Die Kinder in Afrika liegen dem heiligen Antonius am Herzen

09. Mai 2007 | von

Die Hilfsprojekte, die von der Caritas Antoniana für den Festtag des heiligen Antonius, des Heiligen der Caritas, ausgewählt wurden, haben auch in diesem Jahr die Kinder zweier Länder in Afrika im Blick. Einmal sind es die Waisen im Kongo; sie haben durch Krieg und Aids ihre Eltern verloren; dann die Straßenkinder im Barackengürtel um Nairobi, der Hauptstadt von Kenia. Diese beiden Projekte wurden mit viel Liebe ausgewählt, mit besonderem Augenmerk darauf, ob überhaupt Ergebnisse erzielt werden können, ob die Realisierung durchgehalten werden kann, ob die Bezugspersonen vor Ort vertrauenswürdig und zuverlässig sind. In Ihrem Namen, liebe Leserinnen und Leser, haben wir diese Wahl getroffen, denn letztlich sind Sie es, die uns diese Geste der Solidarität ermöglichen. Gemeinsam mit Ihnen stehen wir von der Caritas Antoniana auf der Seite der Ärmsten und Schwächsten.

Kongo

Das wohnliche Heim

von Schwester Denise

Die zwei-jährige Justine hatten die Schwestern während eines Gewitters zusammengekauert mitten auf der Straße entdeckt. Patrice und sein Bruder waren auf dem Hof der Missionsstation ausgesetzt worden. Monique kam als Frühgeburt zur Welt. Ihre Mutter hatten die Aufständischen schwer misshandelt, sie starb kurz darauf. Diese vier Kinder gehören zu den dreißig liebevoll aufgenommenen Gästen des kleinen Wohnheims von Schwester Denise Angotako, der Generaloberin. Sie ist verantwortlich für die Niederlassung in Isiro, dem Zentrum des Distriktes Alto Velo im Nordosten des Kongo.

Elternlose Kinder. Das Haus, in dem die Kinder untergebracht sind, ist ein baufälliges Gebäude, aus nur einem einzigen Raum bestehend, vollgestopft mit Wiegen und Bettchen. Eröffnet haben es 1980 kongolesische Dominikanerinnen, von der Kongregation „Töchter der heiligen Katharina von Siena", deren Missionsaufgabe die Pflege von Waisenkindern ist. Doch dies gestaltet sich immer schwieriger wegen der stetig wachsenden Anzahl von ausgesetzten oder elternlosen Kindern. Hauptgrund dafür ist die große Armut der Menschen, eine Folge der dreißig Jahre dauernden Diktatur von Sese Seko Mobutu (1965-1997) und der vielen Auseinandersetzungen um die Kontrolle über den natürlichen Reichtum des Landes an Gold, Diamanten, Uran, Kobalt, Kupfer und Coltan-Erz, wertvollen Hölzern und dem aus Akazien gewonnenen Gummiarabikum. Erst seit Juli 2006 gibt es freie Wahlen im Kongo, doch liegt der Schatten der Kriegsherren noch über der jungen Demokratie.

Die Lebensbedingungen im Land sind katastrophal: Es gibt keine Krankenhäuser, Schulen, Infrastrukturen, Straßen, Telefonverbindungen. Elektrischer Strom steht nur wenige Stunden pro Tag zur Verfügung. Ärzte, Lehrer und Polizisten erhalten schon seit Jahren kein Gehalt mehr.

Weg ins Leben. „Die Kinder in einer akuten Notlage sind äußerst zahlreich", erklärt Sonia Mansutti, Direktorin der SOS, der Organisation für Solidarität und Entwicklung, einer Nicht-Regierungsorganisation, die seit Jahren das Heim unterstützt und unsere Bezugsperson für das Projekt ist. Den Schwestern zerreißt es das Herz, wenn sie hilfsbedürftige kleine Kinder ablehnen müssen, weil sie keine Mittel haben, sie aufzunehmen, zu ernähren und zu pflegen. Viele dieser Kinder sind Aids-krank."

Da die Situation immer belastender wurde, hat die SOS bei der Caritas Antoniana angefragt und um eine Sonderzuwendung gebeten für den Bau eines neuen Wohnheims, größer angelegt und besser ausgestattet, erweitert um einen öffentlichen Kindergarten. „Einmal in jedem Jahr besuche ich die Kinder in Isiro", erzählt Sonia Mansutti. „Und immer bin ich beeindruckt und gerührt von der liebevollen Geduld dieser Schwestern. Trotz der großen Armut hat jeder Gegenstand im Haus seinen festen Platz, alles ist sauber und würdevoll gepflegt." Die Schwestern kümmern sich nicht nur um die Kinder, sondern sie waschen und kochen, arbeiten auf den Feldern und betreiben Viehzucht. Trotz ihrer großen Verpflichtungen finden sie noch die Zeit, die Familien aufzusuchen, denen sie die Allerkleinsten anvertrauen, und diese in ihrer wertvollen Mitarbeit zu begleiten. Den älteren Kindern helfen sie beim Schulbesuch und bemühen sich auch um einen Arbeitsplatz, sobald der Zeitpunkt gekommen ist. Niemand verlässt dieses Heim, dem nicht ein Weg geebnet wurde hinaus ins Leben.

Neues zu Hause. „Das wohnliche Heim", so fährt Sonia fort, „ist ein wichtiger Bestandteil der Gemeinde: Mütter kommen, um den Schwestern zu helfen und die Kinder in die Arme zu nehmen. Männer bringen den Überschuss ihrer Felder hierher. Vor allem um dieses Zusammengehörigkeitsgefühl zu bestärken, möchten die Schwestern das Wohnheim um einen Kindergarten erweitern, damit die berufstätigen Mütter ihre Kinder dort abgeben können. Es ist ein Weg, um das Band der Solidarität unter der afrikanischen Großfamilie neu zu knüpfen."

Vorgesehen sind im neuen Gebäude: zwei Schlafsäle, der eine für Jungen, der andere für Mädchen; Duschen und Toiletten; Küche; Verwaltungsräume und sechs Zimmer für den Kindergarten. Die bei der Caritas Antoniana beantragte Summe beinhaltet das noch fehlende Mobiliar und die Behandlung der verbreitetsten Krankheiten. Hier werden etwa 100 bis 150 Kinder ein neues Zuhause finden.

Die Gesamtkosten für dieses Projekt belaufen sich auf 100.000 Euro.

Gesundheit kindgerecht

Zwei mal zwei Meter, aus zerschnittenen Blechkanistern konstruiert, und ohne Fenster: Das ist das Zuhause der 16-jährigen Mary Nyambura. Mary ist schwanger. Der Vater ihres Kindes, ein gewalttätiger Polizist, hat sie verlassen, sobald er von der Schwangerschaft erfuhr. Im dritten Monat hat sie durch einen Aids-Test erfahren, dass sie HIV-positiv ist. Ganz in der Nähe, in einer weiteren Hütte aus Blech und Pappkartons, treffen wir eine andere Mary; sie leidet unter schwerem Husten und ständigem Gewichtsverlust. Ihre noch sehr junge Mutter, Christine, arbeitet als Putzfrau und kann das Geld für die Untersuchung und Behandlung nicht aufbringen.

In dem Barackengürtel um Nairobi, der Hauptstadt von Kenia, besteht das Leben aus der Kunst des Überlebens, Gesundheit ist ein Luxus. Deshalb hat die Caritas Antoniana entschieden, gerade hier präsent zu sein. Das gewählte Projekt heißt in der einheimischen Sprache „Neema Watoto", was „Kinder sind ein Segen Gottes" bedeutet. Es dient der Vorsorge und Behandlung von Krankheiten und Behinderungen der Allerkleinsten.

Überlebenskunst. Laut einer Untersuchung von World Friends, einer Nicht-Regierungsorganisation, die das Projekt leitet, leben im Barackengürtel um Nairobi 70 Prozent der Kinder und Heranwachsenden mit ihren allein erziehenden Müttern in solchen Hütten, bestehend aus nur einem Raum, ohne Fenster und sanitäre Anlagen. Freilich können diese „Familien" bis zu zehn oder zwölf Mitglieder zählen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 80 Prozent. Man versucht, durch Prostitution, Bettelei oder Diebstahl zu überleben; wer Glück hat, findet Gelegenheitsjobs in den Hotels. Dabei bilden die Kinder bereits die zweite Generation: Sie übernehmen einfach die erlebte Einstellung zur Gewalt und das Modell von Hedonismus und Konsum und schlagen sich mehr schlecht als recht durch. Die Werte und Traditionen ihrer Väter werden ihnen nicht mehr vermittelt. Aids breitet sich aus, Krebserkrankungen mehren sich zunehmend und jeder zehnte ist mitt-lerweile von Behinderung betroffen. Die bisher verbreiteten Krankheiten, wie Typhus, Tuberkulose und Magengeschwüre, fordern ihre Opfer. Immer häufiger treten jetzt auch Fälle von schweren Verbrennungen auf, denn das Material, aus dem die Hütten gebaut wurden, ist leicht entflammbar. Alle Gesundheitsdienste müssen bezahlt werden und haben ihren stolzen Preis.

Das Projekt, das wir heute unterstützen wollen, geht auf das Jahr 1994 zurück, als die Comboni-Patres einige Missionarsärzte baten, einen Gesundheitsdienst für die im Barackengürtel lebenden Kinder einzurichten. Einer von ihnen ist Gianfranco Morino, jetzt unser Ansprechpartner.

Gesundheitsprojekte. Nach und nach nimmt das Mbagathi-Hospital seine Tätigkeit wieder auf. Es ist ein öffentliches Krankenhaus, klein und schlecht ausgestattet, unmittelbar am Rande des Barackengürtels von Kibeira gelegen. Hier leitet G. Morino die Chirurgie und bildet das Personal aus.

Das erste hier im Elendsviertel organisierte Gesundheitsprojekt in der zweiten Hälfte der 90er Jahre betrifft die Rehabilitation und die wiederherstellende Chirurgie für behinderte Kinder. Das zweite Projekt, das nach der Genehmigung durch die kenianische Gesundheitsbehörde ins Leben gerufen wurde, widmet sich dem Kampf gegen Aids. Hier beteiligt sich auch die Caritas Antoniana: „Dank Ihrer Hilfe", sagt uns G. Morino, „konnten wir im Jahr 2002 ein Projekt der Aids-Prävention beginnen, um die Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind zu unterbinden."

Unter der Leitung von World Friends wurden das Krankenhaus und das aufgebaute kleine Gesundheitsnetz nach kurzer Zeit zur Anlaufstelle für Personen, die sich keine Behandlungen leisten können. Eingebunden sind auch die medizinischen Fürsorgestellen der Missionsstationen verschiedener Orden, die in Nairobi tätig sind. Die seit Jahren von World Friends ausgebildeten Sozialarbeiter, Krankenpfleger, Ärzte und Erzieher sind fast alle Kenianer. Zu ihren Patienten gehören auch die beiden erwähnten Mary’s. Die junge Mutter hat ein gesundes Baby zur Welt gebracht und wird nun mit modernen antiretroviralen Medikamenten behandelt. Die kleine Mary ist an Tuberkulose erkrankt, das ergab die Untersuchung. Die Medizin erhält sie kostenlos.

Medizinische Vorsorge. Trotz aller Anstrengungen kann das Mbagathi-Hospital bis jetzt immer noch keine Labor-Analysen anbieten, die heutzutage zum Grundbestand gehören, wie Echographie oder eine zuverlässige Radiologie. Es gibt keine Erste-Hilfe-Station, nicht einmal einen Operationssaal, der diese Bezeichnung verdient. Zum Einzugsgebiet des Hospitals gehören nur einige große Barackensiedlungen; doch jene, die auf der entgegengesetzten Seite der Hauptstadt liegen, im Nordosten von Nairobi, bleiben völlig unversorgt.

Gerade in jener Zone ist die Eröffnung eines weiteren Hospitals unbedingt notwendig, um das Leiden der Kinder und Heranwachsenden nach Möglichkeit zu mindern, auch durch die Veranstaltung von Vorsorge-Programmen. Das Erzbistum Nairobi hat an einer strategisch gut ausgewählten Stelle ein Grundstück zur Verfügung gestellt, und zwar am Rande der großen Barackensiedlungen. In diesen Monaten wird hier bereits ein Hospital gebaut, auch dank der Finanzierung durch die Provinz Trient und die spanische Nicht-Regierungsorganisation Manos Unidas. Bei der Caritas Antoniana wurde ein Beitrag angefragt, um einige medizinische Einrichtungen zu kaufen; vor allem aber, um Programme gesundheitlicher Vorsorge und sozialer Entwicklung zu organisieren in den 47 Schulen des Barackengürtels um Nairobi. Profitieren davon werden immerhin 15.000 Kinder.

Seelische Erziehung. „Das Programm in den Schulen", so erklärt es Gianfranco Morino, „besteht in der erzieherischen Anleitung und der medizinischen Information zur Vermeidung von riskanten Verhaltensweisen. Dies gehört zum Nationalprogramm ‚Education for life’, abgesegnet von der kenianischen Bischofskonferenz und dem Erziehungsministerium. Das Programm hat zum Ziel, die HIV-Übertragung einzuschränken, ebenso die Drogenabhängigkeit und die Neigung zu Gewalt." In diesem Kontext kann sich das Projekt nicht auf die sanitären Aspekte beschränken: „Die Vorsorge-Kurse sind auch Momente der gemeinsamen Zusammenkünfte und der sozio-kulturellen Bildung. Versucht wird dabei auch, auf moderne Weise die Werte und Förderung menschlichen Lebens aus der afrikanischen und christlichen Tradition neu zu wecken, die im großstädtischen Ambiente weitgehend erstickt sind." Versucht wird dies auf zweierlei Wegen: durch Darbietungen von Tanz, Musik und Theater, vorgetragen von einem Kulturverein junger Künstler; und durch Lehrwerkstätten für Kunst und Handwerk, die allen Kindern und Heranwachsenden offen stehen.

Der Leib wird gesund, wenn es der Seele gut geht. Der Caritas Antoniana ist also die wertvolle Aufgabe übertragen, dieses Gleichgewicht möglich zu machen, durch die Finanzierung der Ausbildung der Ausbilder, durch die Zahlung der Gehälter und durch die Bereitstellung des Unterrichtsmaterials. Die Gesamtkosten dieses Projektes belaufen sich auf 150.000 Millionen Euro, verteilt auf drei Jahre.

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016