Mit Farbstoffen zum Welterfolg
„We create chemistry“, lautet der Slogan der BASF SE, des weltgrößten Chemiekonzerns. Farben, Munition und Tonbänder – das deutsche Unternehmen mit Sitz in Ludwigshafen am Rhein blickt auf 150 Jahre bewegte
Firmengeschichte zurück.
Wer schon einmal im Rhein-Neckarraum unterwegs war, dem ist die Stadt bestimmt aufgefallen, die in Wirklichkeit eine einzige Fabrik ist. Über Kilometer fährt man entlang an Schornsteinen und Betriebshallen. Ein riesiges Gelände mit Arbeitsplätzen für über 50.000 Menschen in Ludwigshafen. Etwa die Hälfte der Mitarbeiter eines der größten und traditionsreichsten deutschen Chemieunternehmen ist hier beschäftigt. Dieses Jahr feiert die „Badische Anilin- & Soda-Fabrik“, kurz BASF, 150-jähriges Firmenjubiläum.
Firmensitz durch Subvention
Am 6. April 1865 gründete Friedrich Engelhorn die Fabrik in Mannheim. Das Startkapital betrug damals bereits 1,4 Millionen Gulden. Engelhorn war Besitzer einer Leuchtgasfabrik, der „Badischen Gesellschaft für Gasbeleuchtung“, und hatte schon seit 1861 mit der Herstellung von Teer- oder, wie man damals sagte, Anilinfarbstoffen experimentiert. Nun sollte also der Start in die kommerzielle Farbenproduktion gelingen. Doch der Grunderwerb in Mannheim scheiterte, woraufhin er sich auf der anderen Rheinseite umsah, in der damaligen Bayrischen Kurpfalz. Natürlich werden auch die üppigen Subventionen von circa. 1,5 Millionen Gulden eine Rolle gespielt haben, die König Maximilian II. dem Gründer gewährte.
Friedrich Engelhorn war ein sozialer Unternehmer, der sich um Arbeitsschutz und Gesundheit seiner Mitarbeiter sorgte. Bereits im Jahr nach der Firmengründung wurde der erste Betriebsarzt eingestellt und Werkswohnungen errichtet.
Nobelpreis für die Ammoniaksynthese
In den Anfängen der Firmengeschichte erforschten bedeutende Chemiker immer neue Farbstoffe und deren synthetische Herstellung, da die vorherrschenden Naturfarbstoffe die wachsende Nachfrage der Textilindustrie nicht mehr befriedigen konnten. Darauf beruhte der Erfolg des jungen Unternehmens.
Der weltweite Erfolg der Farbstoffe ließ die BASF schnell expandieren. Um 1880 gab es bereits Niederlassungen in New York und Moskau, 1900 beschäftigte man schon etwa 6.700 Mitarbeiter. Ein Schwerpunkt des Unternehmens lag stets auf der Forschung. Der BASF-Chemiker und spätere Vorstandsvorsitzende Carl Bosch war, zusammen mit dem Karlsruher Professor Fritz Haber, einer der Entwickler eines Verfahrens zur Ammoniaksynthese. Das sogenannte Haber-Bosch-Verfahren brachte beiden den Nobelpreis und der Welt die Möglichkeit, anorganische Kunstdünger herzustellen – ein Durchbruch für die Weltlandwirtschaft, dessen Bedeutung im Kampf gegen den Hunger nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Aber auch bei der Sprengstoffherstellung für den Bergbau findet der industriell gefertigte Ammoniak Anwendung.
Lebensfreundlich, lebensfeindlich
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges erkannte man schnell die Bedeutung des Ammoniaks für die Munitionsherstellung. Chlorgas und Phosgen, die eigentlich bei der Herstellung von Medizin gebraucht wurden, kamen nun als Giftgas zum Einsatz. Nahezu die gesamte Produktion der BASF fand im Kriegseinsatz Verwendung, und so brachten Produkte, die entwickelt wurden, um zu heilen und zu ernähren, nun Millionen den Tod.
Die Farbenproduktion kam durch den Krieg fast zum Erliegen, da der Großteil des Absatzmarktes im Ausland lag. Nach Kriegsende machte die im Versailler Vertrag festgelegte Beschlagnahmung von Produktionsstätten im Ausland der BASF sehr zu schaffen. Die Hiobsbotschaften wollten nicht abreißen. 1921 explodierte das Oppauer Werk: 565 Menschen starben und ein Großteil des Ortes wurde zerstört.
Um der internationalen Konkurrenz Paroli zu bieten, fusionierten 1925 sechs große deutsche Chemiekonzerne, darunter BASF, Hoechst, Agfa und Bayer zur Industriegemeinschaft (I.G.) Farben AG. Mit etwa 80.000 Beschäftigten entstand dadurch der größte Chemiekonzern der damaligen Zeit. Eine Reihe neuer Produkte, wie zum Beispiel synthetisch hergestellter Kautschuk, also Gummi und Polyethylen, verhalf der I.G. Farben zu ihrer Blüte.
Die I.G. Farben im Zweiten Weltkrieg
Die Nationalsozialisten erkannten bei ihrer Machtübernahme schnell die Bedeutung der I.G. Farben AG und bauten das Unternehmen schrittweise zum Staats- und Rüstungskonzern um.
1934/35 gelang in Zusammenarbeit mit AEG die Entwicklung einer völlig neuen Technik. Das Tonbandgerät wurde auf der IFA vorgestellt und trat seinen Siegeszug an.
Dann musste die Produktion erneut auf Kriegswirtschaft umgestellt werden, um auf den beginnenden Zweiten Weltkrieg zu reagieren. Diesmal waren insbesondere Gummi, aus Kohle hergestelltes Benzin und Ammoniak gefragt. Zum dunkelsten Kapitel der Firmengeschichte gehört das von einer Tochtergesellschaft als Insektenvernichtungsmittel produzierte Gas Zyklon B, das zum millionenfachen Mord in den Gaskammern der Vernichtungslager benutzt wurde.
Auch den Alliierten war die Bedeutung der I.G. Farben klar. Mit Luftangriffen brachten sie die Produktion in den meisten Werken ab 1944 weitgehend zum Erliegen. 1945 wurde das Unternehmen von den Alliierten besetzt. Während man in der sow-jetischen Besatzungszone umgehend mit der Demontage und der Verstaatlichung des kompletten Betriebs begann, verfügten die Westmächte lediglich eine Zerschlagung des Konzerns. Die Produktion in Ludwigshafen lief langsam wieder an, und 1952 gründete sich die BASF unter altem Namen neu.
Schrittweise wurden die Geschäftsbereiche um das alte Kerngeschäft Farben und Dünger erweitert, zunächst mit dem Zukauf eines Lackproduzenten, dann um Seifen, Audio- und Videokassetten, neue Kunststofffasern, EDV-Systeme und vieles mehr. So entwickelte sich die BASF (die seit 1973 auch offiziell so heißt) zu dem erfolgreichen Mischkonzern, den wir heute kennen und der eine ganze Region entscheidend prägt.