Ghana trauert

27. März 2009 | von

Die Paduaner Ordensprovinz trauert um einen Pionier ihrer Mission in Ghana: P. Emilio Gallo. Er kam im Januar bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Von der Beisetzung berichtet P. Giuliano Abram, dessen Bruder,

P. Giorgio, ebenfalls als Missionar in Ghana wirkt. Unseren Lesern ist dieser bekannt, weil er sich für am Buruli-Geschwür Erkrankte einsetzt (vgl. Sendbote Juni 2006, Caritas Antoniana).



 Ein schwerer Verkehrsunfall ereignete sich am 5. Januar 2009 im Norden von Ghana, bei dem vier Menschen ihr Leben verloren: P. Emilio Gallo (68 J.) aus der Ordensprovinz Padua, Missionar in Ghana; P. Peter Kuupine (41 J.), Guardian in der Küstenstadt Saltpond; eine afrikanische Ordensschwester und ein afrikanischer Laie. Schwer verletzt wurden P. Charles Kabir und drei Kleriker-Studenten. In Nandom hatten sie das 75. Weihe-Jubiläum der größten Steinkirche Westafrikas gefeiert, für deren Erhebung zur Basilika sich P. Emilio sehr eingesetzt hatte. Nun waren sie auf dem Weg nach Saltpond, um an den spirituellen Einkehrtagen aller Franziskaner-Minoriten Ghanas teilzunehmen. Sie hatten sich auf eine lange Reise von 900 Kilometern eingestellt, doch schon bald nach der Abfahrt war diese zu Ende.



Tragischer Unfall



Als der hintere Reifen platzte, verlor der Fahrer P. Charles Kabir die Kontrolle über den vermutlich überladenen Kleinbus. Dieser prallte gegen eine Brücke und überschlug sich mehrmals, bevor er an einem Baum zum Stehen kam. Die Ordensschwester und der Laie starben noch an der Unfallstelle, P. Emilio, P. Peter und vier weitere Personen (der Fahrer P. Charles Kabir; drei Ordensstudenten mit einfacher Profess) wurden schwer verletzt. P. Peter und P. Emilio wurden ins Krankenhaus gebracht, wo P. Peter schon bald seinen schweren Verletzungen erlag. Pater Emilio litt unter inneren Blutungen, die durch einen chirurgischen Eingriff gestoppt werden sollten. Die Operation schien gelungen, denn der Schwerverletzte war bei Bewusstsein und fragte den herbeigeeilten Bischof nach den anderen Opfern. In der Nacht jedoch verschlechterte sich sein Zustand und er starb.



Der Verlust zweier Geistlicher, die solch wichtigen Dienst leis-teten, wirft immer die Frage nach dem Warum auf: Warum gerade jetzt, Herr, wo sie doch auf dem Höhepunkt ihres pastoralen und apostolischen Schaffens waren? Auf diese Frage gibt es keine plausible Antwort, und doch spricht der Herr: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege. Das große Kruzifix im Presbyterium der Kirche von Takoradi erinnert uns daran, dass nach dem Kreuz die Auferstehung kommt.



P. Emilio Gallo gehörte zur ersten Gruppe von Franziskanern, die 1977 von Padua aus nach Afrika aufbrachen, um dort eine neue Mission zu gründen. Die ersten Jahre in Ghana nutzte er, um sich mit Sprache, Tradition und Mentalität der Bevölkerung vertraut zu machen. Sein erstes großes Werk war die Gründung der Christ-König-Pfarrei in Effia-Kuma, wo zuvor ein kleines Grüppchen Gläubiger nur sporadisch von einem Priester aus Takoradi betreut wurde. Am Ende seiner Amtszeit zählte die Gemeinde sehr viele Gläubige, die meisten von ihnen wurden als Erwachsene getauft. Zu der Hauptgemeinde gehörten die umliegenden Dörfer als Außenstationen. Inzwischen ist die Großgemeinde in zwei Pfarreien aufgeteilt, insgesamt feiern dort über 3.000 Gläubige den Sonntagsgottesdienst.



Reiche Lebensernte



Das von P. Emilio ins Leben gerufene Pfarrblatt ist heute mit einer Auflage von 25.000 Exemplaren die wichtigste katholische Monatszeitschrift in Ghana. 1987 berief ihn der erste Bischof von Sunyani zum Pfarrer seiner Kathedrale und beauftragte ihn mit der Schulung der jungen Priester, die nach und nach die Missionare ersetzen und neue Pfarrgemeinden in der großflächigen Diözese gründen sollten. Zudem kümmerte sich P. Emilio um die katholischen Schulen der Diözese.



Dann wechselte er in den Konvent von Cape Coast und war sieben Jahre lang verantwortlich für die Seelsorge in der Peripherie von Elmina, die aus vielen kleinen Dörfern besteht. Überall kümmerte er sich um die Restaurierung oder den Bau von Kirchen und Pfarrzentren. Immer konnte er auf die Freundschaft und finanzielle Unterstützung seiner Landsleute zählen. In Cape Coast war P. Emilio ein gefragter spiritueller Berater, besonders geschätzt von Ordensschwestern und Priestern.



Bis zum letzten Kapitel im Jahr 2005 war er Kustos, danach kümmerte er sich um die Seminaristen von Accra. In dieser Zeit gründete er auch eine neue Gemeinde in der Peripherie der Hauptstadt. Sein „Stil" bei der Missionierung ist gekennzeichnet durch die guten Beziehungen zu den einzelnen Gemeinden und zu den Gläubigen. Wichtig waren ihm die pastoralen Aufgaben der Katechese und die Spendung der Sakramente sowie die Nähe zu den Gläubigen.



Zur Beerdigung am 24. Januar in Effia-Kuma (Takoradi) waren auch zwei Brüder von P. Emilio und einige Freunde aus Italien angereist. In der großen Anteilnahme der Bevölkerung und des Klerus kam der große Respekt und das Wohlwollen, das sie dem italienischen Missionar und dem ghanesischen Priester entgegenbringen, zum Ausdruck. Gekommen waren der Kardinalprimas von Ghana, der Apostolische Nuntius, sechs Bischöfe und 160 Priester als Konzelebranten. Über 3.000 Menschen waren zusammengekommen in der großen Kirche von Takoradi und unter den Zeltplanen, die den gesamten Kirchplatz überdeckten.



Beerdigung als Fest



Die Beerdigung der Unfallopfer wurde nicht nach einheimischen Riten zelebriert und war eher schlicht. Ghanesische Riten rund um den Tod erscheinen ausländischen Gästen seltsam und außergewöhnlich, vor allem, wenn sie in ihrer Nachtruhe gestört werden von einer ausgelassenen Feier und dann erfahren, dass es sich um eine Beerdigung handelt. In Ghana erfolgt der Abschied von einem geliebten Menschen in drei Phasen: Meist unmittelbar nach dem Tod wird der Verstorbene im engsten Familienkreis beigesetzt. Dann folgt die Zusammenkunft der gesamten Familie, die drei Tage dauert und in größerem zeitlichen Abstand zur eigentlichen Beerdigung erfolgen kann, damit alle Familienmitglieder dabei sein können. Heute werden diese ersten beiden Phasen häufig zusammengelegt, was bedeutet, dass der Leichnam so lange konserviert werden muss, bis alle angereist sind. Das bringt natürlich hohe Kosten mit sich. Die dritte Phase ist die sogenannte Danksagung, die auf die Trauerfeier folgt und von einem Kultdiener durchgeführt wird.



Die Kirche in Ghana hat versucht, die große Verschwendung im Rahmen der Feierlichkeiten mit Richtlinien einzuschränken durch Verkürzung der Wartezeiten. Es scheint sich langsam etwas zu ändern, und die Franziskaner haben durch die in einfachem Stil gehaltene Beerdigung ihrer Mitbrüder ein klares Zeichen gesetzt.



Ein großer Teil der Kosten fällt für die mehr als extravaganten Särge an, die auf der ganzen Welt berühmt sind. Ihre Form gibt Hinweise auf den Beruf oder die Lieblingsbeschäftigung des Verstorbenen: ein Mercedes, ein Fisch, eine Bierflasche…



Für Menschen aus der westlichen Welt mag das schwer zu verstehen sein, aber es handelt sich auch hier um echte Beerdigungsriten. Es ist ein Familienfest, bei dem man zusammenkommt, um der Person zu gedenken, die keineswegs die Familie verlassen hat, sondern in eine andere Dimension der Familie, nämlich die der Vorfahren, eingetreten ist. Es ist zwar ein etwas makabrer Vergleich, aber in Ghana ist eine Beerdigung so etwas wie bei uns eine Hochzeit: Kosten, Kleider, Einladungen und Geschenke, üppiges Essen, Musik, um den Beginn eines neuen Lebens zu feiern.



Moment der Freude



Ist nun also eine Beerdingung in Ghana ein Moment der Trauer oder der Freude? Wahrscheinlich kommt beides zusammen, aber die Freude überwiegt. Wenn man die Verschuldung, die viele Familien eingehen, um diese Feierlichkeiten zu organisieren, außer Acht lässt, dann steht die Idee der Unsterblichkeit, der Übergang von einem irdischen zu einem spirituellen Leben im Mittelpunkt der ghanesischen Beerdigungsriten.



 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016