Vom Ursprung der Klöster

26. September 2006

Die Urzelle des späteren Mönchtums liegt in Ägypten. Inspiriert vom Lebenswandel des Wüstenvaters Antonius treten bis heute koptische Mönche die Nachfolge ihres Begründers an. Askese und Gebet bestimmen seit tausenden Jahren das Leben am Hang des Gebel Kalsam.

Das christliche Mönchtum hat sehr alte Wurzeln. Trotz mancher Parallelen, zum Beispiel in den Qumram-Texten, verdankt das christliche Mönchtum seinen Ursprung den Evangelien. Schon in der Urkirche sind manche Elemente, die den späteren Mönchsstand kennzeichnen, vorhanden: Armut, Gemeinschaft, Lob Gottes. Im dritten nachchristlichen Jahrhundert zogen die Asketen von der üblichen Welt aus, unterstellten sich einem geistlichen Vater und wählten eine gewisse Mönchskleidung. Der größte Vertreter dieses Aufbruchs ist Antonius, der auf die Worte des Evangeliums hin um 270 alles verkaufte und sich von der Welt und ihren Gütern löste.
Gewaltig wirkte die von Athanasius dem Großen verfasste Lebensbeschreibung des Antonius. Von überall strömten Menschen nach Ägypten, um das Mönchtum kennen zu lernen.
Die Mönche flohen aus der Welt, um sich Gott Tag und Nacht im Gebet weihen. Sie nahmen schwere Bußübungen auf sich, verrichteten Handarbeit und bebauten das Land.

Antonius der Große. Er ist ein Zeitgenosse des heiligen Paulus von Theben. Er wurde geboren im Jahr 251 in Qoman als Sohn einer wohlhabenden Familie. Im Alter von 18 Jahren verlor er beide Eltern. Sechs Monate später traf ihn die Evangelienstelle Mt 19,21: „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkaufe deinen Besitz und gib das Geld den Armen!“ Antonius nahm dies ganz wörtlich, verkaufte seine Habe und gab den Erlös den Armen. Nur für den Lebensunterhalt seiner Schwester zweigte er etwas ab. Antonius wollte zunächst bei einem alten Asketen nahe seiner Heimat mitleben und wollte dessen Schüler sein. Doch der Alte lehnte ab mit der Begründung, er wäre zu alt, um für einen jungen Mann sorgen zu können. Antonius zog sich daraufhin in eine benachbarte alte Ruine zurück, wo er zwanzig Jahre lebte. Alle sechs Monate brachte man ihm das, was er unbedingt zum Leben brauchte.
Um das Jahr 285 überquerte er den Nil und lebte in einer verlassenen Festung von Pispier, heute bekannt als „Maimun“. Auch dort wurde er von den Besuchern nicht alleine gelassen.
Sein Vorbild hatte einen großen Einfluss, nicht nur indem er Besucher anzog, sondern indem sich viele entschlossen, asketisch zu leben wie der Mönch.

Schüler des Heiligen. Es entstanden Gruppen von Asketen, die zu ihm aufsahen als ihrem „geistigen Vater“. Sie baten um Zuweisungen in geistigen und zeitlichen (irdischen) Dingen. Im Jahr 310 entwarf Antonius eine Regel als Richtlinie in Koptisch, von welcher der heilige Athanasius eine griechische Übersetzung machte. Um 312 zog sich Antonius weiter zurück in die östliche Wüste und lebte dort in einer Höhle an einer Klippe am Berge Qolzum. Die Leitung des Klosters in Pispier (Maimun) überließ er seinem ersten Schüler, Makarius. Ein anderer früherer Schüler Amatas lebte mit ihm in den letzten 15 Jahren seines Lebens (340 – 356). Es war Amatas, von welchem der heilige Hieronymus seine Information zu seiner Schrift „Das Leben des Antonius“ bekam. Während der Christenverfolgung unter Diokletian im Jahr 311 ging der heilige Antonius nach Alexandrien, um den Verfolgten in den Gefängnissen beizustehen, und im Jahr 338 kehrte er abermals dorthin zurück, um während der Auseinandersetzung mit Arius – es ging um das Wesen Christi – Beistand zu leisten. Im Jahr 356 im Alter von 105 Jahren starb der Heilige. Er wurde südöstlich unter der alten Klosterkirche beigesetzt.
Der heilige Athanasius, der 20. Patriarch von Alexandrien, schrieb kurz nach dem Tode des Antonius, um 356 bis 357, dessen Lebensgeschichte nieder. Ein Schüler des Antonius.

Klosterleben. Das heutige Klostergebäude stammt in seiner Substanz aus dem 16. Jahrhundert. Nur die Südmauer, die Antoniuskirche und der Fluchtturm mit Magazin sind älter. Sie überlebten die Zerstörung durch Beduinen um das Jahr 1500. Der heilige Antonius selber lebte als Einsiedler in einer Höhle am Hang des Gebel Kalsam, etwas oberhalb des heutigen Klosters (45 Gehminuten). Der Konvent ist um die kleine Oase und die Quelle gebaut, zu der er herabstieg, um Wasser zu holen, und wo sich später eine kleine Gemeinde versammelte.
Über 80 Jahre lang lebte Antonius in seiner Höhle am Klysma, während sich unten die Schar seiner Anhänger und Besucher vergrößerte. Die ursprüngliche Kapelle, jetzt ein Anbau der alten Antoniuskirche, dürfte noch zu seinen Lebzeiten erbaut worden sein.
Das Antoniuskloster lebt und hat Nachwuchs. Im Antoniuskloster gehören auch heute noch kontemplatives Leben und harte Arbeit zum Alltag. Von den Novizen wird ein Studium und zwei Jahre praktische Arbeit erwartet. Rein kontemplatives Leben, also nur beten und meditieren, gibt es nicht mehr. Jeder hat eine bestimmte Aufgabe im Kloster zu erfüllen. Der Tag beginnt im 3.00 Uhr morgens mit dem gemeinsamen Gebet. Von 6.00 bis 9.00 Uhr ist nochmals eine Gebetszeit. Auch am Nachmittag kommt man zum Gebet zusammen. Die restliche Zeit ist ausgefüllt mit Arbeit und persönlichem Gebet. Jeder Mönch besitzt eine eigene Zelle. Er bekocht sich gewöhnlich selbst oder holt seine Mahlzeit aus der Küche. Nur das Frühstück am Sonntagmorgen wird gemeinsam eingenommen. Das Gewand ist schwarz, was ein Zeichen dafür sein soll, dass der Mönch eigentlich schon in der Welt gestorben ist. Novizen, deren Probezeit bis zu drei Jahren beträgt, kleiden sich in ein weißes Gewand. Priester haben den schwarzen Turban auf, der ihnen während der muslimischen Verfolgung aufgezwungen wurde; Mönche, eine Haube. Sie hat sechs Kreuze auf der linken und sechs auf der rechten Seite. Diese soll die zwölf Apostel symbolisieren. Das Kreuz im Nacken ist das Kreuz Jesu. In der Mitte über dem Scheitel trägt die Kappe eine Naht, weil sich nach der Überlieferung ein Engel und ein Teufel um die Kapuze stritten, so dass sie dabei zerriss.

Mauern mit Geschichte. Heute gibt es ein Portal als Zugang zum Kloster. Das war nicht immer so. Ein Mönch zeigt den Aufzug rechts neben dem Tor. Es ist ein Korb an Seilen, in dem Menschen und Waren hochgezogen wurden. Noch heute wird das Tor in der Fastenzeit geschlossen und dieser Aufzug benutzt. Vor 100 Jahren wurde das Portal nur bei der Ankunft des Patriarchen geöffnet oder dann, wenn einmal im Jahr die Karawane mit Brennholz ankam.
Auffällig ist die neue Kirche des heiligen Antonius und des heiligen Paulus. Sie ist inzwischen etwa 100 Jahre alt. Sie hat zwei von weitem sichtbare Türme, die mit beleuchteten Kreuzen versehen sind.
Alt sind die Marienkirche und der Fluchtturm. Das Gebäude, in dem sich die Marienkapelle befindet, war ursprünglich das Lagerhaus, errichtet im Jahr 537. Die Kapelle mit einer schönen elfenbeinverzierten Ikonostase liegt im ersten Stock. Eine Besonderheit: Unter dem Teppich ist eine Geheimkammer, in die eine Person passt. Dort konnte sich der Priester bei einem Moslemüberfall mit den eucharistischen Gaben von Brot und Wein verstecken, damit die heiligen Gaben nicht in die Hände der Ungläubigen fielen. Die übrigen Mönche konnten über die kleine Zugbrücke in den gegenüberliegenden Fluchtturm eilen. Es gab dort Essensvorräte, einen unterirdischen Gang zur Quelle und eine weitere Kapelle, die dem heiligen Michael geweiht ist.

Ursprüngliche Kapelle. Zum ältesten Baubestand gehört die alte Antoniuskirche. Der Bau stammt aus dem 4. Jahrhundert und war ursprünglich der Jungfrau Maria geweiht. Das Innere ist rauchgeschwärzt, da die Kirche nach dem großen Überfall der Araber um 1500 für lange Zeit als Wohnraum diente. Die Fresken stammen aus dem 13. Jahrhundert. Gegenüber dem Eingang liegt das älteste Gebäude des Klosters, die ursprüngliche Kapelle, die noch zu Lebzeiten des heiligen Antonius des Großen gebaut wurde. Das Zentrum des kleinen Gewölbes nimmt Christus der Pantokrator ein. Es gibt dann noch eine Apostelkirche und eine Markuskirche, die beide im 1800 Jahrhundert errichtet wurden.
An der alten Klostermauer ist die Getreidemühle aus dem 9. Jahrhundert zu sehen. Dort sind auch Amphoren für Wein, Weizen und Öl. Ebenfalls aus frühester Zeit die Öl- und Weinpresse.

Wichtiges Vermächtnis. Die Mönche des Antoniusklosters sind wie die meisten Christen Ägyptens die eine große Minderheit darstellen, Kopten. Die Nachfahren der ältesten christlichen Gemeinde außerhalb der urchristlichen Gemeinschaft Palästinas zu sein macht sie stolz. Die Gemeindegründung wird dem Markus zugeschrieben. Dieser Evangelist missionierte zuerst zusammen mit Paulus auf der Insel Zypern und war dann in das Gebiet des Nildeltas gegangen. In Alexandria warb Markus für seinen Glauben an Jesus Christus. Der Patriarch der Kopten weiß sich zuständig für alle Missionsländer des heiligen Markus, das heißt also nicht nur für Ägypten, sondern auch für Gebiete des Sudan und vor allem Äthiopiens sowie Jordanien und den Libanon.
Das größte Vermächtnis, das die ägyptische Kirche hinterließ, war das Mönchsleben. Die Wüstenväter lebten als Eremiten allein oder aber in einer losen Gemeinschaft. Pachomius (um 287 bis 346) führte eine im Christentum neue Lebensform ein: die Mönche wohnten in einem nach außen abgeschlossenen Bezirk, erwarben gemeinsam den Lebensunterhalt und unterwarfen sich einer für alle gültigen Ordnung. Das „Ora et Labora“ – „Bete und arbeite“ fand hier seinen Ursprung. Das Kloster des heiligen Antonius ist eine Urzelle für spätere Gründungen überall in der Welt.


 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016