Die Einsiedelei auf dem Berg
Wenige Kilometer von Dovadola entfernt, in der Nähe von Forlì, befindet sich das Heiligtum von Montepaolo, errichtet zum Gedenken an den heiligen Antonius, der sich dort zwischen 1221 und 1222 aufgehalten hatte.
Kurz vor dem Ort Dovadola, in der Provinz von Forlì in der Emilia Romagna, weist ein Hinweisschild an einer kleinen Nebenstraße hin auf „Montepaolo“. Wer in diese Straße einbiegt, erreicht nach sieben Kilometern und vielen Kurven mitten im Wald plötzlich ein kleines Heiligtum. Etwas später erfahre ich von meinem Begleiter, Gabriele Zelli, Geschichtsbegeisterter und ehemaliger Bürgermeister von Dovadola, dass der Wald hier von der franziskanischen Gemeinschaft, die bis vor Kurzem hier gelebt hat, angepflanzt wurde. Wir befinden uns nicht an irgendeinem Ort. Hierher kam vor genau 800 Jahren, im Sommer 1221, der heilige Antonius. Er war der Einladung eines kleinen Brüdergrüppchens gefolgt, das er beim Mattenkapitel in Assisi kennengelernt hatte, und die froh waren, mit Antonius einen Priester zu haben, der die Messe zelebrieren konnte. Antonius blieb etwas länger als ein Jahr in Montepaolo, bis er – auch das ist wieder einer dieser Zufälle (wenn man hier überhaupt von Zufall sprechen kann) – beauftragt wurde, einen Prediger zu ersetzen, der bei einem wichtigen Anlass die Predigt in der Abtei von San Mercuriale in Forlì halten sollte, wobei Antonius sein Talent für das Predigen unter Beweis stellte, für das ihn heute noch, nach 800 Jahren, die ganze Welt ehrt und schätzt.
Ort mit Geschichte
Aber kehren wir zurück zu unserem Heiligtum. Das, was wir heute bewundern können, stammt nicht aus der Zeit des heiligen Antonius. Man geht davon aus, dass die Brüder damals einen kleinen, etwas heruntergekommenen Konvent hatten und die meiste Zeit in den natürlichen Höhlen in der Umgebung in stiller Sammlung und im Gebet verbrachten. Viele dieser natürlichen Grotten und Höhlen (und ebenso den Konvent) gibt es heute nicht mehr; das Gebiet hier ist sehr anfällig für Erdrutsche und Erosion. Aus diesem Grund wurde der Gipfel des Berges gewählt, wo der Boden etwas stabiler ist, als man entschied, hier eine Gedenkstätte für den heiligen Antonius zu errichten. Dort erbaute man die Kirche, die am 7. September 1913 geweiht wurde.
Es wird erzählt, dass es auf diesem Berg bereits ein anderes Oratorium gegeben hat, das genau an der Stelle errichtet worden war, wo sich die sogenannte „Grotte des heiligen Antonius“ befunden hatte, wohin sich der heilige Antonius während seines Aufenthaltes gerne zurückzog. Den Bau hatte ein gewisser Giacomo di Simone Paganelli aus Castrocaro im Jahr 1629 in Auftrag gegeben, als Dank an den Heiligen, der ihm während einer schweren Krankheit geholfen hatte. Bald aber wurde dieses Oratorium durch einen Erdrutsch zerstört und es blieben nur Ruinen zurück.
Die Grotte des heiligen Antonius ist jedoch am Hang des großen Hügels erhalten geblieben, ganz in der Nähe der neuen Kirche. Ein Weg, der gesäumt ist von bildnerischen Darstellungen aus dem Leben des heiligen Antonius, geschaffen von Lorenzo Ceregato, führt die Pilger an diesen Ort. Allerdings wurde auch diese Grotte rekonstruiert, aber wir dürfen davon ausgehen, dass sie sich nicht allzu weit von dem Ursprungsort befindet. Hier erwartet die Besucher eine Statue aus Terrakotta des Meisters Ballanti Graziani di Faenza – fast wie eine Einladung, sich im Gebet zu sammeln, so wie es der heilige Antonius hier so oft getan hatte. Mein Begleiter informiert mich, dass dies der Ort ist, den die Besucher, die hierher kommen, am meisten lieben.
Das Heiligtum
Die Besucher, die bis hierher kommen, dürfen ein Flachrelief in der Lünette über dem Eingangsportal (ein Werk von Leonardo Galimberti, ein Minorit vom Heiligtum La Verna, nach Zeichnungen des Architekten David Baldassari) bewundern, die von dem Künstler Vincenzo Rosignoli geschaffen wurde und die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind zeigt, das die Lilien in der Hand des heiligen Antonius streichelt, während der heilige Bernhardin von Siena diese Szene segnet. Nachdem man die Schwelle überschritten hat, findet man sich in einer kleinen Kirche wieder, deren Grundriss einem griechischen Kreuz entspricht und die reichlich geschmückt und mit Fresken verziert ist. Das Besondere an dieser Kirche ist, so erklärt mir Signor Zelli, dass die Brüder der damaligen Zeit die glückliche Idee hatten, nur örtliche Künstler und Handwerker für den Bau zu engagieren und dadurch vielen Talenten aus der Emilia Romagna und der Toskana zu Ruhm verholfen haben. In der Kirche wird außerdem seit 1997 eine Reliquie des heiligen Antonius aufbewahrt, die aus der Basilika in Padua stammt.
Wenn man dieses Heiligtum verlässt, öffnet sich linkerhand die Viale dei Mosaici (Allee der Mosaiken), die 2001 von Bruder Ernesto Caroli, dem Gründer des Antonianums in Bologna und Herausgeber des Antonianischen Wörterbuchs, initiiert wurde. 18 Mosaiken, die die Geschichte dieses Ortes seit der Ankunft des heiligen Antonius bis zur Ankunft seiner Reliquie zeigen, säumen den Weg. Die Mosaike, die von der Mosaikkünstlergenossenschaft aus Ravenna geschaffen wurden, wurden auf der Grundlage von Gemälden ebenfalls örtlicher Künstler erstellt.
Franziskanischer Stabwechsel
Im Jahr 2016 mussten die Brüder wegen des starken Rückgangs der Berufungen, der heute ein Problem für alle Ordensfamilien ist, Montepaolo verlassen. Nachdem sich in der ersten Zeit eine Gruppe von Laien um die Öffnung der Kirche gekümmert hatte, ist seit zwei Jahren die franziskanische Familie zurückgekehrt: Nicht mehr der erste Orden, also Brüder, sondern der zweite, Klarissen.
Acht Schwestern zogen im Juli 2019 von Faenza, wo sie in einem achthundert Jahre alten Konvent lebten, hierher. Schwester Mariangela, die Äbtissin, erklärt: „Es war für uns ein langer Entscheidungsprozess, bevor wir hierhergekommen sind, bis wir verstanden hatten, dass es sich für uns um eine echte Ablösung für die Brüder handelte. Nun sind wir hier zu fünft, wir halten die Kirche geöffnet und stehen den Menschen, die es wünschen, zur Verfügung. Aber vor allem versuchen wir, eine franziskanische Präsenz zu garantieren, die den Geist und die Spiritualität dieses Ortes bewahrt und ehrt. Auf diesen Hügel zog sich der heilige Antonius zum Gebet in die Grotte zurück, und die Grotte ist in anthropologischer Sicht ein Symbol für den mütterlichen Uterus und entsprechend für die Wiedergeburt: Hier arbeitete der heilige Antonius sein Scheitern auf, bevor er sich – im Einklang und Frieden mit sich selbst – der Welt stellte. Deshalb glauben wir, dass die Anwesenheit einer kontemplativen Gemeinschaft, die heute von den Minoriten unterstützt wird, in besonderem Einklang steht mit dem Geist dieses Fleckchens Paradies, der heute, nach der Pandemie, von den Pilgern und Pilgerinnen noch mehr geschätzt wird: Es ist fast so, als hätte diese schwierige Zeit in den Menschen eine neue Sehnsucht geweckt, die Schönheit einer fruchtbaren Stille zu genießen. Kurz gesagt, sind wir genau an dem Ort, an dem Gott uns wollte.“