Unser Kloster ist die Welt
Parallel zur Franziskus-Ausstellung im Erzbischöflichen Diözesanmuseum Paderborn zeigen real existierende franziskanische Ordensleute im Franziskanerkloster, noch bis zum 6. Mai und kostenfrei, wie ihr Ordensleben früher war und wie es heute aussieht. Unser Autor gehört zum Team in Paderborn und schildert seine Eindrücke.
Kennen Sie den Unterschied zwischen Penicillin und einem Franziskaner? – Eigentlich ganz einfach: Penicillin ist ein Heilserum, und ein Franziskaner hat ein Seil herum. Zugegeben, der Witz ist alt, aber er hilft, die Atmosphäre etwas zu lockern und mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die nur selten Ordensleute in einer Kutte sehen, wie hier im Franziskanerhabit. Bei den Besuchern im Paderborner Franziskanerkloster (Westernstraße 19-21), in dem (kostenfrei!) ein Teil der sehr erfolgreich angelaufenen Ausstellung FRANZISKUS – LICHT AUS ASSISI zu sehen ist, ist zumindest neugieriges Interesse eher anzutreffen als jene unbeholfene Bissigkeit, die sich manchmal auf der Straße in Bemerkungen äußert wie: „Haben wir denn schon Karneval?“ oder: „Sind Sie echt?“. In Paderborn gehören Ordensleute, Gott sei Dank, noch zum Stadtbild.
KLOSTER ALS GEGENENTWURF
Die erwähnte und im letzten Heft des Sendboten schon vorgestellte Ausstellung ist bewusst auf die beiden Orte Diözesanmuseum und Kloster in der Fußgängerzone verteilt. Von Anfang an war vorgesehen, dass im Kloster eine Begegnung mit „real existierenden“ franziskanischen Ordensleuten angeboten wird. Bezeichnenderweise trägt der klösterliche Teil der Ausstellung auch – frei nach Franziskus in seinem Testament – den Titel: „Unser Kloster ist die Welt“. Erstaunlich ist, dass trotz der durchaus beabsichtigten Offenheit unserer Klöster viele Menschen bislang noch nie einen Blick in den Kreuzgang des Klosters geworfen haben. Und so verwundert es nicht, dass die Gespräche am Rand der Ausstellung erst etwas zäh in Gang kommen. „Ich hätte da mal eine Frage: Warum hat Ihr Strick eigentlich drei Knoten?“ ist eine der typischen Eingangsfragen. Wenn Schulklassen oder Pfarrgemeinderäte Zeit mitbringen, um im Konferenzraum am Kreuzgang Platz zu nehmen, dann wird das Interesse konkreter: „Wie viele Mitbrüder leben hier?“ – „In welchen Arbeitsgebieten sind Sie tätig?“ – „Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?“
Neulich versuchte ich die Atmosphäre etwas aufzulockern, als ich nach unseren Einnahmequellen gefragt wurde. Als Antwort verwies ich auf mein stets mitgeführtes „Opferkörbchen“, nämlich die Kapuze unseres Habits. Am Ende dieses Gesprächs hatte ich tatsächlich Geld in der Kapuze, und da halfen dann auch keine Beteuerungen mehr, dass das humorvoll gemeint war. Nun, immerhin hatten die Besucher aufmerksam zugehört.
WOVON JUNGE MENSCHEN TRÄUMEN
Eine auf den Besuch bei uns bestens vorbereitete Schülergruppe brachte einen ganzen Sack voller Fragen mit. Warum man in ein Kloster eintritt und was das an Konsequenzen für unsere Lebensführung bedeutet, wollten die Zehntklässler wissen. Nachdenkliche Stille, als ich ihnen die evangelischen Räte, unsere Gelübde des Gehorsams, der Armut und der ehelosen Keuschheit, zu erklären versuchte. Mir sei bewusst, ergänzte ich, dass das auf den ersten Blick ziemlich genau das bezeichnet, was junge Menschen eben nicht auf der Wunschliste ihres Lebens haben. Sie träumen davon, einen Partner für das Leben zu finden, einst Geld und Wohlstand zu haben und vor allem selbst bestimmen zu wollen, was sie tun und lassen dürfen, wenn sie erwachsen und dann mal volljährig sein werden.
Niemandem soll in solchen Gesprächen vorgegaukelt werden, die Grundentscheidung für das Leben in klösterlicher Gemeinschaft sei leicht. Aber es ist auch beglückend zu erleben, dass es im Leben der Nachfolge Christi den roten Faden gibt, an den zu halten sich von Jahr zu Jahr als lohnend herausstellt. Bei Ordens- und Priesterjubiläen feiern wir gerade das in großer Dankbarkeit. Das schließt durchaus den Respekt für andere Lebensentwürfe ein. Die Menschen, die zu uns kommen, ob alleine oder in Gruppen, wollen erfahren, was Berufung in christlichem Sinne meint, und sie hören mit einer Mischung aus Respekt und Ehrfurcht zu, ohne kritische Fragen, aus falscher Vorsicht etwa, herunterzuschlucken.
Und doch beobachtete ich stilles Staunen, als ich die These in die Runde warf: Für unser menschliches Miteinander in der Gesellschaft könnte es durchaus wichtig sein, dass zum Beispiel Ordensleute eine Art Kontrastprogramm zur Wachstums-, Konsum- und Spaßgesellschaft bieten.
KLINGELKNOPF FÜR RATSUCHENDE
Aus meiner Erfahrung als Beichtpriester kann ich berichten, dass die, die zu uns in die Klöster und Sprechzimmer mit der Bitte um Hilfe und Rat kommen, offenbar gerade das zu schätzen scheinen. Es ist ein dankbar in Anspruch genommener Dienst, meine ich. Ratsuchende finden in unseren Kirchen eben oft einen Klingelknopf vor, den sie jederzeit drücken können. Sie dürfen dann erwarten, dass ihnen ein Priester wohlmeinend und in absolut diskreter Atmosphäre zuzuhören bereit ist. Unser klösterliches Leben steht idealerweise für einen Gegenentwurf zur Hektik und Gewinnorientierung, die den Alltag für immer mehr Zeitgenossen zu bestimmen scheinen.
Mag sein, dass hier im Kloster Paderborn bei der Ausstellung FRANZISKUS – LICHT AUS ASSISI zwei Welten aufeinandertreffen. Aber gerade in den Begegnungen können wir erfahren, wie eng wir als Menschen zusammengehören.