Rettet Mariazell!
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Mit einer einfachen Zelle begann im Gründungsjahr 1157 die Geschichte einer der bedeutendsten Wallfahrtsstätten Mitteleuropas. Ein Pater der Benediktinerabtei St. Lamprecht war von seinem Amt als Seelsorger ausgesandt worden und richtete die kleine Gnadenkapelle mit einer Statue der Muttergottes ein. Bald fand die Stätte großen Zuspruch und wurde Zufluchtsort für viele Hilfe Suchende. Es kam zu einem Kirchenbau mit mehrmaligen Um- und Anbauten. Rund um den mittelalterlichen Kern der Gnadenkapelle entstand ein dreischiffiger gotischer Langbau, der in der Zeit des Barock mit den Seitenaltären eine Erweiterung fand. Der Kuppelbau und der von Fischer von Erlach entworfene Hochaltar sind unübersehbare Ansichtspunkte dieses Gotteshauses.
Die letzte große Generalsanierung erfolgte in den Jahren 1952 bis 1956. Ob das Nachkriegsmaterial, fehlendes Geld oder die ungenügende Kenntnis am Sanierungsprojekt Schuld waren, dass die Sanierung teilweise unprofessionell und wenig schonend durchgeführt wurde, mag dahingestellt sein. Jedenfalls hat die jetzige Erneuerung einiges gutzumachen.
Der Dreifaltigkeitshochaltar der Basilika, das langwierigste und kostenintensivste Projekt der Generalsanierung, und die Gestaltung des neuen Liturgieraumes, woran 30 Restauratoren und Fachleute gearbeitet haben, gehören zu jenen Bauabschnitten, die in letzter Zeit fertig gestellt wurden. Der Mariazeller Hochaltar zählt zu den bedeutendsten barocken Altaranlagen Österreichs. Er wurde zwischen 1695 und 1704 unter der Leitung Fischer von Erlachs von Künstlern aus dem gesamten österreichischen und süddeutschen Raum geschaffen. Nunmehr bedurfte er einer heiklen Umgestaltung beziehungsweise Rückführung auf das ursprüngliche Konzept Fischer von Erlachs, wobei die Verbesserung der Lichtzufuhr eine besondere Wirkung zeigt. Mittelpunkt des Hochaltars ist neben Gottvater der Gekreuzigte, darunter die silbern-goldene Weltkugel, die nunmehr an ihrem angestammten Platz montiert wurde.
Neuer Liturgiebezirk. Mit der neuen Chororgel im barocken Osttrakt wurde in der vorderen Kirche der neue Liturgiebezirk belebt und die Zahl der Orgeln auf vier erhöht. Wobei die Hauptorgel, für deren Bau die Gemeinde Wien finanzielle Hilfe zugesagt hat, vollkommen erneuert werden muss. Dazu kommen noch die Neuerrichtungen der beiden Seitenorgeln. Die neue, schon fertig gestellte Chororgel umfasst 29 Register, zwei Manuale und ein Pedal. Sie wurde vom Schweizer Orgelbaumeister Herman Mathis gebaut. Verantwortlich für den Gesamtbau sind die Architekten Feyferlik und Fritzer. Den neuen Zelebrationsaltar im neuen Liturgieraum, der nunmehr auch größeren Wallfahrtsgruppen die Möglichkeit für eine gemeinsame Eucharistiefeier gibt, ist ein Steinblock aus Anröchter Dolomit. Er wurde vom deutschen Bildhauer Ulrich Rückriem bearbeitet. Der neue Ambo besteht aus ein Zentimeter starken, übereinander geschichteten Stahlplatten. Das Restauratorenteam leitet Erika Tümmel.
Jeder Tag zählt. Noch bis zum Jubeljahr 2007, dem 850. Gründungsjahr von Mariazell, sollen die Renovierungsarbeiten dauern. Der finanzielle Bedarf wird sich auf mehrere Millionen (auch in Euro) belaufen. Viele Einzelpilger und Pilgergruppen werden ihren Obolus direkt in der Basilika leisten. Dazu kommen zwei Organisationen, die die Renovierungskosten mittragen, die Vereinigung der Freunde der Basilika Mariazell (Konten: Österreich BLZ 60000 PSK Kontonummer 7.079.003, Deutschland Postcheckamt München, Kontonummer 1201 45-801, Schweiz Oberwaldner Kantonbank, CH – 6060 Sarnen, Kontonummer 1514).
In einem Fernsehspot dazu fordert Kardinal Dr. König auf, Mariazell zu retten, wobei jeder Tag zähle. Dass es dem Kardinal und den Verantwortlichen dabei nicht allein um das Geld geht, zeigt das unentwegte Eintreten des Alterzbischofs von Wien, wenn er etwa in einer Mariazeller Festpredigt erklärt, dass Mariazell in seiner großen und reichen Geschichte nicht durch die Macht der Großen in dieser Welt oder durch organisatorische Maßnahmen der Kirche, sondern durch den einfachen Glauben des Volkes das geworden sei, was es ist.
P. Mag. Karl Schauer, der Superior von Mariazell, hat sich zusammen mit Abt Otto Strohmaier und den Mönchen der Mutterabtei St. Lamprecht die Gesamtrenovierung zur Herzensangelegenheit gemacht. Unterstützung holt er sich für diese Aufgabe auch bei der schlichten gotischen Gnadenstatue, dem Herzstück der Basilika, die er wie alle Pilger verehrt. Für seine Arbeit wünschen wir viel Erfolg!