Frauen sorgen für Furore

14. April 2025 | von

Zig Millionen Besucherinnen und Pilger werden zum Heiligen Jahr 2025 in Rom erwartet. Auch in früheren Zeiten machten sich Viele auf den Weg nach Rom. Unser Autor berichtet von zwei Frauen aus dem 17. Jahrhundert, die während der Heilig-Jahr-Feiern besonders herausstachen.

Im Heiligen Jahr 1650 saß Innozenz X. (1644-1655) auf dem Stuhl des hl. Petrus. 16 Mal nahm der 76-jährige Pontifex die Mühe auf sich, den vollständigen Jubliäumsablass zu erwerben; mehrfach wusch er in den Hospizen armen Pilgern die Füße. Seine Hauptbuße im Heiligen Jahr hatte er jedoch wegen der Witwe seines Bruders zu leisten. Seine Schwägerin, Donna Olimpia Maidalchini, genoss in der Ewigen Stadt den Ruf, über ihn und den Päpstlichen Hof eine Art von Einfluss und Macht auszuüben, die dem Ansehen der Kirche nicht gerade förderlich war. „Das Leben der Donna Olimpia Maidalchini, welche die Kirche während des Pontifikats Innozenz’ X. regierte” hieß eine Spottschrift, die unmittelbar nach ihrem Tode erschien. 

Wenig fromm, sehr peinlich
Als man 1649 die Heilige Pforte in Santa Maria Maggiore für die Feier der Öffnung vorbereitete, kam es zu einem mehr als peinlichen Zwischenfall. Nach altem Brauch standen die in der Vermauerung der Pforte eingelassenen Münzen des vorhergehenden Jubeljahres den Domherren der jeweiligen Gotteshäuser zu. Bei dem Vorgang war auch Donna Olimpia anwesend. Als man die Kassette mit den Münzen der Mauer entnahm, bestand sie energisch darauf, dass diese ihrem Neffen, dem Kardinalprotektor der Basilika, Francesco Maidalchini, zustände und folglich ihm auszuhändigen sei. Als sich die Kanoniker diesem „Wunsch“ verständlicherweise widersetzten, kam es zu Handgreiflichkeiten, an denen sich die Adelige in persona beteiligte – der Dompropst der Erzbasilika fand sich mit blutendem Schädel auf dem Fußboden wieder. Die Römer, für ihre Spottlust bekannt, nannten die herrschsüchtige Schwägerin des Papstes von da ab nur noch Olim Pia, „die einst Fromme“. 

Wohltätige Publicity 
Auch in diesem Heiligen Jahr zur Mitte des 17. Jahrhunderts übernahmen weibliche Angehörige römischer Fürstenhäuser und Adelsgeschlechter christliche Liebesdienste an bedürftigen und kranken Pilgern. Donna Olimpia Maidalchini konnte sich diesem in Rom erwarteten sozialen Engagement nicht entziehen; das verlangte ihre Stellung als Verwandte des Papstes. „Selbst Spenden zu sammeln, fand sie jedoch unter ihrer Würde. Dafür erbaten 42 handverlesene Damen der guten Gesellschaft in ihrem Namen Almosen für die bedürftigen Pilger: Für 16.582 Scudi, die auf diese Weise zusammenkamen, konnten drei Tage lang mehr als 300.000 arme Ablass-Sucher beherbergt und verpflegt werden, wie umgehend bekannt gemacht wurde – womit der Propagandazweck des Unternehmens erreicht war“, so der Historiker Volker Reinhardt. 

Konvertierte Königin mit Eskapaden 
Im Dezember 1655 befand sich Rom in freudiger Erwartung. Königlicher Besuch stand an. Christina von Schweden zog feierlich in die Ewige Stadt ein. Die Besucherin aus dem hohen Norden hatte ihre Zeitgenossen durch den Verzicht auf ihren Thron und die Abkehr vom Luthertum überrascht. Dass die Tochter Gustav Adolfs, des mächtigsten Herrschers der protestantischen Welt, den Weg zum katholischen Glauben zurückgefunden hatte, galt als einer der größten Siege der Gegenreformation. Im Auftrag des Papstes wurde die Königin in einem wahren Triumphzug feierlich nach Rom eingeholt. Eine unüberschaubare Zahl von Kardinälen, Bischöfen, Prälaten, ausländischen Gesandten, Adeligen und Bürgern gaben ihr das Geleit: „Etwas Herrlicheres ward noch nie gesehen”, vermerkte ein Chronist voll Bewunderung über das selbst für die Ewige Stadt ungewohnte Schauspiel. Die Schwedin aber wurde kein bequemer Gast im Rom der Päpste. 
Hochgebildet, fähig, sich in mehreren Sprachen zu unterhalten, von ihrem Vater zu eigenständigem Denken erzogen und in ihrem Benehmen ausgesprochen burschikos, ließ sie sich nicht auf eine ihr zugeteilte Rolle festlegen. Tieffromm, aber dennoch den weltlichen Vergnügungen überaus zugetan, entwickelte sie sich zum enfant terrible der Ewigen Stadt. Dem Papst bereitete jede Anwesenheit der Ex-Monarchin bei offiziellen Anlässen körperliches Unwohlsein, war doch immer eine ihrer Eskapaden zu befürchten. So erhob sie bei der Eröffnungszeremonie der Heiligen Pforte 1675 ihre ein wenig raue, männliche Stimme, um lautstark einige protestantische Edelleute aus England zurechtzuweisen, die sich zu der Zeremonie nicht niedergekniet hatten. Jedermann hörte sie, einschließlich des Papstes, aber alle taten, als wäre nichts geschehen. 
Jedoch bewies sie sich durch unzählige karitative Aktivitäten. Im Heiligen Jahr 1675 ging sie in die Armenhäuser und Pilgerhospize, bediente dort die Bedürftigen bei Tische und wusch Pilgerinnen die Füße. Ihr Beispiel bewog viele Angehörige der bedeutendsten römischen Adelsgeschlechter – wie die der Colonna, Pallavicini, Rospigliosi, Caetani und Altemps – desgleichen zu tun.

Zuletzt aktualisiert: 14. April 2025
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