Im Dienst der göttlichen Botschaft

13. Mai 2024 | von

Antonius hat ein festes Fundament im Glauben, nicht zuletzt dank seiner profunden Kenntnis der Heiligen Schrift. Auf diese Weise ist er ausgerüstet, um ein wirkungsvolles Werkzeug Gottes auf Erden zu sein. Er stellt sein Leben ganz in den Dienst der Verkündigung.

Der Verfasser der Antonius-Biografie Rigaldina bezeichnet es als „göttlichen Willen“, dass Antonius von den Ordensoberen zum Prediger bestimmt wurde, und schreibt, dass er sich bemühte, „den erhaltenen Auftrag auszuführen. Und er eilte über Dörfer, Städte und Burgen, wo er überall die Saat des Wortes des Lebens ausstreute und das Netz der göttlichen Lehre auswarf.“ Mit poetischen Worten beschreibt der Biograf das Wirken des Antonius im Dienst des Wortes: 
„Er war die Trompete des Gesetzes des Mose,
das Echo der Propheten,
die Stimme der Apostel,
der Bote des Evangeliums,
der Verkünder der rettenden Wahrheit.“

Mit Gott verbunden
Antonius kennt in seinem Leben viele Phasen, in denen er zurückgezogen lebte, sich ganz dem Studium widmen konnte und mittels des Gebets eng mit Gott verbunden war. Eine erste wichtige Etappe wird dabei die Ausbildung im Kloster der Augustiner-Chorherren von Lissabon gewesen sein. In der dortigen Bibliothek und später dann in der von Coimbra wird er viele Tage und Nächte zugebracht haben, um eine ganz tiefe Kenntnis der Heiligen Schrift zu erlangen. Nicht umsonst wird er später vom Papst als „Schatztruhe der Heiligen Schrift“ bezeichnet. Zu seinem Studium gehören aber gewiss auch die Kirchenlehrer und berühmte Autoren der Antike, die sein eigenes Denken prägen und weiterentwickeln. Was er sich einmal angelesen hat, vergisst er nicht. 
Ein prägendes Ereignis dürfte später vor allem die Rückfahrt von der gescheiterten Mission in Marokko gewesen sein. In dieser Zeit fragt er ganz bestimmt besonders häufig nach dem tieferen Sinn. Als er nach einem heftigen Sturm schließlich auf Sizilien strandet, wird er vor allem froh gewesen sein, überhaupt noch unter den Lebenden zu sein. Sicherlich hat ihn diese Erfahrung geprägt und immer wieder beschäftigt, besonders während der intensiven Phase seiner Gottesbeziehung in der Einsiedelei von Montepaolo. Dort gehört es zur selbstverständlichen Struktur des Alltags, dass die Brüder viel Zeit in der Stille und im Gebet verbringen: Eine gute Gelegenheit, das bisher Erlebte zu sortieren und es im Licht Gottes zu betrachten. 

Zum Zeugnis berufen
In den biblischen Berichten von der Auferstehung fällt immer wieder das Stichwort der „Zeugenschaft“. Nachdem Jesus drei Tage im Grab gelegen hat, wird er vom Vater auferweckt und erscheint nach und nach seinen Weggefährten. Er erinnert sie an die Verheißung der Schrift und an die Tatsache, dass sie nun in seiner Person erfüllt ist. Seine Jüngerinnen und Jünger sollen zu Botschaftern des neuen Lebens werden. – Petrus und Johannes bringen es dann in der Apostelgeschichte auf den Punkt: „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben.“ (Apg 4,20) Sie verkünden die Auferstehung von den Toten, auch wenn diese Botschaft nicht überall gern gehört wird. Doch sie sehen sich ganz im Dienst Jesu, ganz im Dienst seiner Botschaft, die er – nach Tod, Auferstehung und Himmelfahrt – nicht mehr selbst verkünden kann. Er bedarf der Zeuginnen und Zeugen, die sich auf ihn und seine Predigt berufen. Nirgendwo wird das deutlicher als im „Missionsbefehl“ des Matthäus-Evangeliums. Hier trägt Jesus den Seinen auf: „Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.“ (Mt 28,19-20)

Persönliche Ansprache für alle
Letztlich steht jede kirchliche Verkündigung in dieser Tradition, auch die Predigt des heiligen Antonius. Die Rigaldina beschreibt anerkennend sein großartiges Predigertalent: „Die Gebildeten bewunderten den außergewöhnlichen Scharfsinn seines Geistes, verbunden mit brillanter Redegewandtheit in einem Mann, der bei jedem Argument die Worte auf einer Waage von seltener Ausgeglichenheit abwog. Übervoll an Wissen gab er jedem mit gerechtem Maß die geeignete Unterweisung, auf solche Weise, dass er, ob er nun zu Großen oder Kleinen sprach, alle gleichermaßen mit den Pfeilen der Wahrheit traf. Gemäß den unterschiedlichen Umständen und den Personen waren seine Worte mit dem Salz gesunden Menschenverstandes gewürzt, und in der Predigt konnte er das Salz so verteilen, dass jeder es vernehmen konnte: Ob er sich nun im Irrtum befand oder erlöst war, der Sünder, den es reute und der umkehrte, der Gute wurde zum Besseren ermutigt, niemand kehrte unzufrieden zurück.“
Antonius liefert keine „Standardpredigten“ und keine vorgefertigten Musterlösungen. Er geht auf die Menschen seiner Zeit ein, weiß, was seine Zuhörerinnen und Zuhörer brauchen. Dabei redet er ihnen nicht nach dem Mund. Er schmeichelt ihnen nicht. Aber er hat wohl ein feines Gespür dafür, was die Menschen im positiven Sinn „erschüttert“ und sie der froh machenden Botschaft Jesu trauen lässt. 

Ein Ohr beim Volk
Antonius scheint schon vor 800 Jahren verinnerlicht zu haben, was Papst Franziskus 2013 in seinem Apostolischen 
Schreiben „Evangelii Gaudium“ einfordert: „Der Prediger muss auch ein Ohr beim Volk haben, um herauszufinden, was für die Gläubigen zu hören notwendig ist. Ein Prediger ist ein Kontemplativer, der seine Betrachtung auf das Wort Gottes und auch auf das Volk richtet. Auf diese Weise macht er sich vertraut, mit den Wünschen, Reichtümern und Grenzen, mit der Art zu beten, zu lieben, das Leben und die Welt zu betrachten, wie sie für eine bestimmte Menschengruppe charakteristisch sind, achtet dabei auf das konkrete Volk mit seinen Zeichen und Symbolen und antwortet auf seine besonderen Fragen. Es geht darum, die Botschaft des biblischen Textes mit einer menschlichen Situation zu verbinden, mit etwas aus ihrem Leben, mit einer Erfahrung, die das Licht des Wortes Gottes braucht. Diese Sorge entspricht nicht einer opportunistischen oder diplomatischen Haltung, sondern ist zutiefst religiös und pastoral. Es ist im Grunde eine innere Wachsamkeit, um die Botschaft Gottes aus den Ereignissen herauszulesen, und das ist viel mehr, als etwas Interessantes zu finden, um darüber zu sprechen. Das, was man zu entdecken sucht, ist, was der Herr uns in der jeweiligen konkreten Situation zu sagen hat.“

Wundersam – über den Tod hinaus
Bei Antonius haben wohl Talent, eine fundierte Ausbildung und göttliche Gnade gut zusammengewirkt, dass er einer der berühmtesten Prediger aller Zeiten geworden ist. Tausende kamen zusammen, um seine Predigten zu hören, ob in Südfrankreich, Norditalien oder schließlich in „seiner“ Stadt Padua. Er bewegte die Herzen und sorgte dafür, dass Menschen sich bekehrten und Gottes Botschaft in ihrem Leben neuen Raum gaben. Dass in der Paduaner Antonius-Basilika bis heute seine Zunge und seine Stimmbänder verehrt werden, macht deutlich, wie die Sprache für ihn das Medium war, die göttliche Botschaft zu verkünden. 
Der Verfasser der Rigaldina bringt das in der ihm eigenen Sprache auf den Punkt, wenn er schreibt: „Die Zunge des Heiligen, die überall Worte der Wahrheit verbreitet hatte, wurde, da seine sterblichen Überreste in Gegenwart des Bruder Bonaventura, damals Generalminister, später durch Gregor X. zum Kardinal und Bischof von Albano erwählt, von einem zum andern Ort gebracht wurden – da wurde seine Zunge, die Urteile der Wahrheit verkündet hatte, so schön, frisch und rot aufgefunden, so als wäre dieser Körper erst vor kurzem begraben worden. Auf diese Entdeckung hin jubelte Bonaventura, zeigte den Beistehenden die Zunge und sagte mit lauter Stimme, dass dieses Wunder bestätige, dass der Mann Gottes die unsterbliche Wahrheit verkündet habe.
O glückseliger Prediger, der du gelehrt hast
mit dem Wort und dem Beispiel, ohne Unterschied in der Person! … 
Die verhärteten Herzen der Sünder waren voller Reue
und die Zunge des Verstorbenen gibt noch heute Zeugnis von der Wahrheit.“

Zuletzt aktualisiert: 13. Mai 2024
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