen. Diese bittere Erfahrung musste der junge Besucher der Ewigen Stadt machen, als ihm sein Handy den Dienst versagte.
Auch der Vatikan hat die modernen Kommunikationstechnologien als eine Chance erkannt. So bot man während des Konklaves ein App an, das in sogenannter Echtzeit den Schornstein der Sixtinischen Kapelle zeigte.
Auch ein anderes Medium hat im Vatikan Förderer gefunden: Twitter. Twitter, englisch für „Gezwitscher“, dient der Verbreitung von telegrammartigen Kurznachrichten. Wer sich für die Beiträge einer Person oder Organisation interessiert, kann deren Meldungen auf seinem Mobilfunkgerät verfolgen und wird damit zum „Follower“.
Im Januar dieses Jahres legte der Päpstliche Rat für die Sozialen Kommunikationsmittel auch für den Papst einen Twitter-Account, ein Nachrichtenkonto, an. Stolz ist man darauf, dass er schon über 6 Millionen Mal genutzt wurde. Benedikt XVI. brillierte in seinem Pontifikat durch tiefgehende Katechesen, Papst Franziskus überzeugt durch berührende Predigten. Der vatikanische Twitter-Account verkürzt jedoch die Worte der Päpste auf höchstens zwei Sätze, auf gerade einmal 140 Zeichen.
Reicht das? Begnügt man sich dann nicht allzu schnell mit einem Slogan? Sättigt ein schnell gesendetes Papstwort religiöse Bedürfnisse und das Gewissen? Twitter kann nützlich sein, es gibt eine Erstinformation, macht auf etwas neugierig. Für eine umfassende Botschaft taugt es nicht. Es ist und bleibt – und das ist nicht einmal abwertend gemeint – Gezwitscher.