Die internationale katholische Friedensbewegung
„Denn er – Christus Jesus – ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss durch sein Sterben die trennende Wand der Feindschaft nieder. Er stiftete Frieden und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib. Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet.” (Brief an die Epheser 2,14-16) Diese Deutung des Lebens Jesu aus dem Neuen Testament beschreibt treffend das Anliegen von Pax Christi: aus dem Glauben an Jesus Christus die bestehenden Gegensätze und Feindschaften zu überwinden und einen Weg der Versöhnung zu gehen.
Marthe-Marie Dortel-Claudot, eine der Mitbegründerinnen von Pax Christi, beschreibt die Anfänge auf der ersten Internationalen Arbeitstagung von Pax Christi in Kevelaer 1948 so: „PAX CHRISTI wurde mitten im Kriege gegründet. Wir waren zu Beginn nicht zahlreich: etwa zehn höchstens, alles Laien, alle entstammend aus den Reihen der Résistance. Wir wollten ihnen (den deutschen Katholiken) die einzige uns zur Verfügung stehende Hilfe bringen: das Gebet.”
Durch die Kontaktaufnahme zu Bischöfen in Südwest-Frankreich gewann die junge Bewegung an Bedeutung. In Pierre-Marie Théas, zunächst Bischof in Montauban, später dann in Lourdes, fanden sie eine anerkannte Persönlichkeit – jemanden, der sich während des Zweiten Weltkrieges aktiv gegen die Deportation von Juden eingesetzt hatte und deswegen von der Gestapo verhaftet worden war. Als erster internationaler Präsident von Pax Christi wird Bischof Théas einer der Wegbereiter der deutsch-französischen Aussöhnung. Eine weitere glückliche Fügung in den Gründerjahren war die Unterstützung durch den damaligen apostolischen Nuntius in Frankreich, Angelo Roncalli, dem späteren Papst Johannes XXIII. Dieser trug durch seine internationalen Kontakte zur weiteren Verbreitung bei und förderte den Versöhnungsgedanken in der jungen Bewegung. Gebetspatenschaften und Wallfahrten waren die ersten Aktivitäten von Pax Christi.
Gebet und Versöhnung
Im besiegten Deutschland wird der Kapuziner Manfred Hörhammer, Sohn einer Französin und eines Deutschen, zum Mitbegründer von Pax Christi und langjährigem geistlichen Beirat der Bewegung. Schon im November 1945 erfährt er von dem französischen Gebetsaufruf. Im Februar 1947 nimmt er an einem Treffen in Lourdes teil. Neben dem Gebet fördert Hörhammer die intellektuelle und interdisziplinäre Beschäftigung mit Krieg und Frieden. Die Auseinandersetzung mit den Nazi-Verbrechen führt auf Hörhammers Initiative zu viel beachteten Versöhnungsgesten. In Frankreich besucht Hörhammer Stätten von SS-Verbrechen (Oradour-sur-Glane, Ascq in Nordfrankreich) und überbringt symbolische Geschenke (z. B. einen Kelch für Oradour). Er organisiert mit Pax-Christi-Delegationen Sühnegänge in die Konzentrationslager von Mauthausen und Auschwitz. Durch die Kontakte von Pax Christi nach Polen wird in den 60er Jahren die Aussöhnung mit Polen zu einem weiteren Einsatzfeld. Diese Gespräche und Begegnungen bereiten den Boden für den historischen Briefwechsel der deutschen und polnischen Bischöfe auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor. Auch an der Gründung des Maximilian-Kolbe-Werks 1973 war Pax Christi durch seinen Vizepräsidenten Alfons Erb maßgeblich beteiligt. Konkret unterstützt das Kolbewerk ehemalige Opfer des NS-Unrechtsregimes und deren Angehörige finanziell und materiell. Ziel ist es, die Versöhnung zwischen den beiden Völkern zu fördern.
Ein dritter Schwerpunkt von Pax Christi in Deutschland ist die christlich-jüdische Verständigung. Auch hier hatte Pater Hörhammer eine erste Pilgergruppe nach Israel begleitet. Durch das Engagement einzelner Pax-Christi-Gruppen für die Einhaltung der Menschenrechte auch in den besetzten Palästinenser-
gebieten ist es in den letzten Jahren zu manchen Irritationen mit jüdischen Kultusgemeinden gekommen.
Politisches Engagement
Seit den 70er Jahren hat sich die Pax-Christi-Bewegung zunehmend in die politische Debatte eingebracht. Sie unterstützten frühzeitig die Kriegsdienstverweigerung als christliche Alternative zum Militärdienst, förderten Projekte der Friedenserziehung und Friedensdienste (z. B. im Kosovo, in Kroatien und Bosnien), setzten sich für Gewaltfreiheit, Menschenrechte und Abrüstung ein. Pax-Christi-Gruppen beteiligten sich an den Aktionen gegen die Nachrüstung in den 80er Jahren und sind bis heute an einzelnen Ostermärschen beteiligt. In den letzten Jahren haben sich Pax-Christi-Gruppen zunehmend in der Flüchtlings- und Asylarbeit engagiert.
Durch die intellektuelle Auseinandersetzung mit Gewaltfreiheit und Friedenserziehung hat Pax Christi sicherlich dazu beigetragen, dass sich die kirchliche Lehre vom „gerechten Krieg“ hin zu einer Lehre vom „gerechten Frieden“ weiterentwickelt hat.
Bei aller ökumenischen Offenheit ist Pax Christi eine internationale katholische Friedensbewegung, die seit ihren Anfängen den Kontakt zu den Bischöfen gesucht hat. Pax Christi besitzt weltweit über 120 Mitgliedsgruppen und wird seit 2007 von zwei Co-Präsidenten, einem Bischof (Kevin Dowling aus Südafrika) und einer Vertreterin der Laien (Marie Dennis aus den USA) geleitet. Die nationalen Sektionen setzen sich aus den
Diözesanverbänden zusammen, die wiederum in Basis- und thematische Arbeitsgruppen organisiert sind. In Deutschland übt der emeritierte Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, die Präsidentschaft aus, den Bundesvorstand bilden Stefanie Wahl und Norbert Richter. Angesichts der Zunahme von Konflikten weltweit bleibt der Grundauftrag von Pax Christi, einen Weg der Versöhnung zu gehen, aktuell.