Sternenkinder
„Weißt du, wieviel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt … Gott, der Herr, hat sie gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet, an der ganzen großen Zahl.“ Dieses alte Kinderlied lässt sich im übertragenen Sinn auf unsere Sternenkinder anwenden, denn sie sind, wie der Name sagt, dem Himmel ganz nah.
In der Regel gilt das Totengedenken eigentlich den Menschen, die nach einer Reihe von Jahren diese Welt verlassen haben, und an deren Gräbern eine stille Erinnerung möglich ist. Ganz anders ist es mit den „Sternenkindern“. So werden jene Kinder genannt, die still geboren wurden, das heißt, die ihr Leben schon vor, während oder gleich nach der Geburt beendeten. Für sie hat eine sehr lange Zeit überhaupt nichts an ihre Existenz erinnert, außer dem Leid der Eltern, in deren Erinnerung sie weitergelebt haben.
SANKT RUPRECHT AN DER RAAB
Von staatlicher Seite wurden Kinder, deren Gewicht unter 500 Gramm betragen hat, ignoriert, das heißt, sie wurden nicht in das Register des Standesamtes aufgenommen, und ihre kleinen Körper wurden mehr oder weniger entsorgt oder anonym einem Sarg beigelegt. Es hat bis 1994 gedauert, bis die Eltern deren rechtliche Existenz durch einen Eintrag im Standesamt offiziell anerkennen lassen konnten.
In der Steiermark haben zwei Frauen den Anstoß gegeben, indem sie ein verlassenes Grab am Friedhof von St. Ruprecht an der Raab als Erinnerungsstätte für Sternenkinder haben wollten. Ihr Wunsch war es, dass man auch hier, wie an vielen anderen Orten der Welt, am „Tag der Sternenkinder“ (immer am zweiten Sonntag im Dezember, heuer also am 14. Dezember) Kerzen entzünden kann. Die Idee wurde aufgenommen und von einem Mitglied der Pfarre, dem Holzschnitzer Hans Pendl, der auch die Gestaltung der Friedensgrotte unter der Kirche umgesetzt hat, verwirklicht. Bereits 2002 fand die Einweihung dieser „Grabstätte“ statt.
SPUREN IN UNSEREM HERZEN
Das Innere schmückt, neben einer Holzstatue der „Maria gravida“ (Maria in guter Hoffnung), eine Glaswand mit 181 sandgestrahlten Sternen in der Größe von ca. 5-7 Zentimetern. Diese Sterne können von Angehörigen der Kinder als persönliche Gedenkstätte „erworben“ werden, indem der jeweilige Stern mit dem Namen oder einem Symbol für das Kind versehen wird. Auf diese Weise wechseln sie aus der Anonymität in die Realität. Außerdem werden in einem aufgelegten Sternenkinderbuch die „Daten“ der Kinder aufgezeichnet. 179 Sterne können vergeben werden, der 180. Stern mit dem Handsymbol ist von einer Frau für alle abgetriebenen Kinder bestellt worden. Der 181. Stern ist in Summe für all jene Sternenkinder gedacht, die in der Anonymität bleiben müssen (Glasstern), weil ihnen niemand ein „Denkmal“ setzt.
Viele solcher Gedenkstätten wird es weltweit geben. Trotzdem ist es ein relativ junger Brauch, der aber nicht unerwähnt bleiben soll, entspricht er doch dem christlichen Gedanken vom Wert jedes einzelnen menschlichen Lebens. Auf der Sternentafel von Sankt Ruprecht kann man lesen: „Keinen Schritt in dieser Welt getan, und doch unauslöschbare Spuren in unseren Herzen hinterlassen“. www.friedensgrotte.st.ruprecht.at