Da geht immer noch was!

17. Dezember 2014 | von

Wir treffen sie immer wieder: zufriedene Menschen, obgleich gezeichnet von den Spuren ihrer Lebensjahrzehnte. Es gibt sie, die Lebenszufriedenheit der späten Jahre.





„Nach über dreißig Jahren in meinem Job träume ich nun – Mitte fünfzig – von einer Auszeit. Ein paar Wochen oder gar Monate auszusteigen und mir Zeit zu nehmen. Um gerade zu Beginn eines neuen Jahres aufzuschreiben und festzuhalten, was bisher in meinem Leben so alles gelaufen ist und was noch kommen soll. Ich würde dann gerne herausfinden, was mir wichtig ist und was meinem Leben neuen Sinn und neue Zufriedenheit zu versprechen vermag...“



DIE IDENTITÄT NEU JUSTIEREN

Für Menschen mit solchen Plänen, gleich ob Mann oder Frau, besteht Hoffnung. Sie müssen sich für ihre Zukunft keine allzu großen Sorgen machen, aber sie sollten spätestens jetzt für sich Sorge tragen. Die sechziger Lebensjahre sind eine extrem herausfordernde Zeit. In diesem Alter müssen Männer wie Frauen ihre Identität neu justieren: Was machen wir mit der verbleibenden Zeit, mit dem „Rest“ unseres Lebens?

Dabei stehen die Zeichen nicht schlecht. Wer bei guter Gesundheit ist, fühlt sich jenseits der 60 oft glücklicher und zufriedener als 20 Jahre zuvor.



DIE U-KURVE DER LEBENSZUFRIEDENHEIT

In den westlichen Ländern haben Forscher die Daten zur Lebenszufriedenheit miteinander verglichen und dabei einen

U-förmigen Verlauf konstatiert. Ihren Tiefpunkt erreicht die Zufriedenheit im Alter zwischen 45 und 54 Jahren, um danach wieder deutlich anzusteigen. In dieser Zeit – eine der produktivsten Arbeitsphasen – schaffen die Menschen oft rund um die Uhr und verdienen entsprechend. Und sie tragen so viel Verantwortung in Familie, Beruf und Freizeit, wie in keiner anderen Lebensphase.

Experten sprechen von einem „biografischen Multitasking“ – die Vielfalt an Aufgaben bringt immer mehr Menschen ans

Limit ihrer Kräfte oder weit darüber hinaus. Das alles geht oft auf Kosten des Wohlbefindens und der Lebenszufriedenheit, nicht zuletzt der Gesundheit. Geld allein macht nicht glücklich...



DAS NEUE BILD VOM ALTER

Mit zunehmendem Alter lässt die Leistungskraft spürbar nach. Der Aufstieg geht nicht mehr unbegrenzt weiter. Man hat sein „Leistungsplateau“ erreicht oder gar überschritten. Viele fallen in ein Loch. Das Stimmungstief, so eine weltweite Untersuchung, liegt bei etwa 44 Lebensjahren. Aber dann ist auch die Talsohle durchschritten. Jetzt kann es nur noch aufwärts gehen. Spätestens Mitte fünfzig zeichnet sich der Aufschwung ab. Die Stimmungskurve zeigt nach oben. Ab dann nimmt die Lebenszufriedenheit der Menschen auffallend zu. Das hat nicht zuletzt mit dem Paradigmenwechsel zu tun. Wurde das Alter vor etlichen Jahren fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt eines Defizitmodells gesehen, so werden heute ganz bewusst die Stärken und Vorteile älterer Menschen herausgestellt.



GENERATIONSÜBERGREIFENDE TEAMS

Zwar nehmen körperliche Kräfte, Flexibilität, Reaktionsschnelligkeit mit zunehmendem Alter ab, aber es wachsen das Erfahrungspotential und die Sachkompetenz. Die Stärken und Schwächen der Älteren heben sich auf im Vergleich zu den Jüngeren. Immer mehr Firmen setzen auf generationsübergreifende Arbeitsteams und profitieren damit jeweils von den Stärken der verschiedenen Generationen. Die „Falle des Jugendkultes“ scheint sich wieder zu öffnen – spät, aber nicht zu spät!

„Mit dem Alter wird man gelassener. Ich kann Dinge loslassen, die ich früher krampfhaft festgehalten habe. Heute weiß ich meine körperlichen und geistigen Ressourcen besser einzuschätzen und intelligenter zu nutzen. Und meine Erfahrung sagt mir: Irgendwie findet sich immer wieder ein Weg. Eigentlich bin ich ganz zufrieden mit mir und meinem Leben. Das lässt mich gelassen und zugleich zuversichtlich nach vorne schauen...“



ES IST GUT, SO WIE ES IST

Das Alter ist ein Wendepunkt. Die Zukunft wird kürzer, die Vergangenheit verlängert sich. Die zeitliche „Verknappung“ macht wählerisch. Die Sechziger überlegen sich mehr denn je, wofür sie ihre Zeit verwenden – und nicht verschwenden wollen! Vermutlich vermögen es Männer wie Frauen in diesem Alter, richtig gute Entscheidungen zu treffen. Bereitschaft zum Risiko und Vorsicht aus Erfahrung stehen in trefflicher Balance zueinander. Diese Fähigkeit lässt ältere Menschen intelligente Strategien entwickeln, sich in den verschiedensten Lebensbereichen kompetent und verantwortungsbewusst einzubringen. Da geht immer noch was! Die Einsicht, dass es gut ist, so wie es ist, trägt offensichtlich entscheidend bei zur Lebenszufriedenheit in späten Jahren.

Hat der amerikanische Schriftsteller Thornton Wilder nicht recht, wenn er schreibt: „Mit vierzig fängt man an, das Wertvolle zu suchen, und mit fünfundsechzig kann man anfangen, es zu finden.“ Wäre das nicht ein vortrefflicher Vorsatz für das neue Jahr 2015?

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016