„Was er geschaffen hat, soll fortleben…“
…so wünscht es sich Heinrich Brockhaus in einem Tagebucheintrag kurz nach dem Tod seines Vaters vor 200 Jahren. Unser Beitrag erinnert an den großen Verleger Friedrich Arnold Brockhaus.
Totgesagte leben länger: Diese Menschheitserfahrung hatte die Dichterin Helmina von Chézy (1783-1856) im Hinterkopf, als sie dem Verleger Friedrich Arnold Brockhaus 1822/1823 ein noch langes Leben prophezeite. Nach einer rapiden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes war sein Tod nämlich schon in den Zeitungen vermeldet worden – mit sehr unterschiedlichen Reaktionen. Die meisten bedauerten sein Dahinscheiden, andere wiederum hatten keine Hemmungen, ihre Erleichterung über seinen Tod kundzutun. Doch bald stellte sich heraus: Brockhaus war nicht tot. Er erholte sich, was die besagte Dichterin schließlich in einem Brief an ihn formulieren ließ: „Hier in Berlin sind Sie allgemein und bestimmt todtgesagt worden, welches ein langes Leben bedeutet.“ Im Sommer 1823 verschlechtert sich sein Gesundheitszustand jedoch erneut – und er stirbt am 20. August des gleichen Jahres im Alter von 51 Jahren.
Ein- und Aufstieg im Verlegergeschäft
Geboren wird der Kaufmannssohn am 4. Mai 1772 in Dortmund. Wie der Vater beginnt er eine Kaufmannslehre, zeigt aber an dieser Tätigkeit nur wenig Interesse. Weit mehr interessieren ihn Bücher und das Lesen: „Ich war ein aufgeweckter Knabe mit einem brennenden Durst nach Kenntnissen aller Art und einer wahren Bücherwuth.“ Der Vater ist von diesem Hobby freilich weniger begeistert, kann aber letztlich nicht verhindern, dass der Sohn für eineinhalb Jahre nach Leipzig geht, dort – wegen fehlenden Abiturs – nur als Gasthörer Vorlesungen besucht und in das literarische Leben der Stadt eintaucht. Nach seiner Rückkehr nach Dortmund steigt er dann mit zwei Geschäftspartnern aber doch in das Handelsgeschäft ein. Dabei ist er so erfolgreich, dass einer Heirat nichts im Weg steht: Mit Sophie Wilhelmine Arnoldine Beurhaus heiratet er eine Tochter aus angesehenem Hause. Ein Streit mit den Geschäftspartnern, der Zusammenbruch einer Bank und die Beschlagnahmung eines Warenlagers führen schließlich dazu, dass Brockhaus Dortmund verlässt und in die Niederlande übersiedelt. Nach einigem Hin und Her gründet er in Amsterdam schließlich eine Buchhandlung. Weil ihm das als Ausländer offiziell verwehrt ist, führt er die Buchhandlung auf den Namen eines niederländischen Buchdruckers und firmiert als „Rohloff und Compagnie“. Sein erstes Geschäftsrundschreiben datiert auf den 15. Oktober 1805 – dieser Tag gilt als Gründungstag des später „F. A. Brockhaus“ genannten Verlagshauses. Brockhaus handelt nun mit Büchern, gibt Zeitungen und Zeitschriften heraus und verlegt literarische Werke.
Auf und ab, hin und her
Folgenreich ist der Besuch der Leipziger Buchhändlermesse im Herbst 1808: Für eine verhältnismäßig kleine Summe erwirbt Brockhaus die Rechte am begonnenen, aber bislang unvollendeten „Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten“. Er kümmert sich um die Fertigstellung, bringt das mehrbändige Werk 1809 in den Druck und legt damit die Grundlage für die spätere „Brockhaus Enzyklopädie“, die bis zu ihrer Einstellung im Sommer 2014 insgesamt 21 Auflagen erfahren wird und über viele Jahrzehnte das Medium sein wird, um aktuelles Wissen aus zahlreichen Fachgebieten nachzuschlagen.
Nach dem Tod seiner Frau im Dezember 1809, kurz nach der Geburt des siebten Kindes und schwieriger werdenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen kehrt Brockhaus, nahezu pleite, nach Deutschland zurück. Er siedelt sich im thüringischen Altenburg an, beginnt eine Liebschaft mit Wilhelmine Spazier, heiratet 1812 dann Jeanette von Zschock und wird Vater von vier weiteren Kindern. Als Verleger legt er seinen Schwerpunkt auf zeitgenössische Literatur, engagiert sich immer häufiger aber auch politisch. Ab 1817 ist er schließlich dauerhaft in Leipzig. Im Januar 1818 erhält er das dortige Bürgerrecht und eröffnet bereits fünf Tage später eine eigene Druckerei, in der er die von ihm verlegten Bücher nun selbst drucken kann. Seine Söhne steigen ins Verlegergeschäft ein und sorgen, zusammen mit einem von Brockhaus selbst gekauften Grundstück im Osten der Stadt zur Erweiterung des Unternehmens dafür, dass das Verlagshaus F. A. Brockhaus beständig expandiert – auch wenn Friedrich Arnold Brockhaus relativ unerwartet stirbt.
Womit er der Nachwelt in Erinnerung bleibt? Denen, die mit ihm gelebt haben, wohl für sein cholerisches Temperament, das man ihm nachsagt, für seine immer wieder vorkommenden wirtschaftlichen Fehlentscheidungen und für sein leidenschaftliches politisches Engagement. In die Geschichte geht er dann aber gewiss vor allem dank der Brockhaus Enzyklopädie ein, die erst mit den veränderten technischen Möglichkeiten des Internet und der immer kürzer werdenden Halbwertszeit des Wissens vor etwa zehn Jahren ein Ende gefunden hat.