Glaube "on the road"

30. September 2019 | von

Bereits vor einigen Wochen haben wir in Padua die Jesus Biker aus Aschaffenburg getroffen, als sie dort während ihrer Motorradwallfahrt von Bayern nach Rom Station eingelegt haben: Rocker im Namen des Evangeliums für die Armen. 

Auf ihren Harley Davidsons kommen sie in kleinen Grüppchen an. Lange Bärte und lange Haare, Lederjacken mit Nieten und Aufnähern, am Hals ein goldgelbes Halstuch. Tattoos, Stiefel und zerrissene Jeans. Sicherlich hat sich am vergangenen 3. Juli so manch einer gefragt, was diese seltsamen und vielleicht auch ein wenig furchteinflößenden Typen in der 18-Uhr-Messe in der Antonius-Basilika zu suchen haben. Unter ihnen ist jedoch kein einziger Hells Angel, die ja wegen illegaler Machenschaften und roher Gewalt eine sehr traurige Berühmtheit erlangt haben, dafür aber viele Angels, Engel, auch wenn sie so gar nicht engelsgleich aussehen. Warum dann Engel? Weil diese Gruppe von Bikern, die sich Jesus Biker nennt, für viele benachteiligte Menschen wirklich zu Engeln werden, für die sie auf ihren zahlreichen Pilgertouren on the road einige Tausende Euro sammeln. Ihre letzte Solidaritätsinitiative, die sie von Aschaffenburg in Bayern, wo sie ihren Sitz haben, über Padua nach Rom geführt hat – fast 1.900 Kilometer – sah die symbolische Übergabe einer ganz besonderen Harley Davidson an Papst Franziskus vor: Dieses Motorrad von einem Wert von 150.000 Euro wurde in mehr als 2.000 Arbeitsstunden fast ausschließlich in Handarbeit gefertigt, mit einem Autogramm von Papst Franziskus versehen – und wird natürlich nicht von Franziskus gefahren, sondern gleich weiter nach Paris gebracht, wo es Ende Oktober versteigert wird. Der gesamte Erlös fließt in den Bau eines Hauses für Waisenkinder in Uganda.

Lederjacke voller Werte
Zusammen mit den Bikers reisen auch zwei bärtige Brüder der Franziskanischen Bruderschaft von Bethanien, eine noch junge religiöse Gemeinschaft, die 1982 in Apulien gegründet wurde. Wenn sie nicht ihre blau-grauen Kutten anhätten, würden sie inmitten der Motorradfahrer kaum auffallen. Einer von ihnen, Br. Alberto Onofri, der geistliche Begleiter der Gruppe, hatte Kontakt zu uns aufgenommen, um diese Initiative vorzustellen. Er hat auch unser langes Gespräch mit den Bikern im Kreuzgang der Basilika gedolmetscht.
Mit dabei war natürlich auch der Physiotherapeut Thomas Draxler, der Gründer der Gruppe. „Ich war schon immer katholisch,“ erzählt er, „aber ich hätte nie gedacht, dass ich meinen Glauben jemals auf diese Art und Weise bezeugen würde. Dann passierte eines Tages folgendes: Einer meiner Patienten, der nicht gläubig ist und zu einer Biker-Gruppe gehört, lud mich zu einer Motorradtour ein und ich sagte zu. Allerdings wollte ich eine Lederjacke tragen, mit der ich meine Werte klar zum Ausdruck bringen wollte.“ So entstand die schwarze Lederjacke, die nun alle Jesus Biker tragen, und die voller religiöser Symbole ist: Groß prangt oben der Schriftzug „Jesus Christus“, gefolgt vom Christusmonogramm Chi-Ro und unten die Worte „Weg, Wahrheit, Leben“. Nach dieser ersten Erfahrung mit seiner Lederjacke auf dem Motorrad entschied Thomas Draxler, auch weiterhin die frohe Botschaft Jesu durch die Welt zu tragen – im Sattel seines Motorrades. „Die Jesus Biker sind ein Motorradclub wie alle anderen, nur ist unser Ziel eben, das Zeugnis unseres Glaubens on the road abzulegen. Als ich damit begann, waren wir nur zu zweit. Meine Frau und ich. Dann sind nach und nach andere Biker zu uns gestoßen, mit denen ich meinen Glauben in dieser ‚ökumenischen Bewegung‘ teilen kann – zu uns gehören Katholiken, Protestanten, Pfingstler, Orthodoxe und auch Aramäer (syrisch-orthodoxe Christen). Wir fragen nach nichts Besonderem, wenn jemand unserem Club beitreten möchte, nur ein Mindestmaß an Glauben, auch wenn er noch zu fördern ist, und die Bereitschaft, sich durch das Motorrad in den Dienst der Evangelisierung zu stellen. Jede Pilgerfahrt sieht dementsprechend auch Momente des Gebetes und Treffen mit den Menschen an den Orten, durch die wir fahren, vor und denen wir Zeugnis geben möchten.“

Offenheit für Jesu Botschaft
Längst hat diese Idee die Grenzen Deutschlands überschritten: Anfragen, dem Club beizutreten, kommen aus Polen, aus Kroatien und sogar aus den USA. Und das Interesse an ihrer Aktion wächst, von vielen Seiten aus werden sie gebeten, von ihrer Erfahrung zu berichten. So geschehen kürzlich im Gefängnis von Aschaffenburg, wo sie einer Gruppe junger Häftlinge gezeigt haben, dass der Glaube auch ein ganz unerwartetes Gesicht haben kann, denn in der Kirche ist wirklich Patz für jeden.     
Eines der Mottos der Gruppe ist „Unsere Mission ist Jesus Christus“, und deshalb, so schließt Draxler, „versuchen wir, offen zu bleiben für das, was Jesus uns Tag für Tag zeigen möchte. Vor ein paar Monaten hat er uns gebeten (mit der Stimme des Papstes, den wir getroffen haben, als er auf ‚seinem‘ Motorrad unterschrieben hat), für den Papst zu beten, weil seine Aufgabe keine leichte Aufgabe ist.“ Diese Mission wurde erfüllt – on the road natürlich.  
  
 

Zuletzt aktualisiert: 14. Oktober 2019
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