Der Rektor mit der schwarzen Feder

30. Juni 2014 | von

Zum Abschluss unserer Porträts von den Brüdern an der Basilika stellen wir den Rektor vor, Pater Enzo Poiana. Er sammelte Erfahrungen als Gebirgsjäger, kennt sich mit Landwirtschaft und Viehzucht aus, hörte dann aber auf die Ratschläge seines Bischofs und folgte dem Ruf seines Gewissens.



Es war seine Idee, die einzelnen Brüder an der Basilika im Porträt vorzustellen. Nun zum Abschluss ist er selber dran, Pater Enzo Poiana, 55 Jahre alt, seit 2005 Rektor der Basilika. Er stammt aus einer Bauernfamilie in Friaul, nahe bei Gorizia. „Geboren wurde ich am 17. Januar, dem Festtag des heiligen Abtes Antonius, dessen Namen dann Fernando de Bulhões als Franziskaner wählte, der zukünftige heilige Antonius“, scherzt Pater Enzo.

„Meine Mutter erzählt immer gerne, dass ich als kleiner Junge, wenn man mich fragte, was ich denn einmal werden wolle, fest und überzeugt geantwortet habe: Priester. Ich erinnere mich, dass ich immer fasziniert war vom Leben der Priester, dass ich gerne zur Messe ging und ministrierte.“ Doch nach fünf Jahren verlässt Enzo das Knabenseminar von Gorizia, noch vor dem Abitur, arbeitet einige Monate an einer Tankstelle und tritt im September 1979 seinen Militärdienst bei den Gebirgsschützen in der glorreichen Alpin-Brigade Julia an.



GEBIRGSJÄGER UND BAUER

Pater Enzo hat schöne Erinnerungen an diese Zeit. Wenn Gebirgsjäger-Abteilungen in die Basilika kommen, trägt er voller Stolz den Hut mit der schwarzen Feder. „Beim Militärdienst gewann ich Abstand zu meiner Familie, auch zur Kirche. Das brauchte ich, um über mein Leben nachzudenken.“ Dann führt er mit seinem Vater Felice den landwirtschaftlichen Familienbetrieb weiter, da seine Geschwister (zwei Brüder, zwei Schwestern) nichts davon wissen wollen. Zwei Jahre lang schuftet er auf den Feldern, mit großer Befriedigung. „Die Arbeit war anstrengend, aber abwechslungsreich. Es gab auch Momente der Ruhe. Kurz gesagt, es war zu schaffen.“

Die Zukunft scheint klar zu sein. Da passiert etwas, wodurch die Karten neu gemischt werden. Pater Antonio Vitale Bommarco aus der Paduaner Ordensprovinz, inzwischen Generalminister der Minoriten, wird 1983 zum Erzbischof von Gorizia ernannt. Bei der Amtseinführung sieht Enzo, wie der bischöfliche Sekretär, der seine Geschichte kennt, mit dem Erzbischof flüstert und dabei auf ihn deutet. „Was habe ich bloß angestellt?“, fragt sich Enzo. Monsignor Bommarco spricht ihn an: „Stimmt es, dass du aus dem Seminar abgehauen bist?“ „Abgehauen ist ein großes Wort! Ich bin weggegangen“, präzisiert Enzo. Die Reaktion: „Komm zu mir zum Mittagessen, dann sprechen wir darüber.“ Enzo geht hin, auf wackeligen Beinen, aber er fühlt sich sofort wohl. „Ich habe mich schon gewundert, als ich den Erzbischof so ganz leger in der Küche mit den Schwestern in einer brüderlich-franziskanischen Atmosphäre beim Mittagessen antraf.“

Der Erzbischof: „Mein Sekretär macht sich Sorgen um dich. Wenn du dein Leben nicht in die Hand nimmst, wirst du ewig unzufrieden sein.“ Enzo antwortet, dass das nicht geht: „Dazu müsste ich ja Abitur machen und alles andere.“ Darauf der Erzbischof: „Man kann alles schaffen. Wenn der Herr dich gerufen hat, musst du ihm antworten. Die Strafe, wenn du es nicht tust, ist deine Unzufriedenheit.“



ERWACHSENEN-BERUFUNG

Klare Worte, die Enzo den Schlaf rauben. Er fühlt sich nicht wohl bei dem Gedanken, seinen Vater alleine zu lassen, und vertraut seine Bedenken dem Bischof an, der ihn beruhigt: „Mach dir keine Sorgen, ich spreche mit deinem Vater.“ Bei einer Firmung in der Nähe erscheint der Bischof auf dem Hof der

14Poianas, begrüßt alle und bittet dann, sich die Ställe ansehen zu dürfen. Vater Felice zeigt ihm seine Schätze. Der Bischof sieht sich um, hört zu, es scheint ihm zu gefallen, und am Ende sagt er, fast beiläufig: „Wenn Sie nicht möchten, dass Enzo unzufrieden ist, dann lassen Sie ihn ziehen, er muss seinen Weg wieder aufnehmen.“ „Hauptsache, er kommt dann nicht mehr zurück“, antwortet der Vater. Darauf Bommarco: „Keine Sorge, ich kümmere mich um ihn.“

Enzo soll bei den Minoriten in Treviso die Oberstufe absolvieren, was ihm anfangs nicht gefällt. „Die erste Woche war hart, aber dann lernte ich Schritt für Schritt eine Wirklichkeit kennen, die mich packte. An Weihnachten sagte ich dem Bischof, dass ich ganz bei den Minoriten bleiben wolle. Erst war er dagegen, verlor er damit doch einen Priesterkandidaten für seine Diözese, aber letztendlich war er glücklich über meine Entscheidung.“ Und dann läuft alles wie am Schnürchen: Abitur, Noviziat an der Basilika in Padua, Theologiestudium und 1991 die Priesterweihe. Nach vier Jahren als Jugendkaplan in einer römischen Pfarrei wird Pater Enzo Pfarrer und Guardian in Triest und 2005 dann Rektor der Basilika in Padua.



DIE AUFGABEN DES REKTORS

„Ich bin so etwas wie ein ‚Dirigent‘ der Brüder, die in der Basilika die Pilger betreuen. Als Oberer kümmere ich mich um die Brüder, stehe ihnen in schwierigen Momenten zur Seite. Nach außen halte ich als Rektor den Kontakt zur Welt der Antoniusverehrer. Übrigens ist das kulturelle Niveau des typischen Pilgers keineswegs niedrig, wie oft angenommen wird, sondern liegt im oberen Drittel. Die Pilger kommen, um ihren Glauben zu vertiefen, sie wollen dem heiligen Antonius begegnen, sie möchten wieder zu Gott finden und Eucharistie feiern.“

Auch Pater Enzo kennt Beispiele dafür, wie die Fürsprache des heiligen Antonius sich machtvoll gezeigt hat: „Ein junges Ehepaar entzweit sich bereits am Tag nach der Hochzeit. Er als langjähriger Single will seine Gewohnheiten nicht ändern. Sie betet am Antoniusgrab und bricht in Tränen aus. Ein junger Mann, der neben ihr kniet, wird aufmerksam, wendet sich ihr zu – und erblickt die ihm Angetraute. Arm in Arm gehen sie nach Hause. Zwei Kinder krönen ihre Ehe.“





Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016