Für den Vatikan auf der Expo

24. Januar 2022 | von

Die Lage der Menschenrechte in den Vereinigten Arabischen Emiraten gilt als bedenklich. Unsere Autorin, seit vielen Jahren in der franziskanischen Jugend engagiert, bringt aber äußerst positive Erfahrungen von ihrem „Einsatz für den Vatikan“ mit nach Hause. In ihrem Erfahrungsbericht lässt sie uns daran teilhaben.

Auf der Expo in Dubai durfte ich vom 20. Oktober bis 11. November den Vatikan vertreten. Die ursprünglich für 2020 geplante und aufgrund der Coronapandemie auf Oktober 2021 und die Folgemonate verschobene internationale Weltausstellung, welche erstmals in einem arabischen Land stattgefunden hat, stand unter dem Motto „Connecting Minds, Creating the Future“ (Köpfe verbinden, die Zukunft schaffen). Auf dem rund 440 Hektar großen Gelände präsentierten sich 192 Länder zu den drei Schwerpunktthemen: Nachhaltigkeit, Mobilität und Chancen.

Junge Erwachsene gesucht!

Der Heilige Stuhl in Rom hat daraufhin den interkulturellen Austausch und insbesondere den Kontakt zwischen Christentum und Islam in den Blick genommen, weshalb die Begegnung zwischen dem heiligen Franziskus und dem Sultan 1219 sowie der Besuch des Papstes 2019 in Abu Dhabi im Mittelpunkt standen. Der Sacro Convento in Assisi wurde für den Dienst am Pavillon um Hilfe gebeten, sodass für den sechsmonatigen Zeitraum der Ausstellung insgesamt 72 junge Erwachsene aus den weltweiten Standorten der Franziskaner-Minoriten-Klöster gesucht wurden. Wir vier Kandidaten aus Deutschland hatten großes Glück und bekamen trotz doppelt so hohen Bewerbungszahlen alle eine Zusage.

In drei vorbereitenden Zoom-Meetings bekamen wir einen groben Überblick über die Verhaltensregeln in Dubai, unsere Unterkunft in Zweipersonen-Apartments sowie den Aufbau des vatikanischen Pavillons. Da während meines Zeitraums drei Italienerinnen, eine Spanierin, zwei Rumäninnen, eine Libanesin und ein Franziskaner aus dem Libanon zu meinem Team zählten, trat ich meinen ersten Flug in die rund 5.000 km entfernten Vereinigten Arabischen Emirate Mitte Oktober alleine an.

Neue Dimensionen

In Dubai angekommen, war ich sofort überwältigt von der Größe des Flughafens und den unzähligen Taxifahrern, welche auf ihre Hotelgäste warteten. Von einem Fahrer für mich war jedoch nichts zu sehen. Kontaktdaten hatte ich zu diesem Zeitpunkt lediglich von unserem verantwortlichen Pater vor Ort. Überraschenderweise trafen jedoch die drei Italienerinnen direkt auf mich – wie wir uns gefunden haben, bleibt bis heute ein Rätsel. Ab diesem Zeitpunkt lief dann aber alles reibungslos, und erschöpft bezogen wir unser Apartment im Expo Village, welches mit 15 Hochhäusern zur Beherbergung der Expo-Mitarbeiter/innen errichtet wurde.

Am ersten Tag wurde schon die Registrierung für den Zugang zur Expo zu einer ersten Hürde. Verschiedenste Dokumente mussten hinterlegt und sich an die Kommunikation ausschließlich auf Englisch gewöhnt werden. Nach dem Passieren der Sicherheitskontrolle wurden wir dann von der gewaltigen Größe des Expoareals erschlagen und mussten uns zurechtfinden, was aufgrund der Menschenmassen nicht einfach war. Auch die ungewohnten 36°C mussten erst einmal verkraftet werden, was ich jedoch intensiv genossen habe.

Dienst und Freizeit

Am Vatikanpavillon angekommen, bekamen wir eine Führung durch die Ausstellung. Der darauffolgende Tag begann direkt mit der ersten sechsstündigen Schicht. Unsere Aufgabe bestand darin, die Besucher herzlich willkommen zu heißen und Führungen zu geben, was mich aufgrund der vielen Informationen und der englischen Sprache anfangs leicht überforderte; ich brauchte einige Tage, um in dieser anderen und für mich komplett neuen Welt anzukommen. Da die Ferientage in Dubai ab dem folgenden Tag vorbei waren und dementsprechend die Besucherzahlen an den kommenden Tagen geringer ausfielen, genügten ab diesem Zeitpunkt zwei Personen im Pavillon, sodass wir unsere Öffnungszeiten von 10 Uhr bis 22 Uhr mit jeweils nur dreistündigen Schichten abdecken konnten und viel mehr Freizeit bestand als gedacht. Damit wurde der Tag direkt dazu genutzt, nach dem Expodienst die Dubai Mall und den Burj Khalifa aufzusuchen. Überwältigt und fasziniert zugleich sahen wir uns die gewaltigen Wolkenkratzer und die bekannten Wasserspiele an. Immer wieder fiel mir auf, wie sauber es überall ist und wie unzählig viele Reinigungskräfte an den Metrostationen, den Einkaufscentern, aber auch auf allen öffentlichen Plätzen tätig sind. Außerdem sorgen Kamerasysteme und Sicherheitspersonal für Ordnung und beobachten alles ausführlich, was anfangs ungewohnt, aber auch nützlich ist, da mir bei jeglichen Fragen stets mit sehr großer Hilfsbereitschaft weitergeholfen wurde.

Internationale Begegnungen

Allgemein habe ich Dubai während meines Aufenthaltes als sehr offene und interkulturelle Stadt erleben dürfen. Das Tragen von kurzen Hosen, Kleidern oder Tops war überall möglich. Die Leute in Geschäften, auf Märkten und auf der Expo waren stets aufgeschlossen und freundlich. Getränke und Snacks wurden angeboten und sich überall nach dem Wohlbefinden erkundigt, was für die arabische Kultur normal ist, für mich anfangs jedoch ungewohnt war. Während meiner Schicht für den Vatikan hatte ich die Chance, mit vielen verschiedenen Leuten in Kontakt zu kommen. Ich habe für deutsche Touristen Touren auf Deutsch gegeben, mich aber auch an die englische Sprache gewöhnt und tolle Begegnungen mit Menschen aus aller Welt erleben dürfen. Besonders fasziniert war ich von dem enormen Interesse vieler nichtchristlicher Besucher an unserer Ausstellung. Eine Begegnung mit zwei Sheikhs bleibt mir besonders in Erinnerung. Sie waren 2019 in Abu Dhabi als Gefolge beim Treffen zwischen dem Papst und dem Grand Imam aus Ägypten dabei und haben sich mit großer Begeisterung für unseren Pavillon interessiert. Insbesondere der gregorianische Kalender und die Fibonaccizahl, welche wir als Original-Manuskripte der vatikanischen Bibliothek aus dem 12. bzw. 16. Jahrhundert als Ausstellungsstücke zeigten, sorgten für regen Austausch.

Eigene Erkundungen

Ich selbst hatte die Chance, ebenfalls rund 120 Länderpavillons besichtigen zu können. Die enormen Gebäude und technischen Highlights haben mich stets aufs Neue fasziniert. Mein absoluter Lieblingsplatz war die Al-Wasl-Kuppel im Zentrum, wo mit Lasern und Musik ständig neue Shows gezeigt wurden. Immer wieder kam aber in mir der Gedanke auf, was mit diesen ganzen Gebäuden und Plätzen nach der Expo passieren wird und wie es mit den Jobs der unzähligen Putz- und Sicherheitskräfte weiter geht. Beantworten konnte mir das leider niemand.

Weitere Highlights meiner Zeit in Dubai waren ein Ausflug nach Abu Dhabi und Besichtigungen des Palastes sowie der Weißen Moschee, die Skyline von Dubai Marina, Global Village, Atlantis auf The Palm und das alte Dubai mit vielen Souks. Für mich als Bauingenieurin war es wahnsinnig spannend, diese imposanten Bauten aus der Nähe zu betrachten und gleichzeitig zu sehen, wie immer noch weitere Wolkenkratzer (zum Teil leider unter widrigen Arbeitsbedingungen!) gebaut werden. Auch eine Safari in die Wüste stand auf dem Programm, welche sich abschließend leider als Massentourismus herausstellte.

Alles in allem bin ich sehr dankbar für die vielen Erfahrungen und Begegnungen, die ich während meiner Zeit in Dubai erleben durfte. Es ist eine unglaubliche Bereicherung für mich, mit so vielen unbekannten Kulturen und fremden Menschen in Kontakt gekommen zu sein und mich in der Großstadt alleine zurecht gefunden zu haben. Insbesondere in unserer Kleingruppe haben sich tolle Freundschaften entwickelt und die gemeinsamen Erlebnisse werden sicher noch lange in Erinnerung bleiben und nachklingen.

Zuletzt aktualisiert: 24. Januar 2022
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