Liebe Freunde!
Das dramatische Ereignis von Erfurt – Ende April hat ein vom Gutenberg-Gymnasium verwiesener Schüler 13 ehemalige Lehrer, zwei Mitschüler und einen Polizisten erschossen – hat nicht nur in Deutschland Entsetzen hervorgerufen. Natürlich kann man aus diesem Einzelfall nicht auf die Jugend im Allgemeinen geschlossen werden. Es wäre aber auch kurzsichtig gedacht, wenn man das Vorgefallene nur als tragische und unerklärliche Wahnsinnstat einstufen würde, unausweichlich wie eine Naturkatastrophe. Immer wieder präsentiert uns das Fernsehen Bilder aus Amerika und Europa, die Gewaltakte Jugendlicher gegen andere und sich selbst zeigen und unweigerlich Fragen aufwerfen: Ist der Boden, auf dem die Jugendlichen von heute heranwachsen gesund und fest oder gefärdet eine Art geistige Verschmutzung unsere Umwelt, aus der wir – um wie viel leichter noch junge Menschen – Gedanken und Lebensmodelle aufnehmen? Eines ist klar: Das Lamento über die schlimmen Zeiten hilft nicht weiter. Die Gesellschaft sind wir. Schon vor einigen Jahren machte der Stuttgarter Bischof Walter Kasper zu Beginn seiner Amtszeit – heute ist er Vorsitzender des päpstlichen Rates für die Einheit der Christen – eine beunruhigende Beobachtung. Er stellte bitter fest, dass immer mehr Menschen der Kirche den Rücken kehren und die Botschaft des Evangeliums Kindern und Jugendlichen wenig überzeugt. Zugleich aber fügte er hinzu, dass die Kirche ganz zu Anfang nur aus zwölf Aposteln und einer Gruppe von Anhängern Christi bestand. Dieser kleinen Gruppe sei es aber gelungen, die bis dahin unbekannte Frohe Botschaft in die ganze Welt hinauszutragen. Heute ist die Zahl der überzeugten und praktizierenden Christen erheblich größer.Warum also sollte es ihnen mit Gottes Hilfe nicht gelingen, die gegenwärtige Gesellschaft zu verändern? Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, lebte der heilige Antonius in einer ähnlichen Situation. Die Gesellschaft seiner Zeit war zwar in ihrer Grundausrichtung christlich, doch das reichlich widersprüchlich. Die Menschen lechzten nach dem Wort Gottes, aber nur wenige stillten ihnen diesen Durst. Auf ihre jeweilige Art waren Antonius von Padua, Franz von Assisi oder auch Dominikus von Guzmán große Verkünder des Evangeliums. Unser Heiliger hat sich bezeichnenderweise den Titel Lehrer des Evangeliums erworben. Daran denken wir mit besonderer Verbundenheit am 13. Juni. Antonius bleibt für uns, seine Mitbrüder, und die ganze Anonianische Familie der große Vermittler des Evangeliums, die personale Aufforderung, es zu leben und in unsere Welt hinauszutragen. Er gemahnt uns aber auch, es mit Liebe an den Armen zu verwirklichen – dieser Gedanke steckt hinter den Hilfsprojekten der Caritas Antoniana, die wir Ihnen in dieser Ausgabe empfehlen. Gemeinsam mit meinen Mitbrüdern der Basilika wünsche ich Ihnen ein fruchtbares Antoniusfest, Friede und Segen!