Geschenk und Herausforderung
In einer Anekdote erzählen die Weisen Israels von einer Klage des Sabbats vor Gott. Der Sabbat beklagte sich: Jedem Wochentag hast du einen Partner gegeben, nur ich bin allein geblieben!. Die Antort Gottes lautete: Knesset Israel, die Versammlung Israels sei dein Partner!
Sabbat und Volk Israel. Die Verbindung zwischen dem Volk Israel und dem Sabbat wird seit der Antike auch von den nicht-jüdischen Staaten anerkannt, in denen die Juden nach dem Verlust des eigenen Staates leben müssen. Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius (1. Jh. n.Chr.) überliefert im 14. und 16. Buch seines Geschichtswerks Jüdische Altertümer Edikte und Briefe, in denen römische Behörden das religiöse Leben der Juden gegen Übergriffe griechischer Städte schützen. Auf Grund ihrer Sabbatbräuche waren Juden vom Militärdienst ausgenommen. Auch mussten sie am Sabbat nicht vor Gericht erscheinen. Die Beobachtung des Sabbats gehört seit der Antike zu den, auch von anderen, anerkannten Merkmalen jüdischen Lebens.
Befreiung und Verpflichtung. Die Beobachtung des Sabbats gehört nach dem biblischen Zeugnis zum Kernbestand des Bundes zwischen dem Volk Israel und seinem Gott. Auf die befreiende Tat Gottes, der Israel aus der Sklaverei Ägyptens herausgeführt hat, antwortet Israel mit seinem Ja zu den Zehn Geboten. In der Überlieferung des Deuteronomiums wird die Beobachtung des Sabbats ausdrücklich mit Gottes befreiendem Handeln verbunden: Achte auf den Sabbat: Halte ihn |
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heilig, wie es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht hat. Sechs Tage darfst du schaffen und jede Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Rind, dein Esel und dein ganzes Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat. Dein Sklave und deine Sklavin sollen sich ausruhen wie du. Denk daran: Als du in Ägypten Sklave warst, hat dich der Herr, dein Gott, mit starker Hand und hoch erhobenem Arm dort herausgeführt. Darum hat es dir der Herr, dein Gott, zur Pflicht gemacht, den Sabbat zu halten (Dtn 5,12-15).
Losgelöst von den Zwängen. In den biblischen Texten (vgl. auch die zweite Überlieferung der Zehn Gebote im Buch Exodus 20,2-17) ist der Sabbat durch einige Anliegen gekennzeichnet.
Da ist zum einen das Streben nach Gleichheit. Der Sabbat ruft ins Gedächtnis, dass alle Menschen gleich sind; Herr und Sklave, Reiche und Arme, Einheimische und Fremde stehen gemeinsam und in gleicher Würde vor dem Gott Israels. Selbst die Haustiere sind in die Sabbatruhe miteinbezogen.
Ein weitere Forderung ist die Ausrichtung auf geistige Werte. Der Sabbat unterbricht die Geschäftigkeit der Wochentage, damit die Gläubigen sich auf die Tiefendimension ihres Lebens besinnen. Die Lesung der Heiligen Schrift, das Studium der Tora, die Gebete in Familie und Synagoge sollen zu den geistigen Werten des Lebens hinführen.
Nicht zuletzt dient der Sabbat zur Festigung der Familien- und Freundschaftsbande. Der Sabbat will zusammenführen. Während der Woche bleibt auf Grund von Arbeit und Schule oder verschiedenen Verpflichtungen wenig Zeit für das gemeinsame Gespräch. Am Sabbat versammelt sich die gesamte Familie um den festlich geschmückten Tisch. Mit dem Entzünden der Sabbatkerzen, dem Segensgebet über einen Becher Wein (Kiddusch) wird der Sabbat gemeinsam begonnen.
Rabbinische Exegese. Beim aufmerksamen Lesen der Zehn Gebote in den Büchern Exodus und Deuteronomium fällt auf, dass das einleitende Befehlswort in den beiden Überlieferungen verschieden ist. Gedenke des Sabbats! heißt es in Exodus 20,8, Achte auf den Sabbat! in Deuteronomium 5,12. Die Rabbinen leiteten aus diesen beiden unterschiedlichen Befehlswörtern zwei Seiten der Sabbatgesetzgebung ab. Gedenke deuteten sie als Gebot, positive Dinge zu tun, um den Sabbat heiligzuhalten, ihn als etwas Besonderes zu betrachten und ihn von den übrigen Wochentagen zu unterscheiden. Achte beinhaltete für sie dagegen das Verbot, am Sabbat Arbeit zu verrichten, ihn vor Entweihung durch Wochentagsarbeiten zu bewahren.
Bräuche heiligen den Tag. Die Heiligkeit und der Freudencharakter des Sabbats werden durch traditionelle Bräuche zum Ausdruck gebracht.
Um dem Sabbat zu gedenken, wird das vor seinem Anbruch das Haus aufgeräumt, der Tisch geschmückt, ein aufwendigeres Mahl zubereitet. Gemeinsam beginnt man den Sabbat durch ein Lichtritual (Entzünden der Sabbatkerzen) und den Segensspruch über den Wein (Kiddusch). Der Sabbat ist geprägt durch Gottesdienst und Gebet, gemeinsamen Tisch und Schriftstudium. Mit einem Ritual wird der Sabbat beschlossen.
Um den Sabbat zu achten werden am Sabbat verschiedene Tätigkeiten vermieden (nach I.M. Lau).
- Mache keine Gänge!. Am Sabbat gehen wir nicht wie an einem Wochentag. Wir vermeiden lange Schritte, Hetze, übermäßige Hast, unnötige Eile und alles, was unseren Gang in der Woche kennzeichnet.
- Betreibe keine Geschäfte! Alle Geschäfte, Arbeit, Studium, Streben nach materiellen Dingen sind am Sabbat verboten.
- Führe keine Verhandlungen führst. Am Sabbat sollen wir nicht wie an einem Wochentag reden. Ebenfalls tabu ist die Lektüre der Tageszeitung (Börsenkurse) sowie von Geschäftsbriefen und Rechnungen.
Der Sabbat ist Geschenk und Herausforderung. Gott lädt die Menschen ein, nicht nur in der Aktivität, sondern auch in der Beschauung an seinem Schöpfungswirken teilzunehmen. Erst im Ruhen kommt alles Tun zur Vollendung. Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte (Gen 2,2-3).