Polens große Glaubenszeugen
Schon als Oberhirte der Erzdiözese Krakau, in deren Sprengel Auschwitz liegt, hatte Karol Wojtyła den polnischen Franziskanerpater Maximilian Kolbe hoch verehrt. Damals war er oft in dessen Todeszelle im ehemaligen Konzentrationslager hinabgestiegen und hatte vor der Todesmauer gekniet. Am 10. Oktober 1982 sprach er als Papst Johannes Paul II. seinen Landsmann heilig, mit dem ihn geistig und seelisch viel verband.
Am 1. Mai wurde der seliggesprochen, der Pater Maximilian Kolbe heiliggesprochen hatte: Papst Johannes
Paul II. Zwischen diesen beiden Männern besteht eine vielfältige geistige Verwandtschaft. Beide sind Polen. Für beide war der christliche Glaube Fundament und Quelle ihres Lebens von Kindheit an und die katholische Kirche Mutter und Heimat. Beide hatten eine tiefe Beziehung zu Maria und pflegten eine intensive marianische Frömmigkeit. Beide waren entschiedene Gegner der Nazis, des Kommunismus, des Faschismus und der Freimaurerei. Beide sahen in diesen Ideologien und politischen Systemen eine Gefahr für den Glauben und die christliche Kultur und damit eine Bedrohung für die Würde und die Rechte des Menschen. Beide waren Kämpfernaturen und bereit, sich für den Glauben bis zur Hingabe des Lebens einzusetzen. Beide waren Missionare, die die ganze Welt für Christus und die Kirche mit allen modernen Mitteln, besonders den Medien, gewinnen wollten. Für Papst Johannes Paul II. war Maximilian Kolbe ein persönliches Vorbild, für Kirche und Welt sollte er Maßgabe und Ziel sein.
Prozess vorangetrieben
Deshalb setzte Karol Wojtyła alles daran, dass Maximilian Kolbe seliggesprochen wurde. Für ihn gab es kein leuchtenderes Zeichen der Heiligkeit durch Selbstaufopferung in schrankenloser Liebe im 20. Jahrhundert als Maximilian Kolbe. Protokolle der polnischen Bischofskonferenz des Jahres 1963 zeigen, dass er während der ersten Sitzungsperioden des Zweiten Vatikanischen Konzils in Rom eifrig für die Seligsprechung warb. Er erbat zusammen mit den polnischen Bischöfen von den Päpsten Johannes XXIII. und Paul VI. die Seligsprechung von Maximilian Kolbe. Er sprach mit dem Präfekten der Selig- und Heiligsprechungskongregation sowie dem Generaloberen der Minoriten. Er nahm Kontakt mit Kardinal Franz König auf, damit auch die Österreichische Bischofskonferenz eine Petition für die Seligsprechung von Maximilian Kolbe beim Heiligen Stuhl einreichte. Auch den gemeinsamen Brief der deutschen und polnischen Konzilsteilnehmer vom 21. November 1963 an den Papst mit der Bitte um die Seligsprechung hat er mit ini-
tiiert. Am 17. Oktober 1971 wurden seine Bemühungen mit Erfolg gekrönt: Papst Paul VI. sprach Maximilian Kolbe selig. Ab dann drängte er auf die Heiligsprechung.
Märtyrer der Liebe
Immer wieder stellte er Maximilian Kolbe den verschiedenen Menschen und Gruppen als leuchtendes Vorbild vor Augen. Dies tat er auch zum Beispiel am 21. September 1978, als er vier Wochen vor seiner Wahl zum Papst vor Priestern in Fulda sprach. Wörtlich sagte er: „Vom Priestertum kann man sehr viel und von vielen Gesichtspunkten aus sprechen. Meine Ansprache darf und will ich kurz fassen … (und) das, was ich zu sagen beabsichtige, an ein lebendiges Vorbild anlehnen. Ein solches Vorbild ist eben Pater Maximilian Kolbe.“
Im Januar 1982 dispensierte Papst Johannes Paul II. von der Vorschrift, dass für die Heiligsprechung ein weiteres Wunder nachgewiesen sein muss und ordnete an, den Prozess weiterzuführen. Am 10. Oktober 1982 sprach er den seligen Maximilian Kolbe heilig. In seiner Ansprache fasste der Papst die Botschaft des Lebens und Sterbens von Maximilian Kolbe so zusammen: „… ein in Christus gegebenes Zeugnis für die Würde des Menschen, für die Unantastbarkeit seines Lebens und die heilstiftende Kraft seines Sterbens, in welchem sich die Macht der Liebe offenbart.“ Gegen das Votum einer Sonderkommission, die festgestellt hatte, dass das Selbstopfer des seligen Maximilian Kolbe für einen Mitgefangenen ein heroischer Liebesdienst gewesen sei, aber nicht die (bis dahin) geltenden Kriterien für das Martyrium erfülle, fügte Papst Johannes Paul II. bei der Heiligsprechung dem bisherigen Titel „Bekenner“ „Märtyrer“ hinzu. Damit machte er noch einmal deutlich, was Maximilian Kolbe für ihn bedeutete und was er aller Welt sagen sollte, nämlich dass die Kraft des Geistes Christi auch nach zweitausend Jahren „noch“ so stark in unserer Welt ist, dass sie Märtyrer des Glaubens und der Liebe hervorbringt, dass authentisches Christsein auch in den dunklen Zeiten des ausgehenden zweiten Jahrtausends und im dritten Jahrtausend möglich ist, und dass das Christentum für eine humane Gesellschaft zu allen Zeiten unabdingbar ist.
Stärker als der Tod
Auch nach der Heiligsprechung 1982 hat Papst Johannes Paul II. in vielen Ansprachen den heiligen Maximilian Kolbe erwähnt. Er bezeichnete ihn vor allem als „Märtyrer des Glaubens und der Liebe, die stärker ist als der Tod“ und als „Prophet einer Zivilisation der Liebe“. Karol Wojtyła, Papst Johannes Paul II., hat Maximilian Kolbe heiliggesprochen und ist selbst durch ihn zum Seligen geworden.