Martin Luther King: Der Traum eines Mannes
Michael Luther King lautete sein ursprünglicher Name. Doch der 1929 in Atlanta geborene Sohn eines baptistischen Pfarrers änderte aus Bewunderung für den großen Reformator später seinen Namen in Martin Luther King um, Zeichen einer tiefen Verwurzelung in seinem Glauben und seiner Kirche.
Moralischer Werdegang. Seine Herkunft aus einer Baptistenfamilie wies dem späteren Bürgerrechtler mit gerade 17 Jahren den Weg zum Hilfsprediger und zum anschließenden Theologie- und Philosophiestudium. Sein christlicher Glaube blieb zeitlebens Grundlage seines Denkens und Handelns.
Ein zweiter wichtiger Fakt, der sein Leben unausweichlich prägte, war seine schwarze Hautfarbe und seine Herkunft aus dem Süden der USA in einer Zeit, in der die Rassentrennung noch Realität war. Die Benachteiligung schwarzer Amerikaner war dort am greifbarsten und für viele immer noch „gottgegeben". Auch eigene Erfahrungen haben Dr. King zu dem gemacht, was er dann für viele wurde: die moralische Instanz in Sachen Gleichberechtigung von schwarzen und weißen Amerikanern.
Ein Drittes, das für seinen Weg bedeutsam werden sollte, war seine Begeisterung für Mahatma Gandhi. Der gewaltlose Widerstand des Inders faszinierte den jungen Amerikaner so, dass er sich in seinem eigenen Kampf gegen Unterdrückung von dessen Grundsätzen leiten ließ. „From Gandhi I learned my operational technique" (von Gandhi lernte ich meine Vorgehensweise), wird er später über sein großes Vorbild sagen, aber auch immer wieder betonen, dass es nicht nur eine „Technik" ist, die er von ihm übernommen hat, sondern zugleich die ihr innewohnende Haltung der Menschlichkeit, Friedfertigkeit und Bedürfnislosigkeit.
Äußere Stationen seines Lebens sind die Eheschließung mit Coretta Scott 1953, sein Abschluss 1955 als „Doctor of Philosophy" und seine ersten Pastorenjahre in Montgomery in Alabama. Hier beginnt auch sein öffentlicher Weg als Bürgerrechtler, in einer Stadt, in der ein Drittel der Bevölkerung Amerikaner afrikanischer Herkunft war. Der berühmt gewordene „Montgomery Bus Boycott", der in Folge der Verhaftung von Rosa Parks (die sich weigerte, im Bus für einen Weißen ihren Platz zu räumen) von King organisiert wurde, führte nach 381 Tagen zu ersten Erfolgen. Der Oberste Gerichtshof verbot jede Art von Rassentrennung in Bussen.
Visionär. Der Weg war für Martin Luther King nun vorgezeichnet: immer mehr engagierte er sich für die Belange seiner schwarzen Mitbürger, mit den entsprechenden amtlichen (Verhaftungen, Gefängnisaufenthalte) und „privaten" (Brandstiftungen, Bombenattentate, tätliche Angriffe) Reaktionen seitens derer, die keinesfalls Privilegien der weißen Bevölkerung aufgeben wollten. 1960 wechselte King dann seine Stelle, um sich mit seinem Vater eine Pastorenstelle in Atlanta zu teilen. Nun fand er noch mehr Zeit für seine „eigentliche Lebensaufgabe". Auch hier geriet er immer wieder mit der Justiz zusammen, die kaum eine Gelegenheit ausließ, den schwarzen Bürgerrechtler zu schikanieren. Just zu dieser Zeit trat jedoch mit John F. Kennedy jemand in das öffentliche Leben der USA, der seine schützende Hand über ihn hielt. King selbst sorgte durch seine gewaltlosen Aktionen dafür, dass seine Bewegung immer weiter wuchs und zunehmend internationales Interesse erfuhr.
„We shall overcome" wurde in diesen Jahren zur Hymne der schwarzen Bürgerrechtsbewegung und strahlte etwas von dem neuen Selbstbewusstsein der Schwarzen und ihrer unbändigen Hoffnung auf gerechte Lebensbedingungen aus.
Traum und Wirklichkeit. King war nicht nur ein gläubiger Christ, er war zugleich ein begnadeter Rhetoriker. Unzählige Reden hielt er in seinem Leben, die wohl berühmteste im August 1963 bei dem ebenso berühmten „Marsch auf Washington". 250.000 Menschen demonstrierten dort für ihre Bürgerrechte. Seine nahezu prophetischen Worte „Ich habe einen Traum" gingen um die Welt und faszinieren ihre Hörer bis heute. „I have a dream, that one day on the red hills of Georgia the sons of former slaves and the sons of former slaveowners will be able to sit down together at a table of brotherhood …" (Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne ehemaliger Sklaven mit den Söhnen ehemaliger Sklavenhalter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.) Die Anklänge an alttestamentliche Bilder sind kaum zu verkennen.
Doch die Zeiten wurden für die Bewegung Kings zunehmend schwieriger. Die Ermordung Kennedys beraubte sie ihres wichtigen Protektors. Auch die Verleihung des Friedensnobelpreises und die Aufhebung der Rassentrennung 1964 halfen ihnen nicht wirklich weiter. Der Vietnamkrieg, den King ablehnte, spaltete seine Bewegung in Befürworter und Gegner und schwächte so ihre Position. Zugleich machten seine Ablehnung des Krieges und sein zunehmend grundsätzliches Engagement gegen Armut und Gewalt ihm genügend Feinde im offiziellen Amerika.
Feindliche Stimmung. Als besonders mächtiger Gegner erwies sich in der Folge auch FBI-Chef Hoover. Das Aufkommen radikaler schwarzer Bewegungen, wie etwa die Black Panther Party, ließen die Situation mancherorts in Brutalität und Chaos enden. Provokateure vom FBI taten ein Übriges, um die Stimmung anzuheizen.
Am 4. April 1968 wurde King auf dem Balkon seines Motels in Memphis / Tennessee erschossen. Bis heute, nach Geständnis, Widerruf, Verurteilung und mittlerweile Tod von James Ray, halten sich hartnäckig Gerüchte, dass er einer Verschwörung und nicht diesem Einzeltäter zum Opfer fiel.
Nicht, durch wen, sondern wofür er starb, ist entscheidend: Er starb für ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit, unabhängig von Hautfarbe und sozialer Stellung, weil alle Menschen Ebenbilder des einen Gottes sind.