Wie ein Weber hast du mein Leben zu Ende gewoben, du schneidest mich ab wie ein fertig gewobenes Tuch. Jes 38,12
Oleksandra Korobova / GETTY IMAGES

Liebe Freunde!

Das Titelbild unserer November-Ausgabe weist auf ein historisches Ereignis hin, den Fall der Mauer vor 30 Jahren. Für mich als Mittdreißiger persönlich völlig unvorstellbar, dass eine Mauer unser Land – Deutschland – in zwei Hälften geteilt hat: Dass freies Reisen nicht möglich war. Dass nicht wenige Familien plötzlich getrennt waren, sich nicht mehr treffen konnten. Dass zwei völlig verschiedene Systeme im eigentlich gleichen Land nebeneinander existierten. 1989 fand dank des Engagements vieler Menschen dieser Zustand ein Ende. Mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung untrennbar verbunden ist Bundeskanzler Helmut Kohl und mit ihm sein Versprechen von den „blühenden Landschaften“. Heute wird nicht selten gefragt, wo diese denn seien. Immer noch wird der Ostteil Deutschlands als abgehängt wahrgenommen, immer noch gibt es starke Unterschiede zum Bespiel bei Gehaltsfragen und Lebensstandards. Es ist klar, dass weiterhin, auch drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung, viel getan werden muss. – Aber vergessen wir in solchen Fällen vor lauter Kritik nicht oft einfach auch die Freude über eine erreichte Leistung? Ist es nicht wunderbar, dass wir in Deutschland wieder in einem geeinten und freien Land leben dürfen und dass unser Staat auch in einem zusammengewachsenen Europa eine kräftige Stimme hat? 

Bundespräsident Steinmeier hat vor gut zwei Jahren gesagt: „Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen...“ Das bringt mich von der Mauer, die ein Land in zwei Hälften geteilt hat, zu den Mauern in meinem Kopf: Mauern, die ich um mich herum gebaut habe – Mauern, die mich von anderen Menschen trennen – Mauern, die Beziehungen stören und vielleicht sogar unmöglich machen. 

Vielleicht kann das Jubiläum des Mauerfalls auch für Sie und mich zur Gelegenheit werden, die eigenen Mauern abzutragen, oder jedenfalls die Sehnsucht wieder zu wecken, frei und ohne unnötigen alten Ballast auf andere zuzugehen. Bitten wir unseren heiligen Antonius um Mut für einen neuen ersten Schritt!

Zuletzt aktualisiert: 01. November 2019
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