Heiden entdecken den Messias

15. Dezember 2009 | von

 Eigentlich feiert die Kirche am 6. Januar Epiphanias, die „Erscheinung des Herrn". Im Volksbrauch wird der Tag aber als das „Dreikönigsfest" begangen. Freilich, von drei Königen weiß die Heilige Schrift noch nichts zu berichten. Im Matthäusevangelium ist eher vage von „Sterndeutern aus dem Osten" die Rede. Dass es drei gewesen sein sollen, folgerten Gelehrte erst im 3. Jahrhundert aus der Zahl ihrer Gaben – Gold, Weihrauch und Myrrhe. Im 6. Jahrhundert wurden sie dann zu den gekrönten Häuptern, die dem neugeborenen Christus ihre Reverenz erweisen. 



„Wir kommen daher aus dem Morgenland, wir kommen, geführt von Gottes Hand. Wir wünschen Euch ein fröhliches Jahr. Caspar, Melchior und Balthasar!" Dick eingepackt und dennoch mit roten Nasen und eingefrorenen Füßen singen die Kinder dieses Lied ununterbrochen. Und immer wieder haben sie den gleichen kleinen Zwist: Wer trägt die goldene Büchse, wer schwenkt das Weihrauchfass, wer nimmt die Kreide und wer bewahrt die Tüte mit den Süßigkeiten? Rund um den 6. Januar ist das Straßenbild in unserem Land etwas verändert, etwas orientalisch angehaucht. Dann sind etwa 500.000 Sternsinger in ihren bunten Gewändern von Tür zu Tür unterwegs, um durch Gesang und Gebet den Segen des Christkindes in die Häuser zu bringen und Spenden zu sammeln für gleichaltrige, benachteiligte Kinder in der Dritten Welt. „Kinder finden neue Wege", heißt das Motto der diesjährigen Aktion „Dreikönigs-

singen".



Nicht auf ausgetretenen Pfaden, sondern tatsächlich auf einem ganz neuen und unbekannten Weg waren auch die „Sterndeuter aus dem Osten", die „Heiligen Drei Könige" genannt, die dem Fest „Epiphanie" am 6. Januar den volkstümlichen Namen „Dreikönigsfest" gaben. Ursprünglich bezeichnet das Fest Epiphanie die Erscheinung Jesu Christi, also die Menschwerdung Gottes in der Welt durch Jesus in der Krippe. So zeigt sich Gott erstmals konkret als Heil der Menschen; Gott offenbart sich im Kind von Bethlehem.



Gott erscheint im Stall



Auch wenn sich im Laufe der ersten Jahrhunderte die Fest-

inhalte innerhalb der Kirchen des Ostens und des Westens stark verschoben haben und neue Akzente erhielten, gedachte man nach Papst Leo I. (400-461) an diesem Tag allein der Anbetung der Weisen. Etwa im 7. oder 8. Jahrhundert erfährt Epiphanie eine Erweiterung, so dass von nun an die Themen der Taufe Jesu im Jordan und der Hochzeit zu Kana hinzutreten. Diese drei Motive werden als „tria miracula" bezeichnet. Sie gehen auf älteste Überlieferungen zurück und geben einen Hinweis darauf, welchen Inhalt das Fest in der frühen Kirche hatte. Die Antiphonen in den Laudes und in der Vesper an diesem Festtag bezeugen diese tria miracula noch heute: „Drei Wunder heiligen diesen Tag: Heute führte der Stern die Weisen zum Kind in der Krippe. Heute wurde Wasser zu Wein bei der Hochzeit. Heute wurde Christus im Jordan getauft, uns zum Heil. Halleluja." Christus also ist wahrhaft erschienen in dieser Welt. Da die Schriftlesungen der Messfeier sich sämtlich auf die Anbetung der Sterndeuter konzentrieren, vor allem das Evangelium Mt 2,1-12, stehen diese heute doch wieder im Vordergrund.



Magier aus dem Osten



Dennoch muss man zugeben: Der Evangelist Matthäus verrät uns nicht viel über die Sterndeuter. Ihre Zahl ist uns nicht überliefert, ihre Namen ebenso wenig. Und von „Königen" ist schon gar keine Rede. Viele Legenden haben sich im Laufe der Zeit gebildet, angefangen beim Theologen Tertullian (um 160 - 220) zu Beginn des dritten Jahrhunderts. Er verwies auf die beiden alttestamentlichen Stellen Ps 72,10 („Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben.") und Jes 60,3 („Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz."). Somit wurden aus den Magiern Könige. Dass es drei Sterndeuter waren, behauptet Origenes (um 185-254) als erster und nimmt Bezug auf die drei mitgebrachten Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe. Ab dem 6. Jahrhundert erst werden ihnen die Namen Caspar, Melchior und Balthasar gegeben. Den Mohrenkönig finden wir dann ab dem 12. Jahrhundert durch einen unterhaltsamen Grammatikfehler: Das lateinische, vom Theologen und Geschichtsschreiber Beda Venerabilis (um 672-735) verwendete Wort „fuscus" („dunkel, schwärzlich") bezieht sich eigentlich auf den Bart und nicht auf die Hautfarbe. Erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Segensspruch „Christus mansionem benedicat", „Christus segne dieses Haus", abgeleitet.



Wie die Reliquien der Heiligen Drei Könige nach Köln kamen, lässt sich teilweise auch nur legendär erklären: Kaiserin Helena soll sie 326 in Palästina gefunden und nach Konstantinopel gebracht haben. Als Geschenk eines Kaisers erhielt sie daraufhin Bischof Eustorgius I. (Mitte 4. Jahrhundert) und überführte sie zu seinem Bischofssitz nach Mailand. Nach Köln brachte sie, historisch belegt, 1164 Kaiser Friedrich Barbarossa, wo sie seitdem in dem etwa 800 Jahre alten Reliquienschrein, dem größten des Mittelalters, im Kölner Dom ruhen und von abertausenden Wallfahrern verehrt werden.



unterwegs zu Gott



Trotz aller Legendenbildung dürfen wir den Kern der Perikope nicht übersehen: Heiden sind es, Ausländer, die als Erste den Stern haben leuchten sehen, ihre Heimat verließen und sich von Gott geführt wussten. Ihr Ziel war die Begegnung mit Jesus, dem Sohne Gottes. Somit wird deutlich: Alle Völker, alle Menschen sind zum Heil berufen. Machen auch wir uns auf den Weg, damit wir immer wieder Jesus Christus finden: „Kommt, lasset uns anbeten den König, den Herrn!"



 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016