Eine Politik für Einheit und Freiheit

27. März 2015 | von

Abraham Lincoln gilt ohne Frage als einer der wichtigsten Präsidenten Amerikas: Er bewirkte die Abschaffung der Sklaverei und vereinte das gespaltene Land. Vor 150 Jahren kam er durch ein Attentat ums Leben und wurde zum Märtyrer der amerikanischen Nation.


Der „ehrliche Abe“ ist schon zu Lebzeiten Abraham Lincolns ehrenvoller Beiname. Neben George Washington gilt er als bedeutendster Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, die während seiner Präsidentschaft nicht immer ganz so vereint waren. In Lincolns erste Amtsperiode fällt der Amerikanische Bürgerkrieg. Noch vor dem endgültigen Kriegsende fällt er einem Attentat zum Opfer.

Vielen gilt er heute als Märtyrer einer freiheitlichen amerikanischen Nation, wie er sie selbst in der berühmtesten seiner Reden, der Gettysburg Address, 1863 verkündet hatte. Lincolns größtes Vermächtnis bleibt die Abschaffung der Sklaverei mit dem 13. Verfassungszusatz, der noch im Dezember seines Todesjahres ratifiziert wurde.



Vom Farmer zum Abgeordneten

In einer Blockhütte bei Hodgenville im Bundestaat Kentucky wird Abraham Lincoln am 12. Februar 1809 geboren. Die Eltern sind einfache Farmer aus Virginia. Seine Mutter Nancy stirbt früh. Der Vater, Thomas Lincoln, ist als frommer Baptist gegen Sklaverei und führt ein raues, aber unstetes Farmerleben. In den wilden Gegenden an der Frontier, der Siedlungsgrenze im Westen, waren die Bildungschancen gering. Lincoln geht insgesamt nicht mehr als ein Jahr zur Schule, lernt gerade einmal Lesen, Schreiben und etwas Rechnen. Der schlaksige, groß gewachsene Junge ist eine Leseratte und verabscheut die harte Landarbeit. Der Vater nennt den Sohn bequem, der jedoch strebt nach mehr. Es kommt zum Bruch: Lincoln wird weder zum Sterbebett noch zur Beerdigung seines Vaters anreisen.

1830 verlässt er die Familie und zieht nach New Salem in

Illinois. Er arbeitet als Kaufmannsgehilfe, Landvermesser und schließlich Postmeister. Letzteres macht ihn in der Umgebung bekannt. Schon als Kind war Lincoln sehr beliebt und wurde für seine Ehrlichkeit und Integrität geschätzt. Ein Ruf, der Gold wert ist für eine politische Karriere, die der redebegabte Mann emsig verfolgt. Nach einem kurzen Zwischenspiel beim Militär kandidiert er 1832 für das Repräsentantenhaus in Illinois. Seine Partei, die Whigs, setzt sich für den Ausbau der Infrastruktur und des Schulwesens ein. Er scheitert, kandidiert erneut und wird gewählt. Insgesamt vier Legislaturperioden, von 1834 bis 1842, bestreitet Lincoln als Abgeordneter.



Ruppige Manieren, edler Geist

Autodidaktisch bildet er sich weiter, beginnt schließlich eine juristische Ausbildung und erwirbt 1836 das Anwaltspatent. 1842 heiratet er Mary Todd, die aus einer elitären und einflussreichen Familie von Sklavenhaltern stammt. Vier Kinder gehen aus der Ehe hervor, wovon nur Robert Todd Lincoln das Erwachsenenalter erreicht. Zwar vertritt Lincoln politisch eine kernkonservative Haltung und bleibt in der Sklavereifrage zunächst eher gemäßigt, doch verficht er seine Überzeugung stets unnachgiebig, auch gegen die Parteilinie, wenn es sein muss. Zudem kann er seine Herkunft nicht verbergen: ungehobelte Manieren, nachlässiger Kleidungsstil – die Gattin an seiner Seite, selbst kultiviert und gebildet, hat allerlei zu verbessern, denn ihr Ziel ist es, den Ehemann in der politischen Karriere anzutreiben.

Aus dem Niedergang der Whigs geht die Republikanische Partei hervor, an deren Gründung Lincoln maßgeblich beteiligt ist. Die Republikaner fordern die Abschaffung der Sklaverei, ihnen entgegen stehen die Demokraten, deren politische Stärke auf dem Süden beruht. Aus den beiden Gegenpositionen bildet sich ein Zweiparteiensystem heraus, das bis heute in den USA Bestand hat. Allerdings befindet sich die konservative Stammwählerschaft der Republikaner inzwischen im Süden.



Ermordet am Karfreitag

1860 wird Lincoln als Präsidentschaftskandidat der Republikaner nominiert. Was folgt, ist ein Meisterstück der Wahlkampfführung. Lincoln pflegt in der Öffentlichkeit sein Image als ehemals einfacher Farmersjunge, als bodenständiger, von Grunde auf ehrlicher Politiker. Er reist zu seinen Wählern, um sich vorzustellen, und gewinnt mit der taktisch klugen Unterstützung seiner Partei am 6. November 1860 die Wahlen zum 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Daraufhin treten die meisten Südstaaten aus der Union aus. Es kommt zum Amerikanischen Bürgerkrieg.

In keinem Krieg der amerikanischen Geschichte sind so viele amerikanische Soldaten gefallen. Insgesamt verlor über eine halbe Million Menschen zwischen April 1861 und April 1865 ihr Leben. Unter dem Kommando ihres Präsidenten schlagen die Nordstaaten die Konföderierten Staaten im Süden vernichtend. Die Wiedereingliederung der Südstaaten in die Union ist Lincolns Milde und Bemühungen um Einheit geschuldet. Doch er selbst erlebt das endgültige Ende dieses Krieges nicht mehr. Ein Komödienbesuch am Karfreitag, aus christlicher Sicht per se eine ungewöhnliche Idee, verschafft dem Attentäter die Gelegenheit zum tödlichen Schuss. Lincoln wohnt samt Gattin im Ford’s Theater der Vorführung bei, als dem Schauspieler John Wilkes Booth der Zugang zu deren Loge gelingt. Er zückt eine Pistole und schießt den Präsidenten nieder. Dieser verliert sofort das Bewusstsein, Ärzte aus dem Publikum eilen zur Hilfe. Alles vergebens: Abraham Lincoln verstirbt am nächsten Tag, dem 14. April 1865, um 7:22 Uhr.

Das Attentat ist Teil einer Verschwörung fanatischer Sympathisanten der Südstaaten. Booth wird am 26. April aufgespürt und beim folgenden Schusswechsel getötet. Ende Juni stehen weitere vier Mittäter vor einem Militärgericht, das sie zum Tode verurteilt.

Lincolns Leichnam wird mit der Eisenbahn in seine Heimatstadt Springfield überführt. In allen großen Städten auf dem Weg dorthin macht die Bahn halt, wo die Bürger in großen Trauerprozessionen von ihrem Präsidenten Abschied nehmen.




Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016