Mit Klängen des Widderhorns zerstört: Jericho

27. November 2023 | von

Unsere biblische Reise führt uns in dieser Ausgabe nach Jericho, wo wir unter anderem Zachäus und Bartimäus begegnen.

Sie ist die tiefst gelegenste Stadt der Welt am Westufer des Jordan in den heutigen Palästinensischen Autonomiegebieten, denn sie liegt im Jordangraben rund 250 Meter unter dem Meeresspiegel. Dass Jericho gleichzeitig auch die älteste Stadt der Welt ist, lässt sich zumindest mit der Einschränkung sagen, dass der Ort anfangs nur eine Siedlung mit dörflichem Charakter war. Die frühesten Spuren einer Besiedlung, nämlich die ältesten Steinbauten der Menschheit und die älteste Treppe, werden von Archäologen auf das 10. bis 8. Jahrtausend (!) vor Christus datiert. Eine Stadtmauer ist immerhin ab dem Jahr 8.000 v. Chr. nachweisbar. Jericho ist im Laufe der Jahrtausende mehrmals verfallen und wieder aufgebaut worden. Die heutige Stadt hat etwa 22.000 Einwohner, wurde im Sechstagekrieg von Israel erobert und 1994 an die Palästinensische Autonomiebehörde übergeben.

Von den Israeliten eingenommen

Berühmt ist das biblische Jericho dahingehend, dass es die erste Stadt war, die das Volk Israel nach der Befreiung aus Ägypten einnahm. Unter der Führung Josuas überquerte das Volk den Jordan und zog auf Gottes Befehl mit Widderhörnern und der Bundeslade als Symbol der Gegenwart Gottes an sieben Tagen in Folge um die Stadt. „Jericho hielt wegen der Israeliten die Tore fest verschlossen. Niemand konnte heraus und niemand konnte hinein. Da sagte der HERR zu Josua: Sieh her, ich gebe Jericho und seinen König samt seinen Helden in deine Hand. Ihr sollt mit allen Kriegern um die Stadt herumziehen und sie einmal umkreisen. Das sollst du sechs Tage lang tun. Sieben Priester sollen sieben Widderhörner vor der Lade hertragen. Am siebten Tag sollt ihr siebenmal um die Stadt herumziehen und die Priester sollen die Hörner blasen. Wenn das Widderhorn geblasen wird und ihr den Hörnerschall hört, soll das ganze Volk in laut schallendes Geschrei ausbrechen. Darauf wird die Mauer der Stadt in sich zusammenstürzen; dann soll das Volk hinübersteigen, jeder an der nächstbesten Stelle. Da rief Josua, der Sohn Nuns, die Priester und sagte: Nehmt die Bundeslade und lasst sieben Priester sieben Widderhörner vor der Lade des HERRN hertragen! Und zum Volk sagte er: Geht hinüber und zieht rings um die Stadt herum und lasst die bewaffneten Männer vor der Lade des HERRN herziehen! Und es geschah so, wie Josua es dem Volk gesagt hatte: Sieben Priester trugen die sieben Widderhörner vor dem HERRN her und zogen hinüber und bliesen die Widderhörner und die Bundeslade des HERRN zog hinter ihnen her. (…) Am siebten Tag aber brachen sie beim Anbruch der Morgenröte auf und zogen, wie gewohnt, um die Stadt, siebenmal; nur an diesem Tag zogen sie siebenmal um die Stadt. Als die Priester beim siebten Mal die Hörner bliesen, sagte Josua zum Volk: Erhebt das Kriegsgeschrei! Denn der HERR hat die Stadt in eure Gewalt gegeben. (…) Darauf erhob das Volk das Kriegsgeschrei und die Widderhörner wurden geblasen. Als das Volk den Hörnerschall hörte, brach es in laut schallendes Geschrei aus. Die Stadtmauer stürzte in sich zusammen und das Volk stieg in die Stadt hinein, jeder an der nächstbesten Stelle. So eroberten sie die Stadt.“ (Jos 6,1-27) – Eine Geschichte, die die Begleitung und die Sorge Gottes um sein auserwähltes Volk nach den langen Jahren in ägyptischer Sklaverei zeigen soll.

Zachäus, Bartimäus und das Fasten Jesu

Im Neuen Testament trifft Jesus in Jericho auf den Zöllner Zachäus und lädt sich bei ihm zum Essen ein (Lk 19,1-10). Als er einmal Jericho wieder verlässt, heilt er den blinden Bartimäus (Mk 10,46-52). Die vergebliche Versuchung Jesu durch den Teufel und sein 40-tägiges Fasten, wie es Mt 4,1-11 schildert, wird auch in der Nähe von Jericho auf den heute sogenannten Berg der Versuchung verortet. An dessen östlichem Hang, wo Jesus in einer Höhle seine Fast- und Gebetszeit gehalten haben soll, wurde im 6. Jahrhundert das Kloster Quarantal errichtet, das später völlig verlassen, dann aber von der Griechisch-orthodoxen Kirche 1874 gekauft und wiederbelebt wurde. Verehrt wird dort der Stein, auf dem Jesus gesessen haben soll und über dem ein Altar errichtet wurde. Wer den schmalen Weg hinauf nicht zu Fuß bewältigen will, kann seit 1999 auch die Jericho-Seilbahn nutzen, die vom Ort zum Kloster Quarantal führt und den Tourismus in der Region ankurbeln sollte. Sie überwindet zwar eine Höhe von 180 Metern, liegt aber mit ihrer Bergstation auf minus 50 Metern komplett unterhalb des Meeresspiegels. Auf der fünfminütigen Fahrt von 1330 Metern Länge passiert man u.a. das Tell es-Sultan, die archäologische Ausgrabungsstätte Jerichos, zwei Kilometer nordwestlich des heutigen Stadtzentrums. 23 übereinanderliegende Fundschichten aus insgesamt 11500 Jahren bilden diese 21 Meter hohe Erhebung: Immer wieder wurde die neue Siedlung auf den Zerstörungsschichten der vorhergehenden errichtet.

Nach und nach wird das Areal touristisch erschlossen, ein Natur- und Archäologiepark sind geplant. Neben dem Restaurant und einem Touristenzentrum an der Talstation der Seilbahn gibt es an der Bergstation inzwischen auch schon ein Café mit Terrasse.

Zuletzt aktualisiert: 27. November 2023
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