28. April 2023

Liebe Leserinnen und Leser Mai 2023

Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist. (Rabindranath Tagore)
Alan Lin / Getty Images

Liebe Leserinnen und Leser! Ich bin katholisch. Seit meiner Taufe. Im Dorf meiner Kindheit ist – oder jedenfalls: war – die Mehrheit katholisch. Unsere Pfarrkirche befindet sich nur ein paar Hundert Meter von meinem Elternhaus entfernt und ich bin relativ volkskirchlich aufgewachsen. In der Jugend wurden die üblichen zweifelnden Fragen gestellt: von Jungfrauengeburt über die Unfehlbarkeit bis hin zur Auferstehung. Doch ich war katholisch – und damit war’s auch gut. Abgesehen von einer Frustphase wegen des Religionslehrers habe ich meine Konfession nie wirklich in Frage gestellt. Erst zwei, drei Jahre nach meinem Ordenseintritt wurde ich dann plötzlich konfrontiert mit der Situation, dass ich mich zwar für katholisch hielt, aber für andere „nicht katholisch genug“ war. Hier fehlte eine Kniebeuge, dort ein frommer Blick. Meine Einstellung zur Vorabendmesse passte nicht und am Habit trug ich keinen Rosenkranz. „Nicht katholisch!“ – Diese Kritik hat mich damals einigermaßen erschüttert. Heute höre ich sie nicht mehr so häufig, aber doch immer wieder. Jüngst von einem katholischen Geistlichen, der mich im Kreuzgang unseres Klosters völlig unvermittelt ansprach und meinte, dass ich als Mitglied im Synodalen Weg der Kirche in Deutschland ja ohnehin völlig neben der Spur wäre. Nun stören mich solche unerleuchteten Pauschalurteile ohnehin, doch war ich obendrein nie Mitglied der Synodalversammlung. Einmal ganz abgesehen davon, wie unanständig es ist, andere mit solchen Verdikten aus dem Nichts heraus zu überfallen. Mein „Gesprächspartner“ war auch durch nichts zu besänftigen. Das Urteil war gefallen: Nicht katholisch!

In solchen Situationen denke ich häufig an ein Zeitungsinterview eines Mitstudenten, das vor etlichen Jahren erschienen war. Die Überschrift: „Die Kirche ist ein bunter Tiergarten!“ Etwas salopp bringt das die Tatsache auf den Punkt, wie weit die katholische Kirche ist und welche Schattierungen unter dem Dach der Mutter Kirche ihren Platz haben: Sie und ich, wir alle! Es bleibt zu hoffen, dass wir uns dieser Einheit wieder mehr bewusst werden. Möge im Marienmonat Mai uns auch Maria helfen, gemeinsam neu zu Christus zu finden.

Herzlich grüßt Sie Ihr

Br. Andreas

Zuletzt aktualisiert: 01. Mai 2023
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