Wallfahrt mit Waffen
Es lohnt sich, zurückzuschauen und zu fragen, wie kam es zum Aufbruch des Abendlandes in den Osten? Wie ist es möglich, daß Christen mit dem Schwert für die Befreiung des Heiligen Landes kämpften. Wie kam es, daß Christen Menschen einer anderen Glaubensrichtung systematisch umbrachten? Königspflicht und Ritterideal. Es war das Ergebnis einer langen, keineswegs einheitlichen Entwicklung, als die abendländische Christenheit zum ersten Kreuzzug aufbrach. In früheren Zeiten war der Krieg Sache der Könige. Sicherer Weg zum Himmel. Es war Papst Urban II., der die aufgestauten Energien des christlichen Rittertums auf den Kreuzzug gegen die Ungläubigen lenkte und großen Widerhall fand. Das lag nicht nur an der christlichen Ritter- und Kampfidee, die nun gegen Heiden gerichtet wurde, sondern auch an der Idee der bewaffneten Wallfahrt. Der Papst hatte den Wallfahrern nach Jerusalem nur den Nachlaß der kanonischen Bußstrafen versprochen. Doch die Kreuzzugspredigt, die Zug um Zug der kirchlichen Aufsicht entglitt, versprach den Kreuzfahrern einen vollkommenen Ablaß, also den Nachlaß aller von Gott zu erwartenden dies- oder jenseitigen Sündenfolgen. Dabei wurde bisweilen auch in vergrößerter Form einfach von Sündenvergebung gesprochen. In der Folge verlor der Tod in der Einschätzung der Bevölkerung auch seinen Schrecken, weil man ihn als eine Art Martyrium ansah und als sicheren Weg zum Himmel betrachtete. Im Zeichen des Kreuzes. Der christliche Osten stand seit dem großen Sieg der Seldschuken im Jahr 1071 tatsächlich in großer Bedrängnis. Kaiser Alexius I. (1082 – 1118) suchte, viele abendländische Ritter in Sold zu nehmen. Er bat auch Papst Urban II. um Truppen. Im November 1095 rief der Papst auf dem Konzil von Clermont in der Auvergne zur Befreiung Jerusalems und des Grabes Christi auf. Der Papst schilderte das Elend der Christen im Orient, die Unterjochung der heiligen Stadt Jerusalem und versprach allen, die sich in den Kampf um das Heilige Land begaben, einen Ablaß. Mit dem Ruf Gott will es, meldeten sich sofort Tausende von Rittern freiwillig zum Kreuzzug ins Heilige Land. Allen heftete der Papst ein rotes Kreuz auf die rechte Schulter als Zeichen ihrer Bereitschaft, für die Eroberung des Heiligen Landes zu leben und zu sterben. Der Papst hatte zwar als Marschziel Jerusalem herausgestellt, doch ging es ihm darum, nicht nur die Heilige Stadt sondern die gesamte östliche Christenheit vom Türkenjoch zu befreien. Kreuzzugfieber und Auswüchse. Der Papst hatte die Könige ausgeschaltet und sich zum Führer des christlichen Abendlandes gemacht. Zum ersten Mal in der abendländischen Geschichte zog ein übernationales Heer zur Verteidigung der Christenheit aus. Doch die Kreuzzugsbewegung bordete über und das Gesamtunternehmen entglitt dem Papst. Viele Fürsten und Ritter zogen mit eigenen Truppen aus und gingen auf eigene Faust vor. Unter die echten Glaubenskämpfer, die aus Idealismus und Begeisterung die Heimat verlassen wollten, mischten sich auch Abenteurer und asoziale Elemente, die auf Raub und Gewinn ausgingen. Ausverkauf der Ideale. Unerwartete Schwierigkeiten hatte das Kreuzfahrerheer mit dem Kaiser von Konstantinopel, Alexius. Er war an Söldnern interessiert, aber nicht an einem Ritterheer unter eigenem Kommando. Die Kreuzfahrer zogen durch Anatolien, besiegten im Juli 1097 die Türken, dann teilte sich das Heer. Das Hauptheer marschierte nach Antiochia, während Bohemunds Neffe Tankred und Balduin, der Bruder des Gottfried von Bouillon (Niederlothringen), auf eigene Eroberungen ausgingen. Nach siebenmonatiger Belagerung, anfangs Juli 1098, eroberte man Antiochia. Die Fürsten hielten sich nicht mehr an den Eid, den sie dem Kaiser von Konstantinopel geschworen hatten, und jeder von ihnen suchte, für sich Land zu gewinnen. Endlich brach man gegen Jerusalem auf. Kaiser Alexius bot Hilfe an, die jedoch von den Kreuzfahrern abgewiesen wurde, weil man die Gebiete Syriens und Palästinas für sich erobern wollte. Am 15. Juli 1099 fiel die Stadt nach viermonatiger Belagerung. Eroberung ohne Segen. Die Erhaltung und Verteidigung der fränkischen Eroberungen im Heiligen Land sollte dem Abendland noch schwere Opfer kosten. Während des Kreuzzuges und unmittelbar nachher machten sich immer wieder Kreuzritter und Pilger auf den Weg. Die schlecht organisierten Züge endeten fast alle kläglich. |