Mit Maria in Franken unterwegs
Der Fränkische Marienweg ist ein fast 900 km langer, beschilderter Wander- und Fahrradweg, der 50 Wallfahrtsorte in der Diözese Würzburg verbindet. Am 15. August 2002 wurde er mit einer ersten Pilgerwanderung „eingeweiht“ und von der Diözese ins Netz gestellt (www.fraenkischer-marienweg.de). Wie kam es dazu? Um was geht es da?
Maria – Lichtblick für die Zukunft
Papst Johannes Paul II. hat am 6. Oktober 2000 mit vielen Bischöfen aus der ganzen Welt ein feierliches Weihegebet gesprochen, in dem es heißt: „Dir, Morgenröte der Erlösung, vertrauen wir unseren Weg im neuen Jahrtausend an, damit alle Menschen unter deiner Führung Christus finden, das Licht der Welt.“ Das hat mich damals sehr berührt. Ich wünschte mir, dass dieser Akt des Vertrauens bei uns in Franken ein Echo finden würde. Verbündete waren schnell gefunden. Die Diözesanleitung, die Geistlichen Gemeinschaften sowie die meisten Wallfahrtspfarrämter und Klöster der Diözese Würzburg machten mit. Wir nannten das Projekt „Maria – Lichtblick für die Zukunft“. Und so fanden unter diesem Motto am Abend des 7. Oktober 2001 an 41 Wallfahrtsorten der Diözese Marienfeiern statt. Der Vertrauensakt des Papstes wurde in Franken mitvollzogen und mit Rosenkranzgebet und Lichterprozessionen festlich begangen. 14.000 Menschen haben dezentral und doch miteinander vernetzt im ganzen Bistum an dieser Feier „Maria – Lichtblick für die Zukunft“ teilgenommen.
Ein Stein kommt ins Rollen
Ein paar Tage später sagte mir Bischof Paul-Werner Scheele (Diözesanbischof von Würzburg von 1979-2003): „Das war eine gute Sache. Könnte man nicht in dieser Richtung weiter machen?“ Kurz darauf kam ich beim Wandern im Gramschatzer Wald auf den Jakobusweg mit dem Wanderzeichen der Muschel. Auf einmal war in mir die Idee da: Wie es einen Jakobsweg gibt, müsste es auch einen beschilderten Weg geben, der die Wallfahrtsorte unserer Diözese verbindet, und dieser Weg müsste „Fränkischer Marienweg“ heißen. Ich besprach die Sache mit dem Landrat meines Heimatlandkreises, Dr. Fritz Steigerwald. Er war begeistert und sorgte dafür, dass alle Landkreise und Gebietskörperschaften mitzogen. Die Diözese und die Wallfahrtsorte dafür zu gewinnen, war nicht schwer. Alle halfen ideell, logistisch, finanziell und medial zusammen. Und so haben wir seit 2002 den „Fränkischen Marienweg“. Er lädt zu spirituellen Wanderungen ein und wird begangen von vielen Einzelpilgern, Gruppen und ganzen Pfarreiengemeinschaften. Er ist präsent im Internet und in den Medien. Ich habe schon ca. 70 Pilgerwanderungen gestaltet und ebenso oft in Gemeinden Vorträge gehalten zum Thema „Ein Weg, der Viele(s) in Bewegung bringt“. Der 2004 gegründete „Verein der Freunde und Förderer des Fränkischen Marienweges“ stellt Materialien bereit (z. B. einen „Wanderführer“), hält Kontakt mit den öffentlichen Stellen, kümmert sich um Beschilderung, Medienarbeit und Organisatorisches. Durch die Ausschreibung eines Jugendwettbewerbes ist es gelungen, verstärkt auch Jugendgruppen und Familien für den Fränkischen Marienweg zu interessieren. Unsere Wallfahrtsorte sind ein Schatz, der es wert ist, entdeckt und gehoben zu werden.
Was der Weg zu bieten hat
Der Fränkische Marienweg führt durch fünf reizvolle Regionen in Unterfranken. Der Naturpark Haßberge gilt unter Wander- und Naturfreunden als echter Geheimtipp.
Das sanfte Hügelland zwischen Zeil und Schweinfurt, Hofheim und Bad Königshofen verbindet – abseits von viel benutzten Wegen – „Weinfranken“ mit „Bierfranken“. Perlen am Weg sind Wallfahrtskirchen wie Ipthausen, das Zeiler Käppele und die Ritterkapelle in Haßfurt.
Der Naturpark Steigerwald, die Mittelgebirgsregion östlich von Würzburg, ist ein noch weitgehend unverfälschter Naturraum mit Maria Limbach und der Maria-Hilf-Kapelle Bischwind.
Im Maindreieck liegt das „Fränkische Weinland“ mit seinen schmucken Städten, Dörfern und Weingütern. Zentrum ist Würzburg, „die Stadt der tausend Madonnen“, mit der Marienkapelle im Zentrum, dem weithin sichtbaren „Käppele“ und der Schönstattkapelle am Uni-Gelände. Viel besuchte Wallfahrtsorte in der Nähe sind z. B. Fährbrück, Arnstein, „Maria im grünen Tal“ zu Retzbach, „Maria im Sand“ zu Dettelbach und „Maria im Weingarten“ bei Volkach, mit der weltberühmten „Rosenkranzmadonna“ von Tilman Riemenschneider. Im Ochsenfurter Gau laden prachtvolle Dorfkirchen zum Verweilen ein.
In der Ferienregion Spessart-Main-Odenwald im Mainviereck lohnt sich der Weg z. B. nach Maria Buchen bei Lohr, Kloster Schönau bei Gemünden, Rengersbrunn, „Maria vom rauen Wind“ in Kälberau, Hessenthal, Kloster Engelberg bei Miltenberg und Schneeberg mit der „Muttergottes auf dem Holderstock“. Wenn jemand ein besonders trauriges Gesicht macht, sagt man noch heute: „Du guckst wie die Muttergottes von Schmerlenbach“. Der kleine Ort liegt nahe bei Aschaffenburg.
Die Rhön mit ihren Hochebenen und vielen Kuppen ist ein beliebtes Wander- und Skigebiet im Norden von Unterfranken. Der Kreuzberg gilt als „der heilige Berg Frankens“. Auch Maria Ehrenberg, der Volkersberg und der Findelberg bei Saal an der Fränkischen Saale locken viele Pilger an. Zwischen Mellrichstadt, Bad Neustadt, Bad Bocklet, Bad Kissingen, Münnerstadt und Hammelburg sind 10 weitere kleine Wallfahrtsorte versteckt.
Unbeschwertes Pilgern
Das Wandern auf dem Marienweg ist in der Regel unbeschwerlich. Die Routen weisen auch im Mittelgebirge keine allzu großen Steigungen auf. Die Wege sind gepflegt und weitgehend auch für Radtouren geeignet.
Die Wegmarkierung ist ein stilisiertes Marienmotiv: das Gotteskind auf den Armen der Mutter in den fränkisch-bayerischen Farben rot, weiß und blau. Der Weg ist damit durchgehend ausgeschildert. Genaue Informationen zum Weg enthält der Wanderführer „Wandern und Radeln auf dem Fränkischen Marienweg“ (siehe Buchtipp auf Seite 8).
Verbundenheit mit Maria
Bei allem Engagement für den Fränkischen Marienweg geht es mir um Vernetzung, Verbindung und neues Vertrauen. Deshalb möchte ich Beziehung zur Gottesmutter stiften. Menschen von heute in ihren Lebenswelten, mit ihrem Lebensgefühl, ihren Fragen und Sorgen sollen „mit Maria etwas anfangen“ können. Schließlich hat ja Gottes Menschwerdung auch mit Maria angefangen. Ich möchte Marienliebe wecken, die biblisch fundiert und ganz im Glauben und Beten der Kirche verankert ist. Von der Frau, deren Lebensmittelpunkt Jesus Christus ist, gingen in der Kirchengeschichte stets vielfältige Impulse zu christlicher Spiritualität und Lebensgestaltung aus. Maria verkörpert wie keine andere Person die Beziehung zu Christus; in ihr leuchtet auf, was Christsein und Kirchesein heißt.
Aber – was nützen schöne Gedanken über Maria, wenn keine wirkliche Verbundenheit mit ihr wächst? Was wird in Zukunft aus der Liebe der Franken und Bayern zu ihrer Patronin? Wird man sie noch grüßen, wenn die Angelusglocke läutet? Stirbt das Rosenkranzgebet mit der alten Generation aus? Wer feiert in Zukunft die Marienfeste im Kirchenjahr mit? Wie helfen wir den jungen Familien, daheim kleine Rituale zu entwickeln, wo Maria Raum hat und die Atmosphäre mitprägt? Wer motiviert junge Menschen, sich der Gottesmutter im Sinne einer „Weihe“ anzuvertrauen? Wollen wir das Feld marianischer Verkündigung und Pastoral im Sinne des 8. Kapitels von „Lumen gentium“ kultivieren, lassen wir es brach liegen oder überlassen es religiösen Exoten? Solche Fragen treiben mich als Seelsorger auf dem Fränkischen Marienweg um. Deshalb engagiere ich mich für die vielen Pilger. Ich will dazu beitragen, dass sie Gottes bedingungsloses Ja erfahren und sage zur Gottesmutter: Gib mir den Blick für die Würde eines jeden Menschen, ein Ohr für seine Fragen und eine Sprache, die Brücken baut. Geh unsere Pilgerwege mit, auf denen wir den Gott des Lebens erfahren und bezeugen.
Maria stiftet Beziehung
Wer auf dem Marienweg auch nur wenige Strecken pilgert, begegnet einer faszinierenden Frau. Ihre Bilder erzählen von der Schönheit christlichen Glaubens.
• Ich sehe sie im Gespräch mit dem Engel, und sie fragt mich: Kennst du das auch? Dass Gott dich grüßt, dich anruft? Er will dir durch einen Menschen, ein Ereignis, einen „Zufall“, auch durch Nöte unserer Zeit etwas sagen. Er plant etwas und fragt dich: Spielst du mit?
• Ich sehe sie als schwangere Frau dargestellt, „Maria in der Hoffnung“. Sie trägt den, der doch eigentlich sie trägt, im Herzen. Was trage ich mit mir herum? Auch Männer gehen manchmal mit etwas „schwanger“ und hoffen, dass es gut ausgeht. Sie lächelt mir zu: Lass dich tragen!
• Ich sehe sie mit ihrem Kind Jesus. Ja, so menschlich nahe wollte Gott uns sein. Lass Jesus bei dir ankommen! Und bring du ihn heute zur Welt!, sagt sie mir. Bring Frieden in deine Umgebung.
• Ich sehe sie mit dem toten Sohn auf dem Schoß, trauernd, fassungslos. Ihr Glaube wird hart geprüft. Sie versteht meine Fragen, meinen Schmerz. Bei ihr kann ich Sorgen und Scherben abgeben. Die Mutter tröstet mich: Schau auf Jesus! Bleib in seiner Liebe. Auf jeden Karfreitag folgt ein Ostern. Das Beste kommt noch.
• Ich sehe sie dargestellt mit gefalteten Händen, zum Himmel schauend. Sie betet. Eine Einladung, still zu werden. Alles an ihr zieht nach oben. Die Kerzenmeere vor ihren Bildern brauchen keine Kommentare. Wer zu ihr kommt, bringt sein ganzes Leben mit.
• Ich sehe sie mit einer Krone geschmückt. Gott macht Menschen nicht klein. „Er erhöht die Niedrigen“. Was ist mit denen, die ihr Leben verpfuscht haben? Mit den Vielen, die misshandelt werden? Maria, die von Gott Gekrönte, ruft mir in Erinnerung: Jeder Mensch hat seine unverlierbare Würde. Lass dich nicht runterziehen! Und mach andere nicht runter!
Diese Frau gibt der blühenden Schöpfung Gottes ein Gesicht und eine Stimme: „Meine Seele preist die Größe des Herrn“ (vgl. das Magnifikat in Lk 1, 46-55). Sie bringt in meiner Seele Akkorde der Dankbarkeit zum Klingen und stiftet Beziehung zu dem, der die Liebe ist. Mit den Augen dieser Mutter sehe ich Christus anders. Menschlicher. Persönlicher. Vertrauter. Herzlicher.