Friede für Jerusalem

27. Januar 2009 | von

 Im Rahmen einer Städtepartnerschaft mit Betlehem und Nazareth besuchte der Generaldirektor des Verlags Messaggero, P. Danilo Salezze, als Mitglied einer Delegation der Stadt Padua vom 1. bis zum 7. Januar das Heilige Land. Exklusiv für den „Sendboten" berichtet er von seinen Erlebnissen in kritischen Tagen.



Mein Besuch im Heiligen Land, für jeden Christen so etwas wie ein Zuhause, hat mich diesmal innerlich aufgewühlt. Das Land leidet. Es kommt nicht heraus aus der Spirale des Bösen. Viele Unschuldige zahlen einen hohen Preis für ihr Existenzrecht. Und doch ist es ein auserwähltes, ein gesegnetes Land. Die Bewohner kennen die Tragweite des Grußes Shalom, Friede. Nach den schrecklichen Leiden der Shoa konnte das jüdische Volk 1948 im Land der Väter wieder Fuß fassen, während das Volk der Palästinenser sich damit abfinden musste, von der entstehenden Nation Israel einverleibt zu werden. Zudem leben seit 1967 viele Palästinenser in von Israel besetzten Territorien. Bei der Verteidigung des hochheiligen Rechtes auf Existenz hat das Volk Israel vielleicht das Maß überschritten. Das Palästinenservolk will ein Land, wo es in Frieden und Selbstbestimmung wohnen kann, wählt aber zum eigenen Schaden weiterhin tadelnswerte terroristische Methoden.



Wenige Stunden nach dem Einmarsch der israelischen Bodentruppen in den Gazastreifen landeten wir in Tel Aviv. Immer wieder erinnerte uns dumpfer Lärm daran, dass Dutzende Kilometer entfernt gekämpft wurde. Krieg gehört hier zum normalen Leben. Jede Generation spitzt die Feindseligkeiten zu, mit immer neuem Zündstoff. Kinder werden bereits als Freund oder Feind geboren und wachsen mit der verbissenen Forderung nach Lebensrecht auf, das man immer bedroht beziehungsweise genommen sieht.



EINGEMAUERT



Schwer zu ertragen ist der Anblick der acht Meter hohen Mauer, die auf lange Strecken jene palästinensischen Gebiete absperrt, von denen sich Israel am meisten bedroht fühlt. Aus diesem „Gefängnis unter freiem Himmel" führt kein Weg heraus, nicht zur Arbeit, nicht zu Familienbesuchen, nicht ins Krankenhaus. Die wie Flecken zerstreuten Gebiete bilden kein geschlossenes Territorium, ein Grundübel von Anfang an. Die Kinder von Betlehem können nicht im nur zehn Kilometer entfernten Jerusalem behandelt werden. Palästinensische Christen können nicht heiraten und in Jerusalem eine Familie gründen. Schwerkranken fehlen die nötigen Medikamente.



Hoffnung sehe ich in jenen Menschen, die selber unter der widersinnigen Situation leiden, jedoch als gläubige Christen den Brüdern und Schwestern jeglicher Rasse und Volkszugehörigkeit die Liebe des Evangeliums zeigen, die aus einem Herzen kommt, das verzeihen kann. Ich denke dabei an unsere Führer Sobhy, Ioseph und Fady, die uns Freunde geworden sind: Israelische Staatsbürger mit arabischer Herkunft, Christen, katholische Maroniten. Sie wollen das Gute, den Frieden, bei jeder Begegnung, bei allem was sie tun. Sie können lächeln, auch wenn sie von vielem ausgeschlossen werden oder wegen ihrer Identität unter Verdacht geraten.



Die Franziskaner im Heiligen Land begegnen seit vielen Jahrhunderten den Brüdern anderen Glaubens auf friedliche Weise, ganz wie Franziskus. Sie bewahren die Erinnerung an Jesu Spuren, auch durch archäologische Grabungen. Die Delegation aus Padua schenkte ihnen einen modernen Bagger. In Kafarnaum am See Tiberias wird ja noch gegraben. Hier hat Jesus evangelisiert und seine Jünger berufen, Petrus, Jakobus, Andreas…



Hoffnung machte mir paradoxerweise auch, mit welch irritierender Hartnäckigkeit die einzelnen christlichen Konfessionen ihren Platz an Jesu Erinnerungsstätten verteidigen, auch gewaltsam, selbst am Heiligen Grab und auf Golgota. Bei aller Unreife wohl ein Zeichen der Liebe zu Christus, dem höchsten Gut, das der Menschheit je geschenkt wurde, das die Menschheit in ihrer Ignoranz und Rohheit freilich nicht zu schätzen und nachzuahmen weiß. Man spürt, dass von diesen Orten Visionen einer neuen Welt ausgehen, die vom Auferstandenen gezeichnet ist.



ANTONIUS MUSS HELFEN



Das Lächeln der Elisabeth-Schwestern, die im Kinderhospital von Betlehem arbeiten, rührte unser Herz. Inmitten feindseliger Fronten nehmen sie Kinder auf und pflegen alle, die es nötig haben, meist Palästinenser, alle geliebte Kinder Gottes. Die Schwestern bedauern nur, dass die nötigen Medikamente für die schwerkranken Kinder fehlen, die operiert werden müssen. Aus dem nahe gelegenen Jerusalem sind sie wegen der Mauer aus Zement und Stahl nicht beizuschaffen.



Zurück in Padua frage ich mich: Was können wir tun, als Christen? Alle baten mich, die Kontakte zum Heiligen Land nicht abreißen zu lassen. Wir sind eingeladen! Vergessen wir nicht dieses Land, wo das Evangelium in Stein eingemeißelt ist, doch auch auf den Gesichtern der christlichen, jüdischen und muslimischen Schwestern und Brüder zu finden ist. Helfen wir den Christen im Heiligen Land, damit sie nicht auswandern müssen, weil ihnen Haus, Arbeit und Bewegungsfreiheit fehlen, während andere Präsenzen ständig wachsen. Sonst besteht die Gefahr eines Heiligen Landes ohne Christen. Antonius von Padua ist Patron der Heilig-Land-Kustodie der Franziskaner. Unsere Leser und Wohltäter werden ihn bestürmen, damit er wieder einmal für etwas menschlich Unmögliches den Weg bahnt.



 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016