Pater der Musik
Der Lehrer von Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Christian Bach feiert
300. Geburtstag. Minoritenpater Martini zählte zu den höchsten musikalischen Instanzen seiner Zeit.
Neben eigenen Kompositionen hinterließ der Franziskaner aus Bologna das musikhistorisch bedeutende Werk „Storia della Musica“.
Dass ein Kirchenmusiker Messen, Oratorien, Konzerte, Orgelsonaten spielt und auch komponiert, ist nichts Außergewöhnliches. Befinden sich in seinem umfangreichen Gesamtwerk Duette und weltlich-gesellige Kanons, gilt dies jedoch als ungewöhnlich. Wenn er obendrein auch als anerkannter Musikwissenschaftler und erfolgreicher Lehrer tätig war, kann es sich nur um eine besondere Persönlichkeit handeln, deren 300. Geburtstag nicht unerwähnt bleiben darf: Giovanni Battista Martini, Franziskaner-Minorit, weltweit Padre Martini genannt.
Musiker und Ordensmann. Im Jahre 1721, noch nicht ganz 15 Jahre alt, tritt Martini in die Figliolanza des
Klosters der Franziskaner-Konventualen in Bologna ein und wird noch im selben Jahr eingekleidet. Das Noviziat verbringt er in Lugo di Romagna, wo er auch die Ordensgelübde ablegt. Zurück nach Bologna, unterstützt er den Organisten und Kapellmeister an der Kirche San Francesco und übernimmt mit Zustimmung des Ordensgenerals dessen Nachfolge. Dieses Amt übt er, inzwischen zum Priester geweiht, bis zu seinem Lebensende aus. Im Orden des von ihm hoch verehrten heiligen
Franziskus kann er sowohl dem geistlichen und geistigem Studium ungestört nachgehen als auch seiner Liebe zur Musik.
Seinen ersten musikalischen Unterricht erhält der am 24. April 1706 geborene Bologneser von seinem Vater sowie von bekannten bolognesischen Musikern. In deren Schulen und in Eigenarbeit holt er sich das Rüstzeug für sein weiteres musikalisches Wirken. Rund 1.500 weltliche und geistliche Kompositionen weist das Lebenswerk Martinis auf. Vielfach komponiert er Gebrauchsmusik für seine Kirche, will aber, dass diese Werke nur in den Kirchen seines Ordens aufgeführt werden. Damit sollte der Zugang anderer Kompositionen in deren Bereichen keineswegs behindert oder gar ausgeschlossen werden.
Forschergeist. Bei seinen beiden Romreisen interessiert sich Martini sehr für die Sänger der Sixtinischen Kapelle. 1747 führt er in der Basilika Dodici Apostoli, dem Sitz der obersten Ordensleitung der Minoriten, Eigenkompositionen auf. Im Jahr 1753 ist er verantwortlich für die musikalische Gestaltung der Seligsprechung des Ordensbruders Josef von Copertino. Das ihm mehrfach angetragene Amt des Kapellmeisters im Petersdom zu Rom lehnt er zugunsten „bedürftigerer Bewerber“ ab. Beispiele für seinen edlen Charakter gibt es viele. Padre Martini blieb trotz jeglicher Anerkennung ein bescheidener, gütiger und kluger Mensch. Die Zeit seiner Romaufenthalte nutzte er, um mit Genehmigung Papst Benedikts XIV. das Archiv der Päpstlichen Kapelle zu sichten und mit päpstlicher Zustimmung daraus Abschriften herzustellen.
Berühmte Schüler. Viele namhafte Musiker Italiens und aus ganz Europa erhielten von ihm persönlich und in der von ihm gegründeten Musikschule, in der gemäß den römischen Weisungen Palestrinas Stil gepflegt wurde, ihren Ausbildungsschliff. Auch Wolfgang Amadeus Mozart sucht ihn im Rahmen einer Italienreise auf. Padre Martini ist begeistert von dem musikalischen Können des erst Vierzehnjährigen. Als dieser ihm jedoch eine selbst komponierte Fuge vorträgt, zückt der väterliche Lehrer eigens die Feder, um die Stimmführung nach den Regeln des Kontrapunkts zu korrigieren. Der junge Mozart folgt daraufhin der Anweisung, eine Abschrift des verbesserten Werkes anzufertigen. Noch heute finden sich die beiden Manuskripte im Archiv der Academia Filarmonica von Bologna.
Musikalische Unterweisungen erteilt der Meister unter vielen anderen Johann Christian Bach, Christoph Willibald Gluck und Nicolo Jammelli. Martini galt zu seiner Zeit als höchste musikalische Instanz, und kaum eine leitende Kapellmeisterstelle Italiens wurde ohne sein Wissen oder seine Zustimmung besetzt.
Zum Ruhme Martinis trugen nicht allein seine Kompositionen bei, weit höher noch ist seine Arbeit als
Musikhistoriker und -theoretiker anzusehen.
Storia della Musica. Schon als junger Mann widmet er sich der Erforschung der Musikgeschichte. Unter Mithilfe bedeutender Gelehrter und Wissenschaftler sowie der Klosterbibliothekare baut er die größte Musikbibliothek auf, mit mehr als 15.000 Bänden, darunter 500 Handschriften. Ein ungeheures Werk, das auch noch Musikalien, Zeichnungen, Portraits und Gemälde umfasst. Den Erfolg dieses Unternehmens verdankt er unter anderem „Sponsoren“ wie dem reichen Bologneser Farinelli. Seine Geistesgabe und eine unermüdliche Arbeitslust treiben die Entstehung der Bibliothek voran, die ihm die Grundlage für sein größtes Werk bietet, die „Storia della Musica“. Diese in drei Bänden vorliegende, heute noch bemerkenswert vollständige Geschichte der Musik und ein weiteres Lehrbuch sind die wertvollsten Hinterlassenschaften Martinis, der damit einen Brückenschlag zwischen der Musik und den anderen Künsten wagte. Hierbei musste er seine Meinung verteidigen, die Musik sei mathematisch begründet.
Briefliche Quellen. Etwa 6.000 Briefe, die meisten unveröffentlicht, weist der Schriftwechsel Martinis auf. Zu seinen Briefpartnern zählen Johann Friedrich Agricola, Johann Christian Bach, der deutsche Abt Gerber, Metastasio, Tartini und Valotti (beide im Kreuzgang des Generals des Antoniuskonventes in Padua verewigt), Jean Jacques Rousseau, Papst Clemens XIV., auch der Preußenkönig Friedrich der Große, der Martini in einem eigenhändig geschriebenen Brief für die Storia belobt. Die Briefe sind eine bedeutende Quelle für Musikforscher. Sie geben Auskunft über die Zeit, da Martini
lebte und wirkte.
Padre Martini starb am 3. August 1784 in Bologna, im Alter von 78 Jahren. Sein Schüler, Mitbruder und Nachfolger im Amt des Organisten und Kapellmeisters zu San Francesco, Padre Stanislao Mattei, übernahm für den Konvent den Nachlass Martinis. Ein Teil davon befindet sich heute in Bolognas „Civico Museo Bibliografico“.
CD mit Werken von
Giovanni Battista Martini
Geistliche Vokalmusik
Orgel- und Cembalo-Sonaten
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