Liebe Freunde (Juli 2008)
Diese Zeilen hier schreibe ich Ihnen am Festtag unseres Heiligen. Die vielen Türen der Basilika in Padua wurden heute, am 13. Juni, bereits um 5.30 Uhr für den Pilgerstrom der Verehrerinnen und Verehrer geöffnet und werden erst nach 22 Uhr wieder geschlossen. Der traditionellen Prozession am Nachmittag durch die Straßen der Stadt wünsche ich einen besseren Verlauf als im Jahr 2007. Denn auf halbem Wege des Rundgangs, es war in der Via Roma, ging ein unvorstellbar starker Platzregen nieder, begleitet von Blitz und Donner. Die Teilnehmer der Prozession in liturgischen Gewändern flüchteten sich in die Serviten-Kirche sowie unter die Arkadengänge rechts und links der Straße. Der Laubengang vor der Serviten-Kirche wird übrigens von zehn Säulen gebildet, die ursprünglich die Grabkapelle des heiligen Antonius getragen haben. Die Gläubigen strömten nach Hause. Ein Polizeiwagen eskortierte die Reliquien bis zur Basilika und brauchte dafür eine geschlagene halbe Stunde, da die Straßen wegen der Wassermassen nahezu unpassierbar waren.
Ausführlich wollte ich Ihnen schildern, wie die Strafgefangenen in den „Due Palazzi" der Stadt Padua Gelegenheit hatten, dem heiligen Antonius zu begegnen: Durch den Besuch seiner Reliquien in den Gefängnissen, vor allem aber mit dem Gottesdienst in der Basilika, der auf zwei Fernsehkanälen in alle Strafanstalten Italiens übertragen wurde. Wir können vielleicht nicht ermessen, was es für diese isolierten Menschen bedeutet hat – darunter viele Ausländer, besonders aus Afrika –, als sie in der Homilie des Rektors der Basilika, P. Enzo Poiana, hörten: „Ihr seid für uns keine Fremden. Wir haben euch nicht vergessen." Ja, Antonius lebt und wirkt, vor allem für Menschen, die arm dran sind.
Im „Thema des Monats" spricht P. Dr. Anselm Kraus einen Bereich an, mit dem sich jeder Mensch auseinanderzusetzen hat, ob er es zugibt oder nicht. Selbst Ordensleute schlagen sich mit diesem Laster herum, trotz ihres Armutsgelübdes; oft geht es bei ihnen um lächerliche Dinge, an denen sie hängen oder nach denen sie streben. Gier, die Sucht nach Haben – jeder kann davon gepackt werden. Wie unersättlich sie sein kann, belegen die Beispiele jener ganz Reichen – von den Medien genüsslich breitgetreten –, die sich sogar auf Steuerbetrug einlassen, dabei ihr öffentliches Ansehen riskieren, nur um noch etwas mehr zu haben, ohne erkennbare Steigerung ihres Wohlstands und Luxus. Ich meine, dieses Thema ist eine Gewissenserforschung wert, ruhig auch anhand des Gier-Buchs von Jason Zweig, besprochen unter den Rezensionen.
Dieses Heft begleitet Sie durch die beiden Sommermonate Juli und August. Der Ausgang der Fußball-Europameisterschaft ist am heutigen Tag noch offen. Bald gilt die Aufmerksamkeit der Welt den Olympischen Spielen in China. Wir Katholiken starten in das Paulus-Jubiläumsjahr und freuen uns auf den Festtag der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in den Himmel, mit einem Blick nach Carey in den USA.
Ihnen allen wünsche ich für diese Wochen leibliche Erholung und geistlichen Fortschritt und grüße Sie in herzlicher Verbundenheit!
Ihr
P. Polykarp