Kleiner Bruder Jesu

29. Juli 2008 | von

 Charles de Foucauld widmete sein Leben der Suche nach Gott. Durch die Begegnung mit dem Islam fand er zurück zur Religion seiner Kindheit und wurde bald ein ebenso glühender Verfechter der Nachfolge Christi wie zuvor der Gottlosigkeit. Erst nach seinem Tod fanden sich Gefährten für den Orden ‚Die kleinen Brüder Jesu’.



Der Ordensgründer, Mönch und Priester Charles de Foucauld wäre dieses Jahr 150 Jahre alt geworden. Das Herz Jesu, von einem Kreuz überragt, dieses Motiv wählte er als 13-Jähriger für sein Andenken-Bildchen zu seiner Erstkommunion und Firmung. Zu diesem Zeitpunkt hatte der am

15. September 1858 in Straßburg geborene Charles schon eine sehr belastende Kindheit hinter sich. Im Jahr 1864 wurden er (sechs Jahre alt) und seine dreijährige Schwester Maria Vollwaisen. Wenige Wochen später erlebten sie den Tod ihrer Großmutter.



Zügellose Jugend. Die Großeltern mütterlicherseits, die Familie de Morlet, und die Schwester des Vaters, Tante Inès, kümmerten sich nun um die beiden. Gerade zu seiner Cousine Marie, die acht Jahre älter als er ist, entwickelte Charles einen sehr engen Kontakt. Mit ihr blieb er Zeit seines Lebens brieflich in Verbindung. Die „Briefe an Madame de Bondy" sind eine wichtige Quelle für seine Biografie. So beschrieb er ihr wenige Jahre später sein Innenleben: „Mit 17 war ich ganz und gar Egoismus, Gottlosigkeit, Verlangen nach dem Schlechten – wie außer mir." Er schaffte 1876 das Abitur und begann die Militärschule Saint-Cyr. In den zwei Jahren der Offiziersausbildung hatte er 45 Strafen wegen Ungehorsam, Faulheit und Nachlässigkeit erhalten. Weitere Stationen seines Militärdienstes waren Saumur, Pont-à-Mousson und Algerien. Dort wurde er im März 1881 wegen anstößigen Benehmens aus der Armee entlassen. Charles de Foucauld hatte nach dem Tod seines Großvaters 840.000 Goldfranken geerbt, die er in wenigen Jahren bei Prostituierten und mit Trink- und Essorgien verschleuderte.



Vom Islam bewegt. In einem anderen Brief schrieb er über diese Lebensphase: „Zwölf Jahr habe ich ohne Glauben gelebt. Am allerwenigsten schien mir die Religion meiner Jugend annehmbar mit ihrem 1 ist 3. Der Islam gefiel mir sehr mit seiner Einfachheit." Durch die Militärzeit in Algerien und vor allem durch seine wagemutige 11-monatige Reise durch Marokko hatte er den Islam kennen gelernt. Sein Werk „Forschungsreise durch Marokko" machte ihn zu einem angesehenen Forscher.



„Der Islam hat in mir eine tiefe Umwälzung bewirkt. Als ich diesen Glauben sah, diese Menschen, die ständig in der Gegenwart Gottes leben, begann ich etwas Größeres und Wahreres als die weltlichen Geschäfte zu erahnen", schrieb Charles später im Rückblick. 1886 führte ihn diese Suche zurück zum christlichen Glauben. Sein Gebet „Mein Gott, wenn es dich gibt, so lass es mich doch erkennen!" wurde erhört. Ende Oktober 1886 begegnete er in der Pariser Kirche Sankt Augustin dem Priester Henri Huvelin. Er legte vor ihm eine Lebensbeichte ab. Huvelin blieb für Charles de Foucauld über 25 Jahre geistlicher Begleiter und Freund, bis der Priester 1910 verstarb.



Radikaler Geist. So wie de Foucauld maßlos war in seinen Eskapaden, so radikal will er nun Gott suchen und Jesus nachfolgen. Im Januar 1890 trat er in einen der strengsten katholischen Orden ein, bei den Trappisten. Bruder Maria-Alberich, wie er nun hieß, ließ sich schon bald in das Priorat Akbès in Syrien versetzen. Seinem geistlichen Freund Huvelin schrieb er über diese Zeit: „Sie hoffen, dass es mir hier arm genug ist. – Nein, wir sind arm für die Begriffe der Reichen, aber nicht so arm, wie es unser Herr war, nicht so arm, wie ich in Marokko war, nicht so arm wie der heilige Franz. Das bedaure ich, doch ohne beunruhigt zu sein."



Diese „Ruhe" war 1897 vorbei, sein Suchen ging weiter. Er verließ die Trappisten und machte sich auf den Weg ins Heilige Land, wo er in Nazaret und Jerusalem als Hausknecht bei Klarissenschwestern unterkommt. „Ich habe hier gefunden, was ich suchte: in meiner Holzhütte, zu Füßen des Tabernakels der Klarissen … wirklich die Nachahmung des verborgenen Lebens Unseres Herrn in seiner Unscheinbarkeit, seiner Armut."



Herz Jesu in Algerien. Bald bewegten ihn neue Gedanken. Charles de Foucauld wollte eine Gemeinschaft um sich sammeln und verfasste eine erste Regel. Die Oberin der Klarissen von Jerusalem stellte ihm die Frage: „Warum sind Sie eigentlich nicht Priester?" Nach langem Ringen war Charles bereit. Bei den Trappisten bereitete er sich auf die Weihen vor und wurde 1901, im Alter von 43 Jahren, in Viviers zum Priester geweiht. Zwei Wochen nach seiner Priesterweihe schrieb er einem Freund in Algier: „Wir würden gerne nahe der marokkanischen Grenze so etwas wie eine kleine, bescheidene Einsiedelei gründen. … Sie würden nicht predigen, sondern jedem, der kommt, Gastfreundschaft gewähren. … Es geht um Evangelisierung nicht durch das Wort, sondern durch die Gegenwart des heiligen Sakraments und brüderliche und umfassende Nächstenliebe." Charles de Foucauld hat in diesen Zeilen sein Leben der kommenden Jahre in der Sahara unter den Nomadenstämmen der Tuareg vorgezeichnet. Über Beni Abbès im Westen Algeriens fand er im Herbst 1905 in Tamanrasset, im Süden Algeriens im Hoggargebirge, seine endgültige Bleibe. In einem Brief an seine Cousine schildert er seinen Alltag: „Die Nomaden und die wenigen Sesshaften haben sich bereits daran gewöhnt, von mir Nadeln [zum Stricken] und Medikamente zu erbitten, und die Armen kommen ab und zu um etwas Getreide. … Ich bin mit Arbeit überhäuft, weil ich so schnell wie möglich ein Wörterbuch Tuareg-Französisch und Französisch-Tuareg vollenden will." Diese Sprachstudien prägten zum großen Teil die letzten zehn Jahre seines Lebens. Er gilt bis heute als der beste Kenner der Sprache und Kultur der Tuareg des

Hoggar.



Das Herz Jesu, von einem Kreuz überragt, dazu die Worte „Jesus Caritas", hatte Charles de Foucauld zum Siegel für seine Gemeinschaft, die „Kleinen Brüder Jesu", bestimmt. Trotz aller Mühen konnte er zu Lebzeiten keinen Gefährten finden. Am 1. Dezember 1916 wird er vor seiner Klause von plündernden Tuareg erschossen.







 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016