Liebe Freunde!

01. Januar 1900 | von

I

n den Jahren des Zweiten Weltkrieges – eine Zeit, die beherrscht wurde von tragischen Völkerfeindschaften und unvorstellbaren Verletzungen der Menschenwürde – engagierte sich in Paris ein Priester für ein scheinbar sinnloses und unmögliches Unterfangen: Versöhnung. Er diente seinen gedemütigten und zum Tode verurteilten Mitmenschen in einer Liebe, die alle Barrieren überwand.
Martha Müller zeichnet in der aktuellen Ausgabe ein kurzes, aber eindringliches Profil des Abbé Franz Stock, der auch als Wegbereiter der Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland bezeichnet wird. Ein Artikel der zugleich deutlich macht, wie kreativ und heilsam die Worte des Evangeliums sein können, wenn sie konsequent umgesetzt werden. Martha Müller zitiert einen Gefangenen, der den außergewöhnlichen Seelsorger erleben durfte: Abbé Stock habe bewiesen, dass es keinen Abgrund gibt, den christliche Liebe nicht auszufüllen vermag.
60 Jahre später und am anderen Ende Europas: Während seiner Reise durch die Ukraine Ende Juni diesen Jahres lädt der Papst das Volk ein, nach Jahrzehnten der Unterdrückung durch den atheistischen Kommunismus mit Freude das Geschenk des Evangeliums zu kosten. Den Geschmack und die Kraft des Evangeliums wiederentdecken – das wäre ein schöner Titel für das Programm gelingenden Lebens. Gewandelt durch die Zeit und angepasst an die Umgebung schenkt es auch unserer Gemeinschaft der Sendbotenleser und Freunde der Antonianischen Familie Erfüllung und Orientierung.
Wer die Sichtweise des Evangeliums wählt, vermag gegen den Strom zu schwimmen, wenn es nötig ist und hat für die Probleme unserer heutigen Gesellschaft einen tiefergehenden Blick. Ein immer noch aktuelles Problem ist die Todesstrafe, auch wenn sie in den Ländern Europas längst der Vergangenheit anzugehören scheint. Das aktuelle Thema des Monats gibt uns einen umfassenden Überblick zu dieser Thematik, die uns allen nahe geht, und das nicht nur, weil die Fernsehbilder von Hinrichtungen in den USA oder in China in uns Gefühle erzeugen. Unsere Verantwortung vor allem als Christen auf ökonomischer und kultureller Ebene für den Respekt der Menschenwürde einzutreten, endet nicht an den Grenzen Europas.
1999 forderte der Papst in St. Louis (USA), die grausame und unnötige Todesstrafe abzuschaffen. Seine Begründung: Die moderne Gesellschaft besitzt genügend andere Mittel sich zu schützen, die dem Kriminellen nicht auf endgültige Weise die Möglichkeit der Einsicht und Änderung vorenthalten.
Ein Thema, das auch andere unbequeme Fragen aufwirft, die uns unmittelbar berühren: Wie ist es möglich, dass Menschen sich zu Verteidigern der Menschenwürde deklarieren und die Abschaffung der Todesstrafe fordern, im gleichen Atemzug aber die Abtreibung, also die Tötung unschuldigen Lebens, befürworten?
Und wie sieht es mit den angewandten alternativen Strafen aus? Ist die Verhängung lebenslanger oder zeitlich limitierter Inhaftierung frei von jenem Geist der reinen Unterdrückung und Sozialrache, den wir im Zusammenhang mit der Todesstrafe verurteilen?
Liebe Freunde des Sendboten, ich wünsche ihnen Friede und Heil und die Gnade, an welchem Ort auch immer, die Freude und Kraft des Evangeliums neu zu kosten.

 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016