Fürstenbau und Armenspital
Er war wohl eine sehr zwiespältige Persönlichkeit, jener Julius Echter von Mespelbrunn, der von 1573 bis 1617 als Fürst und Bischof über das Hochstift Würzburg herrschte. In seine Regierungszeit fielen einerseits so großherzige Gründungen wie die des nach ihm benannten Spitals oder der Universität. Andererseits vertrieb er als einer der Führer der Gegenreformation Tausende Lutheraner aus dem Hochstift, und loderten unter seiner Herrschaft erstmals die Scheiterhaufen, auf denen Hunderte Unglückliche als vermeintliche Hexen ihr Leben aushauchten.
Schweres Erbe. Geboren wurde Julius am 18. März 1545 im Wasserschloss seiner Familie nahe Mespelbrunn im Spessart. Er starb in Würzburg am 13. September 1617. Als er 28-jährig zum 1. Dezember 1573 mit elf von 22 Stimmen in das Amt des Fürstbischofs zu Würzburg gewählt wurde, konnte sich der junge Mann auf eine umfangreiche theologische und juristische Ausbildung stützen, die er sich an den Universitäten Köln, Löwen, Douai, Paris, Pavia und Rom angeeignet hatte.
Die hatte er auch bitter nötig. Unter seinem Amtsvorgänger Friedrich von Wirsberg hatte Schlamperei in den Angelegenheiten der Staatskasse geherrscht. Zusätzlich war das Hochstift durch den Bauernkrieg, die Markgräfler Kriege und die Grumbachschen Händel ausgeplündert. Julius übernahm ein ausgeblutetes Land und eine leere Staatskasse.
Anwalt der Armen. So verwundert es nicht, wenn uns in alten Chroniken von Scharen von Bettlern berichtet wird, die sowohl in der Stadt Würzburg als auch im Rest des Bistums von Haus zu Haus, von Kloster zu Kloster, zogen und um ein Stück Brot oder eine kleine Münze baten. Weiter lesen wir, dass Dutzende dieser Entwurzelten in den bitterkalten Nächten des Winters 1573 auf 1574 in den Straßen Würzburgs erfroren.
Tragödien wie diese wurden natürlich dem jungen Fürstbischof zugetragen. Er zog daraus den Schluss, dass die vorhandenen 13 Spitäler und Armenhäuser seiner Residenzstadt die Masse der Armen und Bresthaften nicht aufnehmen konnten. Überdies war ein Teil jener Häuser von unfähigen oder geldgierigen Verwaltern in den Ruin getrieben worden.
Kluge Standortwahl. In Julius reifte der Plan, ein neues, großes Spital bauen zu lassen. Zunächst kaufte der Fürstbischof ein Areal um den so genannten Judengarten, der zwischen den Vorstädten Haug und Pleich lag. Zwar hatten die Juden im Jahre 1450 für 300 Gulden und einen jährlich zu entrichteten Zins diesen Platz als Friedhof von Bischof Gottfried vom Limburg gekauft. Aber sie waren von Julius’ Vorgänger Friedrich von Wirsberg aus Stadt und Hochstift Würzburg vertrieben und ihre Besitzungen eingezogen worden.
Des Bischofs Wahl erwies sich als vorteilhaft. Allda ist Wassers und Luft halber guete Bequemlichkeit, vermelden Bauakten. Am 12. März 1576 legte Julius mit eigener Hand den Grundstein zu seinem Spital. In den ersten Jahren finanzierte er den Bau überwiegend aus einer privaten Schatulle, die auf Grund seiner vielen Ämter und Pfründen sowie seiner spartanischen Lebensführung reichlich gefüllt war. Als diese Mittel zur Neige gingen, wandte sich der Bischof in Bettelbriefen erfolgreich an die Stadt Würzburg, an Klöster und Stifte seines Bistum und an den Kaiser. Alle trugen ihren Teil zum Gelingen der Werkes bei.
Vier Jahre später war der vierflügelige Bau so weit gediehen, dass Julius am 10. Juli die Spitalkirche feierlich weihen konnte.
Zufluchtsstätte vieler. Entstanden war eine Zufluchtstätte der Armen, deren sich weder der reiche Kroesus noch Midas, noch ein edlerer Herrscher zu schämen hätte, so das überschwängliche Urteil des Literaten Paul Schede, eines Zeitgenossen Julius Echters. In den Genuss dieser wahrhaft fürstlichen Bleibe kamen gemäß Stiftungsurkunde Kranke, Waisen, Findelkinder, durchreisende Pilger und unvermögende, ledige Leute katholischen Glaubens.
Damit das damals größte Hospital des damaligen Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nicht mangels Masse einginge, hat Julius es herrlich undt reichlich mit Güttern, Höven, Velltern, Gehültz, Renthen, Zinsen, Zehenden, Güldten, Beethen, und angelegten Geltsummen, jährlichen Nutzungen undt gefellen dotirt, begabet und auf das stattlichst fundirt, wie es in einer alten Oekonomia, einer Art Wirtschaftsbericht, heißt.
Schlossähnlicher Bau. Von Julius’ Bau ist im Wesentlichen nur der Grundriss auf uns Heutige gekommen. Zeigt Mattheus Merians Kupferstich von 1648 noch die schlossähnliche Vierflügelanlage des Erbauers, so kam bereits 50 Jahre später die Bauwut des Barocks zum Tragen. Antonio Petrini, der an Würzburgs barocker Erscheinung nicht unwesentlich beteiligte Baumeister, legte auch am Juliusspital Hand an. Sein Entwurf aus dem Jahr 1700 prägte nicht nur das Erscheinungsbild des mächtigen, 160 Meter langen Fürstenbaus bis zur Zerstörung der Stadt durch angloamerikanische Bomber kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges am 16. März 1945.
Vieles wurde in jener Brandnacht zerstört, anderes, wie etwa die herrliche Rokoko-Apotheke, wurde gerettet. Sie wäre beinahe bei einem früheren Luftangriff zerstört worden, konnte jedoch in letzter Minute vor dem Verbrennen bewahrt werden. In der Folge wurde das Inventar ausgelagert, der Arbeitsraum, Offizin genannt, mit einer starken Mauer geschützt.
Phönix aus der Asche. Bilder aus dem Jahre 1945 zeigen das Juliusspital im wesentlichen als ausgebrannte Ruine. Es ist eine seltsame Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet die kunsthistorisch bedeutsamen Teile des Spitals den Bomben zum Opfer fielen und jene Bauten erhalten blieben, die schon vor dem Krieg abgerissen werden sollten. Zu ersteren zählt beispielsweise die Spitalkirche, zu letzteren das ehemalige Typhyshaus, Quarantänebaracken oder die Waschküche.
Wie viele andere historische Gebäude der Stadt Würzburg erstand auch das Juliusspital nach dem Krieg wieder neu. Ein Phönix aus der Asche. Weniger prunkvoll als das Original, aber dennoch wieder ein imposanter Bau.
Das Juliusspital – heute Teil eines Wirtschaftsbetrieb, bestehend aus Krankenhaus, Altersheim, Wein- und anderen Gütern, – ist in die Jahre gekommen. Hat Kriege, Seuchen und die zwei Geldentwertungen des vergangenen Jahrhunderts überdauert. Mögen ihm die kommenden Jahrhunderte günstiger gesonnen sein.
Vor 425 Jahren als Asyl für Alte, Kranke, Schwache und Waisen gegründet, hat sich die Stiftung Juliusspital längst zu einem florierenden Wirtschaftsunternehmen gemausert. Grundlage des Erfolgs bilden 163 Hektar Weinberge, darunter Kronjuwelen wie etwa die berühmte Lage am Stein. Des Weiteren sorgen 3.100 Hektar Wald und 1.104 Hektar landwirtschaftliche Fläche für Unabhängigkeit von den Zeitläufen. 1.100 Menschen arbeiten für die Stiftung. Sie erwirtschafteten im vergangenen Jahr rund 170 Millionen Mark. | In Zeiten ausreichender staatlicher Fürsorge fragen allerdings immer weniger Menschen nach einem kostenlosen Platz für ihr Alter an. Die Stiftung hat darauf reagiert und schafft statt dessen seit kurzem Arbeitsplätze für Menschen, die auf Grund körperlicher oder geistiger Behinderung keine Chance auf den so genannten ersten Arbeitsmarkt hätten. Sie werden von der Stiftung zu Tariflohn beschäftigt. |