Reliquienfahndung in feuchten Grotten
Einer alten Überlieferung zufolge wurde der heilige Petrus während der letzten Regierungsjahre des Kaisers Nero, wohl zwischen 64 und 67, in Rom gekreuzigt, und zwar in einem Circus, den Kaiser Caligula links von der heutigen Peterskirche hatte errichten lassen. Dort fanden neben sportlichen Wettkämpfen auch die bei den Römern so beliebten Wagenrennen statt. Gräberfeld beim Circus. Vor der Nordmauer des Circus zog sich damals eine Gräberstraße hin, an deren Seiten später, im 2. und 3. Jahrhundert, ein Friedhof angelegt wurde. Als Archäologen diese Nekropolis zwischen 1939 und 1949 erforschten, stießen sie auch auf die Überreste christlicher Begräbnisstätten, worüber sie sich nicht weiter wunderten. Überliefertes Petrusgrab. Den einzigen Zugang zur Grabnische bildete damals ein Loch im Grabdenkmal, durch welches das Innere aber nicht zu sehen war. Im 6. Jahrhundert berichtet ein Dekan der Basilika, Agilulf, von dem damals verbreiteten Brauch, mittels Fäden metallbeschwerte Stofffetzen durch das Loch hinabzulassen. Manche glaubten, daß ihre Bitten erhört würden, wenn der Stofflappen beim Herausziehen schwerer wog als vorher. Leere Nische. Unter diesem Altar wiederum fanden sich die Reste jener Ädikula, die Kaiser Konstantin zu Ehren des Apostels in Auftrag gegeben hatte. Außer zwei Säulenresten entdeckte man an der Wand gleich rechts von der Grabnische das Fragment einer griechischen Inschrift: PETR(OS) ENI – Hier drinnen (ist) Petrus (begraben); eni ist die Abkürzung für énesti (ist hier drinnen). Graffiti legen Spur. Ludwig Kaas war bereits verstorben, als sich die italienische Archäologin Margherita Guarducci für die Graffiti in der Nähe des Petrusgrabes zu interessieren begann. Wie sie dabei völlig unerwartet auf die Gebeine des heiligen Petrus stieß, schildert sie selbst: Im September 1953 versuchte ich an einer Wand beim Petrusgrab einige Inschriften zu entziffern. Irgendwann sagte ich zu einem der Aufseher, Giovanni Segoni: Wenn ich bloß wüsste, was sich in dieser Nische befunden hat! Dann hätte ich gewiss einen Schlüssel zum Verständnis dieser Graffiti. Segoni entgegnete mit aller Selbstverständlichkeit: Da können wir ja mal nachsehen. Irgendetwas davon ist sicher noch vorhanden. Dann führte er mich in einen Teil der Grotten, den ich noch nie gesehen hatte, und dort in einen feuchten dunklen Raum voller Kisten, zeigte auf eine von ihnen und sagte: Das ist sie. Sie enthielt mehrere Knochen sowie Stücke vom Verputz einer Mauer und einige Stoffreste. Offiziell bestätigt. Die Untersuchungen ergaben, daß die fraglichen Gebeine in der besagten Nische beigesetzt waren. Fest steht außerdem, daß die Knochen von jemandem stammen, der zur Zeit des Apostels gelebt hat. Am 28. Juni 1968, am Vorabend des Festes der beiden Apostelfürsten, bestätigte Papst Paul VI. offiziell, daß die Gebeine des heiligen Petrus aufgefunden worden seien. |