Ein Plädoyer für Nächstenliebe und Solidarität
Nicht nur als Vorsitzendem des Stiftungsrats der Maximilian-Kolbe-Stiftung liegt der polnische Franziskaner-Minorit dem Bamberger Erzbischof am Herzen. Im folgenden Beitrag zieht er die Linie bis zu Papst Johannes Paul II. und zeigt die bleibende Bedeutung von P. Maximilian auf, dessen Todestag sich am 14. August zum 80. Mal jährt.
Der 80. Todestag des heiligen Maximilian Kolbe, der am 14. August 1941 im Hungerbunker des Konzentrationslagers Auschwitz gestorben ist, wird im Gedächtnisjahr des 100. Geburtstags vom heiligen Papst Johannes Paul II., geboren am 18. Mai 1920 in Wadowice, begangen. Im theologischen Denken und in der Spiritualität von Karol Wojtyła sowie für sein kirchliches und gesellschaftliches Wirken war der heilige Maximilian Kolbe von herausragender Bedeutung.
Beziehung zu Jesus und zum Menschen
Johannes Paul II. hat ausnehmend viele Christinnen und Christen in das Verzeichnis der Seligen und Heiligen der katholischen Kirche aufgenommen. Zwei aus seiner polnischen Heimat waren ihm besonders wichtig und für sein Pontifikat programmatisch: die heilige Schwester Faustina Kowalska und der heilige Pater Maximilian Kolbe. Für Papst Johannes Paul II. verkörperten sie die beiden Seiten der christlichen Identität.
Christsein besteht in einer bilateralen Beziehung, einmal zu Jesus Christus, dem menschgewordenen, barmherzigen Gott und Heiland, und zum anderen zu den Menschen, die in Nächstenliebe und Solidarität eine weltumspannende Einheit in Gerechtigkeit und Frieden bilden sollen.
Diese bilaterale christliche Identität lebte Karol Wojtyła, erforschte und lehrte sie als Professor in Lublin, feierte sie in Gottesdiensten, besonders in der Eucharistie, und verkündete sie in Predigten, Katechesen, Enzykliken und Schriften. Für die beiden Seiten stehen Schwester Faustina Kowalska und Pater Maximilian Kolbe als Protagonisten und Vorbilder.
Barmherzigkeit und Nächstenliebe
Nach seinem ersten Schreiben „Redemptor hominis“ widmete Papst Johannes Paul II. seine zweite Enzyklika „Dives in misericordia“ der göttlichen Barmherzigkeit. Schwester Faustina Kowalska hat in ihren Visionen den barmherzigen Jesus gesehen und ihr war der Auftrag erteilt worden, den barmherzigen Heiland zu verkünden und verehren zu lassen sowie zum Gebet aufzurufen: „Jesus, ich vertraue auf dich“. Papst Johannes Paul II. schrieb: „Die Botschaft von der göttlichen Barmherzigkeit ist mir immer nah und kostbar, sie hat gewissermaßen das Bild meines Pontifikates mitgestaltet.“
Aus der Erfahrung des barmherzigen Jesus muss die andere Seite der christlichen Identität – wie selbstverständlich – hervorgehen: Nächstenliebe und Solidarität mit allen Menschen, besonders den Notleidenden und Schwachen. Für diese zweite Seite steht Maximilian Kolbe, der im KZ von Auschwitz aus Nächstenliebe und Solidarität sein Leben hingab für einen Mitgefangenen.
In seiner Enzyklika „Sollicitudo rei socialis“ im Jahr 1987 nennt Johannes Paul II. Heilige, die „wunderbare Zeugnisse einer solchen Solidarität“ gegeben haben und „als Beispiel in den gegenwärtigen schwierigen Umständen dienen“ können. Über Maximilian Kolbe schreibt er: Er habe „sein Leben für einen ihm unbekannten Gefangenen im Konzentrationslager von Auschwitz/Os´wie˛cim hingegeben“ (Abschnitt 40).
Hass und Gewalt überwinden
Für Papst Johannes Paul II. ist Maximilian Kolbe der Heilige der Nächstenliebe und der Solidarität. Er ist ein wichtiger Heiliger des 21. Jahrhunderts und des 3. Jahrtausends. Nach viel Hass, Gewalt und Krieg im 20. Jahrhundert soll er Vorbild der Nächstenliebe und Solidarität sein.
Deshalb war es für Johannes Paul II. auch wichtig, dass Maximilian Kolbe als Märtyrer verehrt wird und nicht nur als Bekenner. Im Seligsprechungsprozess und im Seligsprechungsdekret durch Papst Paul VI. (1971) wird Maximilian Kolbe „Bekenner“ genannt. Durch die Änderung der Selig- und Heiligsprechungsprozesse hat Papst Johannes Paul II. es ermöglicht, dass er den seligen Bekenner Maximilian Kolbe im Jahr 1982 zum heiligen Märtyrer der Nächstenliebe und Solidarität proklamieren konnte.
Die Bemühungen von Johannes Paul II. um die Person und Persönlichkeit des heiligen Maximilian Kolbe machen dessen bleibende Bedeutung deutlich. In einer Welt ohne radikale Nächstenliebe, die nur aus der Erfahrung der unermesslichen Barmherzigkeit Gottes, die Schwester Faustina verkündet hat, möglich ist, kann es kein friedvolles und gerechtes Leben in dieser Welt geben.
Der Kreislauf von Hass und Gewalt muss immer wieder von einzelnen Märtyrerinnen und Märtyrern durchbrochen werden, um Frieden und Einheit, trotz aller Rückschläge in der Geschichte der Menschheit, zu bewahren. Das ist im Denken und Tun von Maximilian Kolbe deutlich. Ihn zu verehren, ist für den persönlichen Glauben und für die Hoffnung in der Menschheitsgeschichte wichtig.
Die immer neue Überwindung von Menschenverachtung und Gewalt, von Unterdrückung und Morden wird auch in Zukunft möglich sein durch heilige Märtyrerinnen und Märtyrer der Nächstenliebe und der Solidarität, wie es MaximilianKolbe einer war.