FKA – Das Franziskanische Krankenapostolat
Wie vielfältig die „franziskanische Szene“ ist, zeigt unser Einblick in eine Initiative, die sich vor allem kranker und behinderter Menschen annimmt.
Am 26. April 1911 wird Magdalena Payerl in Stuhlrain im Chiemgau geboren. Ihr relativ normales Leben sollte sich jedoch von einem auf den anderen Tag radikal verändern: „Der Heilige Abend 1925 brach an, ich konnte noch gehen, um 14.30 Uhr zwang mich der Fortschritt der Krankheit zum Weinen. Heftige Schmerzen durchzuckten meine Beine. Um 19.00 Uhr etwa versuchte ich nochmal zu gehen. Die Schmerzen waren so groß, diesmal wollte mir das Gehen nicht mehr gut gelingen, die Knie begannen zu wanken, ich ging meine letzten Schritte… am Morgen des Christfestes erwachte ich gelähmt. Während der Hl. Nacht wurden meine Beine bis zur Körpermitte vollständig gelähmt.“ Die Diagnose der Ärzte: Spinale Kinderlähmung. Die 14 Jahre alte Leni – wie sie von allen genannt wird – ist fortan lebenslang auf Pflege und den Rollstuhl (siehe Foto unten) angewiesen.
Im Kranksein berufen
Zunächst sind es die Eltern, später ihre Schwestern, die sich bis zu ihrem Heimgang am 3. Februar 2002 über 75 Jahre um ihre Betreuung daheim kümmern. Mit Handarbeiten, vor allem dem Verzieren von Kerzen, trägt Leni zum Einkommen ihrer Familie bei. Im Jahr 1931 bittet sie um Aufnahme in den „Dritten Orden des hl. Franziskus“. Regelmäßige Treffen mit der lokalen Gemeinschaft in Rosenheim sind aufgrund ihrer Behinderung nur selten möglich. So sucht sie den Kontakt zu anderen Kranken und Behinderten. Mit der Zeit lernt sie, im Geist Jesu und des hl. Franziskus ihr Kreuz anzunehmen und das Kranksein als ihre ganz persönliche Berufung zu sehen. Über Jahrzehnte kommen zahlreiche Ordensleute, Priester und sogar Bischöfe aus aller Welt auf den Einödhof der Familie im Chiemgau, um mit Leni in ihrer „Stube“ geistliche Gespräche zu führen und die Heilige Messe zu feiern. Nöte und Sorgen Anderer nimmt sie mit in ihr Gebet und vertraut vor allem auf das Wirken des Heiligen Geistes. Nach und nach entsteht eine Gemeinschaft des Gebetes und ein Netzwerk geschwisterlicher Verbundenheit. Über die französische Krankenbriefgruppe der „Union de Malade“ lernt Leni den im Krieg verwundeten Kapuzinerpater Arno Fahrenschon kennen. Gemeinsam beschließen sie 1962, eine eigene franziskanische Krankengruppe aufzubauen: Das Franziskanische Krankenapostolat – kurz: FKA.
Für ihre vielen Verdienste um die Kranken und Behinderten sowie deren Angehörige erhält Magdalena Payerl 1987 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Zeitlebens bleibt das FKA für Leni ein Herzensanliegen: „Die Schwierigkeiten, die das Kranksein und die Hilflosigkeit mit sich bringen, haben mein Herz zu dem gemacht, was es ganz sein möchte: ‚ein kleines Licht‘ für andere leidende und kranke Menschen.“
Briefgruppen
In Deutschland und in den deutschsprachigen Nachbarländern entstehen nach und nach bis zu 40 Briefgruppen. So wie Leni das Schreiben für andere Kranke als Apostolat verstanden hat, bemühen sich die Mitglieder des FKA bis heute darum, dass behinderte und kranke Menschen zueinander finden und sich durch Annahme ihres Leidens bewusst in den Dienst der Kirche stellen.“ Dies geschieht sowohl durch die Briefgruppen als auch via E-Mail oder die Skype-Gruppe „Bonaventura“. Dort tauschen sich die Mitglieder über ein geistliches Thema, aber auch persönlich aus. Ähnlich ist das Prinzip der Briefgruppen, wo sich etwa sechs bis acht Mitschreibende regelmäßig in einer Art „analogem Chatroom“ schreiben, zwischendurch anrufen und auf andere Weise Kontakt halten. Maria aus der Briefgruppe „Elisabeth von Thüringen“ drückt es so aus: „Das FKA bedeutet für mich, Gemeinschaft zu haben mit Menschen, die leiderfahren und dabei lebensmutig sind. Die sich selbst erleben als solche, die ihr eigenes Kreuz bewusst (er-)tragen und dabei offen sind für die Kreuzträger neben sich, den gekreuzigten Christus dabei als Bruder und Beistand wissend.“
Religiöse Woche
Schon einige Jahre nach der Gründung des FKA kam der Wunsch nach persönlichen Treffen auf. Zunächst trafen sich Mitglieder einzelner Briefgruppen. Ebenso wurden Einzelbesuche bei Mitgliedern organisiert, die nicht mehr mobil sind. Seit 1976 finden dann in Offenbach/Main religiöse Freizeiten statt, später auch Einkehrtage im Westerwald oder in Cham. „Kirchenlehrer und Kirchenlehrerinnen“ lautete das Thema der letzten „Religiösen Woche“ vom 9. bis 15. Oktober 2022 in Altötting, wo sich das FKA seit 1990 im Caritas-Haus Elisabeth trifft. Neben Impulsreferaten, geschwisterlichem Austausch, den gemeinsamen Mahlzeiten, dem Besuch bei der Madonna von Altötting oder dem hl. Bruder Konrad stehen vor allem das gemeinsame Beten und Feiern der Liturgie in diesen Tagen im Zentrum; Höhepunkte im Jubiläumsjahr „60 Jahre FKA“ waren sicherlich der Dankgottesdienst und die Messfeier mit Krankensalbung.
Offen für alle
Unabhängig von Religion oder Konfession ist das FKA offen für alle „Menschen guten Willens“, egal ob krank, behindert oder gesund. Frei nach dem Motto „Wenn es Dir guttut, dann komm“ sind alle angesprochen, die durch freundschaftliche Kontakte helfen möchten, die Einsamkeit von chronisch kranken oder behinderten Menschen zu begrenzen. Dies ist möglich durch das Mitschreiben in einer Briefgruppe, das Gebet, die Teilnahme an der „Religiösen Woche“ oder durch Spenden, die insbesondere den pflegebedürftigen bzw. sozial schwachen Mitgliedern zugutekommen.