Die Römische Kurie
Im Rückblick der Medien auf das fast achtjährige Pontifikat von Papst Benedikt XVI. war immer wieder zu hören und zu lesen: „Er hat die Römische Kurie nicht in den Griff bekommen.“ Woher stammt eigentlich dieser Name? Und welche Bedeutung kommt der Römischen Kurie in der Kirche zu? Welchen Dienst hat sie für die Weltkirche zu leisten? Die Römische Kurie kann auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken. Ihre geschichtlichen Wurzeln reichen bis in die vorchristliche Antike.
Wer sich das erste Mal in der Ewigen Stadt aufhält, wird nicht umhinkommen, das Forum Romanum aufzusuchen. Das Herzstück der antiken Welt beeindruckt den Besucher noch nach zwei Jahrtausenden. Dort erhebt sich unweit des Kapitols ein mächtiger Backsteinbau. Das imposante Gebäude war der Sitz des Senats – die Kurie. Von hier aus wurden die Geschicke des Römischen Reiches bestimmt, oder zumindest mitgetragen.
DIE TÜREN DES LATERAN
Paulus, von Geburt römischer Staatsbürger, nutzte nach seiner Gefangennahme in Jerusalem die Gesetzgebung Roms, um durch sie in die Ewige Stadt zu gelangen und dort für den Glauben zu wirken (Apg 22,25-29). Nach den Jahrhunderten der Verfolgung wurde das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion. In der Verwaltung übernahm die Kirche viele Elemente des alten Rom. Es war kein Zufall, dass die Türen der Kurie des Römischen Forums nicht zerstört oder eingeschmolzen wurden, sondern dass man sie wieder verwendete. Sie geben bis zum heutigen Tag den Gläubigen den Weg in die Lateranbasilika, die Bischofs-kirche des Papstes, frei.
SENAT UND KONSISTORIUM
Im 11. Jahrhundert waren die Kardinäle mehr und mehr zu den engsten Mitarbeitern des Papstes geworden. So wie das römische Recht die Senatoren des kaiserlichen Rom als zum Körper des Kaisers zugehörig ansah, so wurden die Kardinäle nun als Teil des päpstlichen Leibes betrachtet. In antiken Gesetzestexten fand sich für den Senat eine Bezeichnung, die in den Sprachgebrauch der Kirche überging: das Konsistorium. In den Konsistorien beriet sich der Papst mit den Kardinälen über die wichtigsten Angelegenheiten der Kirche. Er beauftragte einzelne oder Gruppen (Kongregationen) von ihnen mit bestimmten Aufgaben, die mit der Verantwortung um die Gesamtkirche zusammenhingen.
Im 16. Jahrhundert wurden die Kongregationen als ständige Versammlungen einer bestimmten Anzahl von Kardinälen geschaffen, die neben schon bestehenden Gerichtshöfen und Sekreta-riaten für ein funktionierendes Leben in der Kirche Sorge trugen. Es war dem Reformeifer eines Papstes aus dem Minoritenorden, Sixtus’ V. (1585-1590), zu verdanken gewesen, dass eine Verwaltung entstand, die in ihren Grundzügen bis in unsere Tage hinein existiert.
KURIENREFORM DURCH PAUL VI.
Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) wurde mit großem Engagement über die Kurie diskutiert. Im Dekret „Christus Dominus“ stellten die Konzilsväter fest: „Bei der Ausübung der höchsten, vollen und unmittelbaren Gewalt über die Gesamtkirche bedient sich der Papst der Behörden der Römischen Kurie. Diese versehen folglich ihr Amt in seinem Namen und mit seiner Vollmacht zum Wohle der Kirchen und als Dienst, den sie den geweihten Hirten leisten.“
Die Teilnehmer der Kirchenversammlung wünschten, „dass unter die Mitglieder der Behörden auch einige Bischöfe, besonders Diözesanbischöfe, aufgenommen werden, weil nur sie umfassend gegenüber dem Papst die Mentalität, die Wünsche und die Notwendigkeit aller Ortskirchen vermitteln“ (Nr. 8). Papst Paul VI. nahm viele auf dem Konzil geäußerte Anregungen in seiner im Jahre 1967 erlassenen Kurienreform auf. Der selige Johannes Paul II. erließ zwei Jahrzehnte später die Verfügung „Pastor Bonus“ (1988), mit der er die Kurienreform weiter fortführte. Als einflussreichste Behörde der Römischen Kurie gilt das Päpstliche Staatssekretariat. Sie ist die zentrale Institution für die Verfügungen, die der Papst trifft, und wird vom Kardinalstaatssekretär geleitet.
GEGEN KLERIKALEN KARRIERISMUS
Neun Kongregationen widmen sich den wichtigsten Bereichen im Leben der Kirche. Drei Gerichtshöfe regeln die Ausübung der geistlichen Rechtsprechung. Unter den übrigen vatikanischen Behörden – den verschiedenen päpstlichen Räten, Kommissionen und Ämtern – sind vor allem die Präfektur des Päpstlichen Hauses zu nennen, der die Audienzen des Heiligen Vaters anvertraut sind, und das Amt für die liturgischen Feiern, das sich mit dem Ablauf aller gottesdienstlichen Feiern des Papstes befasst.
Die Päpste haben von Anfang an die Römische Kurie nicht als ein Herrschaftsinstrument betrachtet, sondern als helfende und unterstützende Hand des Petrusamtes. Benedikt XVI. hat im ersten Jahr seines Pontifikats beständig den Dienstcharakter des Bischofs von Rom betont. In Predigten und Ansprachen geißelte er den klerikalen Karrierismus und rief sich und seinen Mitarbeitern in Erinnerung: „Die totale und großzügige Verfügbarkeit im Dienst für die anderen ist das Unterscheidungsmerkmal dessen, der in der Kirche mit Autorität ausgestattet ist.“