Entwicklung braucht Entschuldung
| London im Jahr 1953: Im Londoner Schuldenabkommen verzichten die Gläubigerländer des zerstörten Deutschlands auf einen großen Teil ihrer Forderungen, die zum Teil noch vom Ersten Weltkrieg herrührten. Durch diese Maßnahme wurde es Deutschland möglich, Staatseinkünfte in den Wiederaufbau des Landes anstatt in den Schuldenabbau zu stecken. Schon wenige Jahre später zeigten sich im Wirtschaftswunder die Früchte dieses Abkommens. Beispiel       Sambia: Heute sind es die       Länder der sogenannten Dritten Welt, die von einem riesigen Schuldenberg       erdrückt zu werden drohen. Darunter leidet vor allem die arme Bevölkerung.       So zahlte Sambia in den Jahren 1990 bis 1993 an den Schuldendienst 1,3       Milliarden Dollar, aber nur 37 Millionen Dollar für die Grundschulbildung       seiner Kinder. 1996 waren die Ausgaben für den Schuldendienst noch doppelt       so hoch wie für Gesundheit und Erziehung zusammen. In anderen Ländern       sieht es nicht besser aus. Viele Länder unterwerfen sich deshalb den       Strukturanpassungsprogrammen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der       selber aber nicht neutral, sondern ebenfalls Gläubiger ist. Für Sambia       beispielsweise hatte das Programm zur Folge, daß die Regierung Gebühren       für Schul- und Arztbesuche, Medikamente und Lehrmittel einführen mußte.       Subventionen für Güter des täglichen Lebens mußten gestrichen werden, so       daß die Preise rasant stiegen und noch mehr Menschen verarmten.       Nachweislich stieg in Sambia seither die Unterernährung bei Kindern und       die Kindersterblichkeit. Heute leben ca. 80 Prozent der Sambier in       absoluter Armut. Umweltfragen werden praktisch gar nicht mehr       beachtet. Weitgehender       Schuldenerlaß bedeutet, daß alle       Zahlungsverpflichtungen eingestellt werden sollen, die über 5 Prozent der       Exporteinnahmen hinausgehen. Dies entspricht der Vereinbarung des Londoner       Schuldenabkommens. Zur Zeit gibt es jedoch viele Länder, die bis zu 25       Prozent der Exporteinkünfte an die internationalen Finanzinstitutionen       zahlen müssen für Kredite, die in den 70er Jahren günstig zu bekommen       waren. Dies soll geändert werden. Bereicherung der       Diktatoren? Ein oft gehörter       Kritikpunkt gegen den Schuldenerlaß lautet: Damit bereichern sich doch nur       die Diktatoren!. Aber gerade die Beteiligung der Zivilgesellschaft soll       dies verhindern. Hinzu kommt, daß ein Land, das den Schuldenerlaß       beantragt, alle deponierten Korruptionsgelder oder Ähnliches offenlegen       muß. Diese Gelder werden dann zur Begleichung eines Schuldenteils       herangezogen. Göttliches Gebot.       Eine Idee aus der       Bibel steht hinter der Kampagne. Im Buch Deuteronomium wird       festgelegt, daß ein Schuldknecht im siebten Jahr, dem Sabbatjahr,       freigelassen werden sollte. Das siebte Sabbatjahr wiederum galt als       Jubeljahr. Nun mußten nicht nur Schulden erlassen und Schuldknechte       freigelassen werden, sondern aller erworbener Besitz mußte an den       ursprünglichen Besitzer, meist Kleinbauern, zurückgegeben werden. Der       Grund: Eigentlich gehört aller Boden Gott, dem Schöpfer. So wurde also       verhindert, daß jemand endgültig in die Armut abrutscht. Die Maßnahmen       gegen die Armut waren dabei nicht ein Akt des Mitleids, sondern ein       göttliches Gebot. Neue Form der Sklaverei. Ähnliche Kampagnen gibt es in vielen anderen Ländern. Einen Fürsprecher finden sie übrigens auch in Papst Johannes Paul II. In seinem Schreiben Incarnationis mysterium (29.11.98) bezeichnet er die Schuldenlast als neue und subtile Form von Sklaverei und fordert in diesem Zusammenhang: Es müssen Formen der Unterdrückung beseitigt werden, die zur Vorherrschaft der einen über die anderen führen: wir haben es dabei mit Sünde und Ungerechtigkeit zu tun. | 
 
                 
                