Weihnachten anno 2015

30. November 2015 | von

Auf eine ganz eigene Weise nähert sich unser Autor dem Weihnachtsgeheimnis. Viele Perspektiven rücken da in den Blickpunkt. Was aber bedeutet Weihnachten für mich?




In der Weihnachtsbotschaft hören wir Jahr für Jahr Sätze wie diesen: „Der Engel aber sagte: Freut euch, denn heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren.“ Diese Botschaft richtet sich universal an alle Menschen, keiner ist ausgeschlossen. Und doch hört ein jeder Mensch die Worte anders – jeder knüpft eine eigene Verbindung zwischen Weihnachten und seinem eigenen Leben.







Eine ältere Frau



Weihnachten ist für mich schon lange kein freudiges Fest mehr. An diesen Tagen fühle ich mich besonders einsam und verlassen. Kein Besuch, kein Gespräch – nichts. 



Jeder feiert in seiner Familie. Da werden die alten Leute einfach vergessen. Ich bin immer froh, wenn Weihnachten endlich vorbei ist.





Ein Jugendlicher



An Weihnachten ist bei uns zu Hause nichts los. Meine Eltern wollen immer noch so feiern wie früher, mit viel andächtiger Stimmung. Ich bin aber kein Kind mehr. Ich habe jetzt andere Vorstellungen von Weihnachten – bei all‘ dem Elend um uns herum. Viel Essen, viel Trinken, viel Fernsehen – Jahr für Jahr die „alte Leier.“







Eine Mutter



Wenn Weihnachten da ist, bin ich fix und fertig. Tagelang in der Stadt herumlaufen, Geschenke besorgen, fürs Weihnachtsmenu einkaufen, an Tausend Kleinigkeiten denken. Auch an Weihnachten komme ich kaum zur Ruhe. Wenn alles vorbei ist, werde ich erst einmal tief durchatmen.







Ein Arzt



Weihnachten habe ich wieder Bereitschaftsdienst. Der ist an diesen Tagen besonders anstrengend. Da bricht einiges auf, manches sogar zusammen. Schlimm sind die dringenden Notfälle: Selbstmordversuche. Das geht mir an diesen Tagen ganz schön unter die Haut. Von wegen „Weihnachtsfrieden“.







Ein Geschäftsmann



Die Leute kaufen in den letzten Tagen wie verrückt. Als wenn es nach Weihnachten nichts mehr gäbe. Und sie werden immer anspruchsvoller! An Weihnachten fliege ich in den Süden: weit weg von Glockengeläut und Weihnachtsgesang. Haben Sie mal den ganzen Tag diese Musik um die Ohren. Nein, Weihnachten ist für mich seit Jahren „gestorben“. Ein gutes Geschäft schon, aber sonst...







Der tiefere Sinn?



Einige bemerkenswerte Stimmen, die keineswegs die „Weihnachtsstimmung“ vermiesen wollen. Aber sie sollten uns nachdenklich stimmen. Was bedeutet uns Weihnachten anno 2015? Was feiern wir und warum feiern wir? Was ist der Sinn dieses Festes? Wer hinter all dem Feiern den eigentlichen Grund – den „tieferen Sinn“ – nicht entdecken kann, der feiert unbegründet, oft genug „besinnungslos“. Aller Kaufkraft zum Trotz bleibt Weihnachten dann im letzten „sinnentleert“ und freudlos. Weihnachten ist unverkäuflich!







Was unbezahlbar ist...



Es gibt im Leben Dinge – Erlebnisse wie Ereignisse –, die unbezahlbar sind. Ja, wir leben letztlich von dem, was wir nicht bezahlen können, vom Unbezahlbaren: Von der Liebe, vom Vertrauen, vom Wohlergehen, von der Sonne und dem Sonntag, von den Festen und den Feiern und nicht zuletzt vom Leben selbst! Das Entscheidende, das Maßgebliche im Leben ist unbezahlbar, fragt nicht nach Nutzen und Zweck, orientiert sich nicht an Leistung und Erfolg. Das Entscheidende im Leben wird uns geschenkt! Wer sich beschenkt weiß, der hat allen Grund zu feiern und zu danken...



Weihnachten schenken wir, weil wir zuallererst selbst beschenkt werden. An Weihnachten kommt Gott in diese Welt. Als kleines, schutzbedürftiges und hilfesuchendes Kind im Stall zu Bethlehem unter menschenunwürdigen Bedingungen. Der große Gott macht sich ganz klein. Er hat nicht etwas, er hat sich selbst uns ganz geschenkt! Was er getan hat, das ist nicht zu bezahlen, für kein Geld in der Welt. „Lasst uns den Sinn für das Unbezahlbare wachhalten!“, so hat es Bischof Franz Kamphaus einmal zusammengefasst. 



Das Kind in der Krippe, ein Geschenk des Himmels. Mit einer Botschaft, die uns hoffen lässt: Liebe zum Nächsten, aber auch Liebe zum Fremden ist möglich! 







Die älteste Fluchtgeschichte



Es ist die älteste und zugleich bewegendste Fluchtgeschichte: die Flucht der Heiligen Familie aus ihrem Heimatland ins fremde Ägypten. Überstürzt musste sie alles zurücklassen, um das „nackte Leben“ zu retten. Wie wäre die Geschichte wohl verlaufen, wenn die Ägypter diese Flüchtlingsfamilie zurückgeschickt hätten in das Land des Kindermörders Herodes?



Und heute, Weihnachten 2015, zwei Jahrtausende später, wiederholt sich eine solche Fluchtgeschichte in dramatischem Ausmaß. Hunderttausende Menschen fliehen vor Gewalt, Terror, Krieg und Verfolgung – so wie damals Maria und Josef mit dem Jesuskind. Jede einzelne dieser Fluchtgeschichten berichtet vom Leben und Sterben und dem Elend dazwischen. Und von der Hoffnung dieser Menschen auf neue Beheimatung. 



Gott kommt in diese Welt – und DU gibst IHM ein Gesicht! Das ist die Botschaft zu Weihnachten! Oder so gesagt wie in einem Irischen Segenswunsch: „Möge das Kind in der Krippe euer Haus segnen. Und mögen alle, die darin wohnen und bei euch Schutz suchen, von ihm gesegnet sein.“


Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016