Liebe Freunde!
Noch immer rufen die tragischen Terroranschläge auf die USA vom 11. September Betroffenheit und Reaktionen hervor. Über die politischen und sozialen Aspekte, über das Aufeinandertreffen von Zivilisation und Religion wurde so viel geschrieben und gesagt, dass jeder Kommentar dazu überflüssig scheint.
Einem Gedanken sollten wir aber doch intensiver nachgehen in diesem Monat, in dem wir unserer Toten, aber auch der Opfer eines grausamen und unvorstellbaren Gewaltaktes gedenken.
Die Terroranschläge scheinen eine religiös motivierte Tat – die Extremisten berufen sich auch immer wieder auf Gott – doch in ihrem Kern sind sie ein verrückter und ohnmächtiger Traum: Die Terroristen maßen sich an, als Stellvertreter Gottes über das eigene Leben und das anderer zu entscheiden.
Ähnliches geschah in anderen traurigen Kapiteln der Geschichte, als Menschen sich in die Idee verbohrten, mit Gewalt das Paradies auf Erden errichten zu können. Menschliche, vielmehr teuflische Pläne, die am Ende Tausende Unschuldige buchstäblich in Stücke rissen. Mit Hass und religiösem Fanatismus, so der Papst, entstellt und profanisiert sich der Mensch im Namen Gottes.
Wie viel weiser und brüderlicher wäre es doch einzusehen, dass wir menschliche Wesen sind und unsere Grenzen – vor allem die radikale unseres Todes – zu akzeptieren. Sicher ist es nicht angenehm, sich bewusst zu machen, dass man mit jedem Tag dem Ende seines irdischen Daseins entgegengeht: einem Ende, das für uns Gläubige jedoch der Zeitpunkt einer Geburt zu Neuem ist.
In anderen christlichen Epochen, so zu Lebzeiten des heiligen Antonius im 13. Jahrhundert, mieden die Menschen den realistischen Blick auf die menschlichen Grenzen nicht. Unserem Heiligen war der Gedanke, dass wir nicht für immer hier auf Erden leben und die uns geschenkte Zeit nicht um eine Stunde verlängern können, heilsame Medizin: Wie der Anker das Boot fest hält, damit es nicht an den Klippen zerschellt, so erhält der Gedanke an den Tod unser Leben, weil er uns davon abhält, in Sünde zu verfallen. Wer also vom Ufer dieses vergänglichen Lebens an die Gestade der Unsterblichkeit, also ins himmlische Jerusalem, gelangen will, muss das Boot der Buße besteigen.
Der Glaube an Christus kann die tragischsten Momente unserer persönlichen Geschichte erhellen. Seine Gnade heilt und bringt Hoffnung. Der evangelische Theologe Jürgen Moltmann antwortete einem Journalisten, der ihn nach den Terroranschlägen fragte, ob es noch Hoffnung für die Zukunft gebe: Ave Crux, unica spes (O heiliges Kreuz sei uns gegrüßt, Du unsere einzige Hoffnung bist).
Das Kreuz unseres Herrn, so haben die Christen immer wieder in ihrer langen Geschichte betont, ist nicht Zeichen für Gewalt und Unterdrückung anderer, sondern der Balken, an dem wir uns fest halten können, wenn wir drohen unterzugehen, weil wir erkennen, dass alle anderen Pläne und menschliche Sicherheiten nichtig geworden sind.
Liebe Freunde der Antonianischen Familie, in diesem Monat gedenken wir liebevoll im Glauben und im Gebet unserer Verstorbenen. Möge der Herr ihnen und uns allen Frieden und Freude schenken!