O Maria, ohne Sünde empfangen
Vor 150 Jahren verkündete Papst Pius IX. in einem feierlichen Akt das Dogma von der unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter. Oft wird darunter fälschlicherweise verstanden, dass Maria Jesus jungfräulich empfangen hat, doch eigentlich besagt es, dass sie von Mutterleib an ohne Erbsünde war.
Petersdom, 8. Dezember 1854. Draußen tobt ein heftiges Gewitter. Genau in dem Moment, als Papst Pius IX. das Dogma mit den Worten “Ineffabilis Deus“ zu definieren beginnt, wird überraschend einen Moment lang der als Sonnenschutz über dem Altar der “Heiligen-Maria-von-der-Säule“ herabgelassene Vorhang von einem leichten Windhauch emporgehoben. Ein breiter Sonnenstrahl fällt durch das dort befindliche große Fenster und taucht die Person des Papstes und die päpstliche Cathedra in helles Licht. Mehrere Personen, die bei der feierlichen Verkündigung des Glaubensdogmas “Unbefleckte Empfängnis“ anwesend sind, bezeugen diesen Vorgang.
Bestätigung in Lourdes. Wenige Jahre später erscheint in Lourdes die Muttergottes. Die Erscheinung gibt am 14. März 1858 eine ebenso überraschende wie überwältigende Bestätigung für dieses Dogma. Als Bernadette die “schöne Frau“ fragt, wer sie sei, sagt diese: “Ich bin die Unbefleckte Empfängnis“.
Um welche Glaubenswahrheit geht es bei der “Unbefleckten Empfängnis“? Zunächst: Die darin enthaltene Aussage wird von vielen Menschen missverstanden und das Wort “unbefleckt“ oft auch bewusst fehlgedeutet, um sich über eine angebliche Minderbewertung des Sexuellen seitens der Katholischen Kirche auslassen zu können. In einem gesellschaftlichen Denkhorizont der Übergewichtung des körperlich Sexuellen werden die Worte “unbefleckte Empfängnis“, ohne lange zu überlegen, auf den Vorgang der Zeugung bezogen und mit der Aussage identisch gesetzt, dass Maria jungfräulich (“ohne einen Mann zu erkennen“ ) ihr Kind vom Heiligen Geist empfangen hat. Nun entspricht Letzteres zwar genau katholischer Glaubenswahrheit. Der Begriff “Empfängnis“, von dem im Dogma die Rede ist, bezieht sich jedoch nicht auf die Empfängnis des Gottessohnes unter dem Herzen der Jungfrau Maria, sondern auf das Kind Maria, das Gott in der Gemeinschaft ihrer Eltern Anna und Joachim ins Leben rief.
Makellos und rein. “Unbefleckt“ bezieht sich aber klar und eindeutig auf die Reinheit der Seele Marias, die vor der Erbsünde bewahrt blieb, welche seit dem Sündenfall im Paradies auf allen Menschen lastet. Adam und Eva haben uns die dadurch entstandene Verwundung der menschlichen Natur weitervererbt, einen Mangel an Heiligkeit und Gerechtigkeit. Dieser Mangel wird “Erbsünde“ genannt. Maria war bei der Empfängnis durch ihre Eltern von Gott mit Gnade erfüllt und wurde als einziger Mensch vom Makel der Urschuld bewahrt. Das heißt: Sie war unbefleckt von der Erbsünde.
Das Dogma von der “Immaculata“ stützt sich darauf, dass die unbefleckte Empfängnis Mariens von Gott geoffenbart und schon immer im Glauben der Kirche verankert war. In Gen 3,15 heißt es: “Gott sprach zur Schlange: Feindschaft will ich setzen zwischen dir und dem Weibe, zwischen deinem Samen und ihrem Samen.“ Die Kirche bezieht diese Worte auf die Gottesmutter und sagt damit aus, dass in Gottes Schöpfungsplan Maria dank ihrer Gnadenfülle Satan gegenüber unverwundbar und machtvoll ausgestattet wurde. Durch alle Zeiten ist sie immerwährende Siegerin im Kampf gegen Satan.
Gnadenreiche. Maria war von Anfang an zur Mutter des Erlösers ausersehen. Sie wurde durch den Engel mit den Worten angesprochen: “Sei gegrüßt, du Begnadete.“ Dieser einzigartige, sonst nie vernommene Gruß ist eine Bestätigung des Himmels, dass die Gottesmutter von den vollkommenen Gnadengaben des Heiligen Geistes erfüllt war.
Als erstaunliche Vorausbestätigung dieser das Dogma begründenden Aussage erfolgte bereits ein Vierteljahrhundert vor seiner Verkündigung, als die Jungfrau Maria im Mutterhaus der Vinzentinerinnen in Paris der Novizin Katharina Labourè erschien. Sie sah am 27. 11. 1830 die Muttergottes auf einer Erdkugel stehend, unter ihren Füßen eine Schlange. Um Maria bildete sich ein ovaler Rahmen mit der Inschrift “O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen.“
Marias Vater Joachim soll einer Vision Maria Valtortas zufolge beim Anblick seines Töchterchens geradezu prophetische Worte im Vorausblick auf die zweitausend Jahre später erfolgte Verkündigung dieses Dogmas gesprochen haben: “Es wird der Tag kommen, da ein anderer ergrauter Oberhirte der Welt sagen wird: ’Sie ist die unbefleckte Empfängnis‘, und er wird den Gläubigen diese Wahrheit schenken als unangreifbaren Glaubenssatz, damit in der künftigen Welt, die immer mehr in einen grauen Nebel von Häresien und Lastern versinken wird, vollkommen enthüllt sei die ganz Schöne Gottes von Sternen bekränzt und mit Mondstrahlen bekleidet...“
Vertraut der Immakulata! Papst Pius IX. legte allen Gläubigen die Verehrung der “Immakulata“ und das vertrauensvolle Gebet ans Herz: “Verehrt alle mit glühendem Eifer, mit Liebe und Hingabe die allerseligste Jungfrau und Gottesmutter Maria, die ohne Sünde empfangen wurde. Rufet sie an! Fleht zu ihr! In jeglicher Gefahr, Angst und Not nehmt Zuflucht zur Mutter der Barmherzigkeit und der Gnade. In Zweifeln und Furcht geht mit vollem Vertrauen zu ihr. Maria ist von Mutterliebe zu uns erfüllt. Sie sorgt für unser Heil. Für uns alle ist sie besorgt. Und diese unsere Mutter hat der Herr zur Königin des Himmels und der Erde gemacht. Er hat sie erhoben über alle Heiligen, über alle Chöre der Engel. Sie steht zur Rechten ihres göttlichen Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. Wenn sie ihn mit ihren mütterlichen Bitten bestürmt, so hat sie Erfolg; sie erreicht alles, was sie von ihm erbittet.“