Geht achtsam um mit Schwester Erde!
Die Erde und der Himmel erwarten dein Ja. Bernhard von Clairvaux, der große Theologe und Ordensmann des Mittelalters, hat dieses Wort im Hinblick auf Maria von Nazareth gesprochen. Sie hat die Erwartung nicht enttäuscht; ihr Ja wurde zum großen Segen.
Schöpfung bejahen. Gottes Ja hat die Schöpfung ins Dasein gerufen und trägt sie. Würde Gott sein Ja zurückziehen und in ein Nein verkehren, fiele die Schöpfung ins Nichts zurück und jeder und jede Einzelne mit ihr. Auch uns Menschen hat erst ein Ja in diese Welt kommen lassen.
Die Erde und der Himmel erwarten dein Ja. Das Ja zur Erde und zum Himmel gehören zusammen. Zwei Worte von Elie Wiesel, dem jüdischen Schriftsteller, der selbst als Kind die Unmenschlichkeit des Konzentrationslagers erlebt, und vor einigen Jahren den Friedensnobelpreis erhielt, zeigen diesen inneren Zusammenhang. Es sind zwar zugespitzte Worte, aber verständlich aus der Lebensgeschichte Wiesels. Das erste Wort lautet: Wer Gott liebt und seine Geschöpfe hasst, wird schließlich auch Gott hassen. Das Zweite: Jeder Mensch, der sich für Gott hält, tötet am Ende Menschen.
Viele suchen dieser Erwartung das Ja zu sprechen, auszuweichen, indem sie gleichgültig bleiben. Gleichgültigkeit der Schöpfung gegenüber aber ist die erste Unterlassungssünde. Die zweite folgt gewöhnlich bald: Man wird zum Mittäter.
Wohlwollen Gottes. Die Erde ist einerseits Gottes gute Schöpfung. Gott, der sie gemacht hat, sah, dass es gut war. Am Schluss des sechsten Schöpfungstages kommt noch die Steigerung: sehr gut. Gottes Geist, auf den alles zurückzuführen ist, ist ein Ja-Geist. Er hat zur Schöpfung als Ganze und zu jedem ihrer Teile, also auch zu jedem einzelnen Menschen sein Ja gesagt. Das heißt: Er will, dass es dich gibt, dass du wächst und gedeihst. Dazu gehört sein Wohlwollen, seine Menschenfreundlichkeit, sein Verzeihen; freilich auch sein Fordern und Fördern in Bewährungsproben.
Freilich ist diese Schöpfung und der Mensch in ihr inzwischen auch das Ergebnis des sündigen Menschen. Die Bibel sagt nach der Sintflut: Gott sah sich die Erde an: Sie war verdorben; denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben (Gen 6,12).
Verhältnis vergiftet. Gott hatte dem Menschen seine ganze Liebe geschenkt. Er hat erfüllende Arbeit, hilfreiche Gemeinschaft mit den Tieren und eine ihm entsprechende Partnerin geschenkt. Diese Gaben wurden durch die Sünde des Menschen gestört und gebrochen. Weil der Mensch Gott nicht mehr als Gott bejahte und sich ihm gegenüber selbstständig machen wollte, weil er selbstherrlich war, ist sein Verhältnis zur Arbeit, zu den Tieren und zur Partnerin gebrochen, ja er wird fähig zum Brudermord.
Verwalter der Erde. Da der Mensch Abbild Gottes ist, hat er die Aufgabe, an Stelle Gottes, im Namen Gottes, die Schöpfung zu verwalten. Er hat keine freie willkürliche Verfügungsgewalt über sie, sondern Gott hat ihn gewissermaßen als seinen Stellvertreter eingesetzt, damit er in seinem Sinn diese Welt verwalte. Konkret heißt das: du, ich vertrau dir dieses Stückchen Erde, diese Wiese, diesen Baum, dieses Wasser, die Luft, dieses Kind an. Geh damit um, hege und pflege es, wie ich, der Schöpfer damit umgehen möchte. Mach meine Art, mach mein Ja erfahrbar.
Leben erhalten. Wir sollen nicht nur dort, wo schon Schaden angerichtet ist, helfen, sondern die Schadensmaschine anhalten. Was uns Menschen bei der Verwirklichung dieses Ja zukommt, lässt sich am besten mit den Begriffen Fürsorge und Verantwortung wiedergeben. Aller Umgang mit der Schöpfung Gottes muss das Ziel haben, Leben zu erhalten. Leben gehört nicht dem Menschen, sondern ist fremdes Eigentum, Eigentum Gottes. Gerade dem menschlichen Leben gegenüber haben wir eine besondere Verantwortung. Sie wird am besten in einer geschwisterlichen Haltung zur Schöpfung verwirklicht.