Christus ergeben mit Leib und Seele

01. Januar 1900 | von

Als Schwester lebte Maria Columba Schonath Mitte des 18. Jahrhunderts im Bamberger Kloster Heiliggrab und ist heute dort begraben. Eine theologische und eine historische Kommission arbeiten nunmehr an der Analyse umfangreicher Unterlagen, welche das Leben der Mystikerin, ihre Christusverbundenheit und ihre heroisch ertragenen Leiden dokumentieren.

Freude an der Stille. Am 11. Dezember 1730 wurde den Eheleuten Schonath, welche in Burgellern bei Bamberg eine Mühle betrieben, ein Töchterchen geboren, das sie Anna Maria tauften. Im Alter von nur einem Jahr mußte Maria Anna das Elternhaus verlassen und kam in die Obhut ihrer Großmutter. In der Einsamkeit der ländlichen Umgebung wurden Denken, Fühlen und Empfinden der kleinen Maria Anna entscheidend geprägt. Sie entwickelte eine tiefe innere Freude an der Stille des Lebens und dachte viel über die Geheimnisse der Natur nach.

Vom Feuer entzündet. Mit neun Jahren hatte Maria Anna vor ihrer Erstkommunionfeier ihr erstes mystisches Erlebnis. Sie konnte die ganze Nacht vor lauter Freude nicht schlafen und meinte, es nicht mehr erwarten zu können. Als die Kinder im Pfarrhof aufgestellt wurden, schämte sie sich ihres ärmlichen Kleides und dachte, sie müßte als Letzte gehen. Da vernahm sie jemanden, der ihr ins Ohr sagte: Du schämst dich deines Leibs. Und ich schäme mich nicht deiner Seele. Ich schaue nicht auf das Äußere, sondern du sollst mir dein Herz zu einer Wohnung bereiten! Da will ich mit dir vereint sein.

Da vernahm sie jemanden, der ihr ins Ohr sagte: Du schämst dich deines Leibs. Und ich schäme mich nicht deiner Seele. Ich schaue nicht auf das Äußere, sondern du sollst mir dein Herz zu einer Wohnung bereiten! Da will ich mit dir vereint sein. Sie sah sich um, sah aber niemanden neben sich. Erst allmählich wurde ihr die Bedeutung dieses Erlebnisses bewusst. Doch sie schwieg darüber. Als sie Christus in der heiligen Kommunion empfing wurde ihr Herz gleich wie ein Feuer entzündet und sie konnte sich den ganzen Tag nicht vor Freude fassen.

Mich Gott zu schenken... Noch als Kind hatte sie weitere mystische Erlebnisse, zum Beispiel einmal beim Schafehüten oder in der Kirche. Eine Vision vor dem Tabernakel war ausschlaggebend für ihr weiteres Leben in der Hinwendung zu Christus. Sie schreibt später darüber: Als ich zwölf Jahre alt war, kniete ich einmal nach der heiligen Kommunion in der Kirche und goss mein Herz aus. Da spürte ich eine solche Begierde, mich Gott zu schenken und ihn zum Bräutigam zu erwählen. Als ich ganz allein war, stand ich auf und näherte mich dem Altar. Ich fiel zu Boden, fing vor Freude und Liebe an zu weinen und sagte: O Jesu! Der du wahrhaftig da drinnen zugegen bist, ich ergebe mich dir mit Leib und Seele und nehme dich an und erwähle dich zu meinem Bräutigam. Ich begehre auf der ganzen Welt niemandem als dir zu gefallen. Ich befehle dir meinen Leib und meine Seele und wünschte mir nichts mehr als dass ich sterben könnte, weil es dann nicht mehr möglich wäre, dich zu beleidigen und von dir getrennt zu werden.
Endlich überkam mich eine Schwachheit und ich schlief ein. Da war mir, als stünde ein schöner Jüngling vor mir und sagte: ‘Gib mir die Hand zum Zeichen deiner Treue, wie du mir versprochen hast!’ Ich erschrak anfangs. Er sagte: ‘Fürchte dich nicht! Ich bin der, den du begehrst. Gib mir die Hand darauf, dass du keinen andern willst lieben, so will ich dein Herz abziehen von allem, was dich von mir kann abwendig machen und bei dir sein bis in deinen Tod.’ Von diesem Moment an wurde mein Herz allzeit mehr und mehr abgezogen von allen Freuden der Welt.

Eintritt ins Kloster. 1753 trat Maria Anna im Alter von 22 Jahren in das Dominikanerinnenklosters zu Bamberg ein. Bei der Einkleidung erhielt sie den Namen Maria Columba. Nun begann eine nahezu ununterbrochene harte Zeit des Leidens. Ein Jahr später bekam sie unerklärliche Krankheiten und Fieberanfälle. Sie litt bittere Schmerzen. Dann wurde sie von Geschwüren befallen. Dies alles bedeutete verständlicherweise große Hindernisse für ein Gemeinschaftsleben im Kloster. So lag sie oft lange Zeit ohne menschlichen Trost ans Bett gefesselt. Einzig die Betrachtung eines alten Kreuzes, das sie während ihrer Leiden anblickte, brachte ihr Tröstung.

Mystisches Leiden. Die Geschehnisse im Zusammenhang mit ihrem mystischen Leiden ließen sich nicht mehr verheimlichen. Manches davon wurde aufgeschrieben und liegt heute als umfangreiches Material vor, insbesondere Aufzeichnungen, die Columba auf Anordnung ihres Beichtvaters schrieb. Hinzu kommen schriftliche bezeugte Beobachtungen anderer. So wird berichtet, dass Schwester Columba an einem Freitag bei der heiligen Messe in seelischer Entrückung wiederholt den Satz sprach: Vivo, iam non ego; vivit vero in me Christus (Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Gal 2, 20). Bald nahm das Außergewöhnliche, das an Maria Columba sichtbar wurde, an Häufigkeit zu.

Blutende Wundmale. Überraschend wurde sie im Jahre 1763 mit einem Male von ihren Leiden befreit. Im selben Jahr, am Freitag den 9. Dezember 1763, erhielt sie die fünf Wundmale. Am darauffolgenden Sonntag, ihrem Geburtstag, empfing Maria Columba die heilige Kommunion und fiel gleich hernach in Ekstase. Als dabei wiederum die Wundmale sichtbar wurden, ließ man den Prior und den Regens der Dominikaner rufen. Die Anwesenden stellten an Händen und Füßen von Maria Columba Wundmale in roter Farbe und in Größe eines halben Batzens fest. Vom Wundmal auf der Seite überzeugten sich die Schwester Priorin mit einigen älteren Klosterfrauen. Sie berichteten, dass aus der Seitenwunde Blut geflossen sei.
Jeden Freitag begannen die Wundmale zu bluten. Maria Columba hatte dabei große Schmerzen und nahm visionär am Martyrium Christi teil. Man stellte fest, dass vom Kruzifix, das sich in der Krankenstube von Columba befand, Blut floss. Dies wiederholte sich noch öfter und wurde von verschiedenen Anwesenden (darunter dem Hausarzt) bezeugt. Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim ließ sich und seinem Hofstaat im Schloß Seehof dieses blutende Kreuz zeigen. Auch in Berichten nach Rom wird dieses mystische Geschehen erwähnt.

Kreuz Krankheit. Einmal betete Maria Columba zu Jesus am Kreuz und klagte, dass sie wegen ihrer Krankheit zu nichts nütze sei. Da hörte sie Christus sagen: Ich will dich zu keiner Sache auf dieser Welt tauglich machen als zu großem Leiden. Du wirst zwar heut und anderzeit Schmerzen leiden. Aber dadurch werde ich zu erkennen geben, daß ich dein Gott und derjenige bin, der in dir wirkt. Ich will, dass du mit mir nach meinem Willen dieses Kreuz tragest. Der Bamberger Fürstbischof verkannte offensichtlich dieses übernatürliche Geschehen, das sich in seiner eigenen Bischofsstadt ereignete. Er versuchte, die Ereignisse um Schwester Columba mit Stillschweigen zu übergehen oder zu unterdrücken, ließ keine kirchenamtliche Untersuchung zu und verbot, über die Vorfälle zu sprechen.

Tod und Begräbnis. Ihr weiteres Leben ertrug Maria Columba die ihr auferlegten Leiden in der Nachfolge Christi mit größter Geduld. Sie starb am 3. März 1787. Während des Todeskampfes bluteten die Wundmale zum letzten Mal heftig. Nach dem Empfang des Leibes des Herrn sprach der Beichtvater auf ihre Bitte hin das Gebet zu Ehren der fünf Wunden Christi. Beim Gedächtnis der Seitenwunde Christi gab sie nach dreistündigem Todeskampf ihr Leben Gott zurück. Es war vier Uhr morgens. In aller Stille wurde sie noch vor Tagesanbruch in der Klosterkirche Heiliggrab beigesetzt. In einer Nische des Seitenschiffs befindet sich ihre Ruhestätte. Diese ist heute Ziel vieler Menschen, die ihre Nöte der Verstorbenen zur Fürsprache bei Gott anvertrauen.

Unser Autor, Prof. Dr. Reinhold Ortner, wurde von Erzbischof Dr. K. Braun zum Diözesanpostulator im Seligsprechungsprozess für Maria Columba Schonath ernannt. Wer nähere Informationen über das mystische Leben der Dominikanerin wünscht oder sich in einem Gebetsanliegen an sie wenden möchte, kann an das Kloster Heiliggrab schreiben (Anschrift: Kloster zum Heiligen Grab, Heiliggrabstraße 24, D-96052 Bamberg).

 

Zuletzt aktualisiert: 06. Oktober 2016