Wegimpuls nach Ostern hin
Am Aschermittwoch ist es zu Ende mit dem Karneval. Die Fastenzeit beginnt. Der Wortgottesdienst beschreibt Wege zur Umkehr und österlichen Vorbereitung. Schritte dazu sind Erkenntnis der Schuld, Vergebung und Bescheidenheit.
Es stellt einen spannungsreichen Übergang dar, das Datum: Aschermittwoch. Über Nacht ändert sich Äußeres. Das Innere braucht da wohl mehr Zeit. Das bunte Treiben auf den Straßen verebbt. In der Liturgie wird die Farbe Grüne wird durch den Ernst des Violett abgelöst. Für den katholischen Christenmenschen steht ein Fast- und Abstinenztag auf dem Kalender.
Auch das Aschenkreuz bringt uns in eine heilsame Spannung. Zum Auflegen der Asche werden die verbrannten Zweige des Palmsonntags verwendet, dazu wird wahlweise das Wort: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist, und zum Staub zurückkehren wirst!“ oder „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ auf den Kopf zugesprochen. Man kann im ersten Fall im Nachsinnen über die eigene Vergänglichkeit in eine trübe Stimmung fallen. Man bedenke aber mit, dass die Auflegung der Asche oft im Zeichen des Kreuzes vollzogen wird. Der Erlöser sagt mir damit: „Ich lebe, und auch du sollst leben.“ Wir dürfen uns am Aschermittwoch ja nicht nur das Aschenkreuz nach dem Evangelium abholen, sondern auch den Weg zum Altar machen, um den Leib des Herrn zu empfangen. Es bleibt die Spannung zwischen „Erdling“ (Adam) – Sein und für die Auferstehung bestimmt sein.
Schocktherapie. Drei Texte aus der Heiligen Schrift werden uns gleichsam mit ins Gepäck für den österlichen Bußweg gepackt. Wir wissen ja, dass diese Worte grundsätzlich in der Kraft des Gottesgeistes durch menschliche Mitwirkung in bestimmten Kontexten verfasst wurden. Bei aller Zeitbedingtheit der Aussagen will uns das Wort auch im Hier und Heute treffen und in eine heilsame Unruhe versetzen.
Im Wortgottesdienst der Aschermittwochsliturgie, also zum Auftakt einer geistlichen Wanderung allein und in Gemeinschaft der Christgläubigen, werden wir zuerst mit Not und Unglück konfrontiert. Heuschrecken über Heuschrecken verwüsten Juda, für die Menschen und für die täglichen Opfer im Tempel gibt es nichts Verwertbares. Der Prophet Joël [2,12-18] redet der Gemeinde mit all ihren Generationen zu Herzen, diese schrecklichen Vorkommnisse als Heimsuchung Gottes zu verstehen und als dringende Aufforderung zur Umkehr ernst zu nehmen. Wir kennen das aus unserem Leben: Es gibt ein Lernen entweder freiwillig aus Einsicht oder fast gezwungenermaßen aus Schock. Hier berühren wir das Zweite. Die Bedrohungen des modernen Menschen haben andere Namen, ob wir sie direkt als Heimsuchungen Gottes deuten können und wollen, sei einmal offen gelassen. Jedenfalls sind diese ernsten Geschehnisse Anstoß, über die Kostbarkeit des Lebens nachzudenken und sich neu nach Klarheit und Licht, nach einer gerechteren Welt auszustrecken und den eigenen Beitrag dazu einzubringen.
Reich durch Erbarmen. Die zweite Lesung in der Eucharistiefeier des Aschermittwoch führt uns nach Korinth [2 Kor 5,20 – 6,2], einer Hafenstadt, die bereits zu Zeiten des Völkerapostels ein Schmelztiegel der Kulturen und Weltanschauungen war. Paulus fürchtet um die Einheit seiner Gemeinde. Parteiungen und Zwist trüben die Strahlkraft des Zeugnisses für Interessenten und ZeitgenossInnen. Er bittet als Sendbote (Apostel) Jesu Christi, dass sich die Schwestern und Brüder mit Gott versöhnen sollen. Er tut es eindringlich, ein zeitlicher Aufschub ist nicht fruchtbar. Die Aussöhnung mit sich selbst ist ein lebenslanger Prozess. Im Alltag können wir feststellen, dass uns Situationen über die Maßen belasten können, weil Vergangenes noch der inneren Heilung bedarf. Das Gebet um Heilung bis hin zur sakramentalen Form, der Feier der Versöhnung, hat in der Kirche seit dem Laterankonzil 1215 einen festen Platz. Einmal im Jahr ist bei Vorliegen schwerer Schuld nach wie vor der Empfang des Bußsakramentes in den Weisungen zur Bußpraxis für die österliche Zeit geboten. Wenn wir neue Bilder für das Geheimnis des Erlösungswerkes suchen, stoßen wir auch auf den Lastesel Jesus. Sich ihm zumuten dürfen mit den Lebenslasten, abladen dürfen, wo sonst niemand uns in dieser umfassenden Form Entlastung schenkt: ER verzeiht, wo andere und ich selbst mir nicht verzeihen. Gott geht gleichsam Bankrott, wenn wir uns diesen Schatz des Erbarmens nicht abholen und zusagen lassen.
Drei Wege zum Glück. Als dritter Text für den Weg nach Ostern wird uns Jahr für Jahr ein Stück Bergpredigt zugemutet [Mt 6,1-6.16-18]. Selbst NichtchristInnen wissen um die Faszination dieser Kapitel beim Evangelisten Matthäus. Seine Zielgruppe ist eine judenchristliche Gemeinde, wie uns die Exegeten sagen. Im Hintergrund ist die Gewissheit von einem verborgenen Gott, der alles im Blick hat, allerdings nicht in der Art des Großen Bruders, sondern im Sinne eines göttlichen Interesses an unserem Heilwerden. Seine Heilsabsicht gilt allen. Ob sie angenommen wird, hängt an der Aufnahmebereitschaft des Menschen. Drei Bereiche der Umkehr werden angesprochen. Beim Almosengeben geht es um unsere Kraft zu teilen von dem, was wir an materiellen und geistig-geistlichen Gütern haben. Lernen, vom Ich auf das Du hin zu schauen und zu spüren, was seiner/ihrer Not Erleichterung, Unterstützung und Abhilfe schafft! Es folgt gleichsam als Mittelteil der Hinweis auf ein inniges Beten in der Kammer ohne irgendeinen Anflug und Geruch von Selbstdarstellung. Aller guten Dinge sind drei. Schließlich wird das Fasten beleuchtet als Maßnahme zum Freiwerden und Wiedergewinnen tieferer Lebensfreude. Es ist spannend, mit einem Muslim diese drei Felder der Bekehrung gemeinsam anzuschauen und auszutauschen.
Zum Aschermittwoch gehören feste Rituale, die Halt geben und einen spannungsreichen Auftakt markieren: in der gemeindlichen Liturgie, aber auch in der persönlichen Lebensgestaltung außerhalb des Gottesdienstraumes. Es kann uns nicht um die Strategie: ‚Verzicht um des Verzichtes willen’ gehen. Ziel der Umkehrschritte ist die Öffnung für den Erlöser. Es ist schon viel gewonnen, wenn wir mit einem kleinen Stoßseufzer unterwegs sind, der dem Ersten Römischen Hochgebet der heiligen Messe entnommen ist: „Ordne unsere Tage in deinem Frieden!“