Franziskus entfacht jugendliches Feuer
Auf dem Weg nach Assisi – P. Josef Fischer aus dem Franziskanerkloster Würzburg begleitete zusammen mit Bruder Bernhardin 40 junge Menschen zum 3. Internationalen Jugendtreffen in Assisi. Neun anstrengende Tage reich an Entbehrungen, aber noch viel reicher an Geschenken: Nähe zu Gott, Verbundenheit mit den Menschen. Ein persönlicher Nachklang...
Tausende von Kilometern Anfahrtswege, 54 Mitbrüder, 45 freiwillige HelferInnen, 520 Jugendliche, 27 Nationen, 113 Zelte, 7 Wallfahrten zu 7 franziskanischen Heiligtümern (davon 6 zu Fuss), etwa 40 Stunden Gebet und Gottesdienst, 1 Runder Tisch mit einem feurigen Keniamissionar, einem christlichen Journalisten und einer Menschenrechtskämpferin, 6 Stunden Nacharbeit der Katechesen in Kleingruppen, eine Audienz in Castelgandolfo bei unserem Papst, 12 Busse - gemeinsam leben mit großem Ernst und spontaner Ausgelassenheit...
Zusammenwachsen. Das sind ein paar Zahlen des 3. Internationalen Jugendtreffen der Franziskaner-Minoriten “Giovani verso Assisi“ nahe bei der Tomba des Poverello in einer Zeltstadt auf dem Campingplatz von Assisi. Im Jubiläumsjahr 1999 waren wir zu viert aus Deutschland dabei, in diesem Jahr hatten wir, Bruder Bernhardin und ich, bereits 40 Leute um uns scharen können – wir durften vom 2. bis zum 11. August zu einer guten Gemeinschaft werden. Ein Detail: der Rahmen, liturgisch gesehen, bestand aus Highlights - Portiunkulafest und Klarajubiläum. Die bange Frage des Anfangs: “Wie sollen diese einzelnen Menschenkinder und Grüppchen aus München, Halfing, Duisburg, Schwarzenberg, Würzburg, frisch Verheiratete und Frischverliebte, sieben Ordensbrüder in einem spartanischen Häuschen (eine Gnade war der österreichische Mitbruder Bernhard als Dolmetscher in allen Lagen und der Kühlschrank!) und andere zusammenwachsen?“ wurde in Zuversicht und Vertrautheit gewandelt. Wir gingen einen gemeinsam einen schön anstrengenden äußeren und inneren Weg. Unter den Stichworten SCHMELZTIEGEL FÜR TIEFE UND WEITE sammle ich Eindrücke, die mich bis zur Stunde bewegen.
Herzensweite! Da war der erste Reisetag schon dicht gefüllt mit Außergewöhnlichem: wir liefen beim Evangelium mit staubedingter Verspätung bei der Erstprofess von Br. Tobias in die Wallfahrtskirche Maria Eck ein. Dass wir bereits um 18 Uhr in Padua ankamen, verdankten wir der Umsicht unseres Busfahrers. Dort beherbergten uns die Mitbrüder in San Massimo, ein ehemaliger Häftling zauberte eine wunderbare Pizza beim Abschied. Weite wird in dieser Erfahrung sichtbar, Herzensweite!
Der Auftakt des Jugendtreffens in Assisi am Sonntagabend war noch nie so kreativ gewesen: erst der gemeinsame Einzug aller TeilnehmerInnen in die Unterkirche San Francesco, dann die Feuer- und Flaggenwerfer auf der Piazza vor dem Konvent – in Licht und Bewegung umgesetzter Sonnengesang des Franziskus. Vorher das erste einfache Mahl auf dem heißen Steinboden vor der Basilika...
Loderndes Glaubensfeuer. Die gemeinsamen Tage hatten in dem Gebet von San Damiano einen Leitfaden, um sich selbst vor dem Angesicht des Gekreuzigten zu fragen, wo wir stehen und für wen wir gehen: Höchster, Glauben, Hoffnung, Liebe, Demut, Auftrag... Stichworte wie Perlen an einer Kette! Engagierte Referenten halfen altes Feuer wieder zum Flackern zu bringen. Symbolische Handlungen ließen Gehörtes in Fleisch und Blut übergehen: Kniebeuge aller vor dem Original-Damianokreuz, Segen empfangen Aug’ in Aug’, Fackelzug von der Rocca nach San Francesco, Gabenprozessionen mit afrikanischen Schreien und asiatischen Gongs, ...
In der Mitte des Treffens hat es mir einfach die Stimme verschlagen: nach La Verna mit viel Zeit für das Nachspüren von Wunden und Heilung! Heftig, zu heftig war dann der Umschwung beim Abend der Nationen. Spiele und Tanz, durch zwei Paduaner Mitbrüder als Animateure geleitet, zeigten mir zwar die Begeisterungsfähigkeit der jungen Leute auf andere Weise, aber die Diskoelementen berührten mich merkwürdig an diesem Wüstentag.
Papstempfang. Anderentags ging es mit dem Auseinandersetzung zum unumkehrbaren Phänomen der Globalisierung in den Katechesen weiter. Biblisch können uns die Urbilder von Babel und Pfingsten helfen, unseren Platz als Christenmenschen mit Hilfe des Geistes der Unterscheidung zu finden.
Im Innenhof von Castelgandolfo durften wir ganz aus der Nähe den Papst sehen und hören. Wir tragen den Schatz des Glaubens in gebrechlichen Gefäßen. Er weist uns den Platz an der Seite der Kranken und Armen als franziskanische Jugend zu. Antonius aus unserer Gruppe hatte das große Los gezogen, er durfte persönlich als unser Vertreter “Grüß Gott!“ sagen.
Kleines Rivotorto. Alles zusammengesehen war es für mich anstrengender als sonst, auch ein gewisser Schlauch der Entbehrung mit dem Geschenk der Nähe zu Gott und der Verbundenheit mit den Menschen. Ich spürte ganz vitale Grundbedürfnisse, die sonst wie selbstverständlich zur Geltung kommen: Trinken, Essen, genug Schlaf, Ruhe - jetzt waren sie einfach begrenzt! Und doch wurde aus unserem Häuschen in Assisi ein kleines Rivotorto und aus der Gruppe eine Pilgergemeinschaft mit einer himmlischen Geduld. Aller Verzicht wurde relativ im Angesicht der betenden internationalen Gemeinschaft. Insbesondere der Empfang des Bußsakramentes in Portiunkula, wo Brüder bei Brüdern ihren Schutt abladen konnten. Ein Name muss hier einfach erwähnt werden: P. Giuseppe de Stefano mit seinem geistlich-geistigen und brüderlich-organisatorischen Talent! Es wurde mir an manch einem Teilnehmenden deutlich, dass unser Verzicht nicht nach Nein, sondern eigentlich nach einem größeren Ja schmeckt.
Wie gut, dass sich die russische Gruppe noch einmal in Würzburg auf der Durchreise einfand, ein wunderbarer Nachklang, der fordert: es muss weiter gehen - “Illumina i nostri cuori! Erleuchte unsere Herzen!“